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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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selbst verliebt, in den ganzen verdammten Planeten. Soviel zum Auswahlverfahren des Kontakts; eigentlich sollten sie Leute von vornherein nach Hause schicken, denen so etwas passieren kann. Wenn es sich wirklich so verhielt, dann hatte das Schiff in der Tat Probleme. Sich in jemanden zu verlieben war nach der dort herrschenden Auffassung so ähnlich, wie wenn man eine Melodie im Kopf hat und nicht aufhören kann, sie zu pfeifen… Nur viel schlimmer, und – nach allem, was ich gehört hatte – wenn jemand sich so sehr zu den Eingeborenen hingezogen fühlte, wie ich es bei Linter vermutete, wog das viel schwerer als die Liebe zu einer Person, so wie die Liebe zu einer Person schwerer wog als das Nicht-aus-dem-Kopf-Bekommen einer Melodie.
    Plötzlich wurde ich wütend; auf Linter, auf das Schiff.
    »Ich glaube, Sie gehen ein sehr egoistisches und törichtes Risiko ein, das nicht nur schlimm für Sie selbst ist und ebenso für… für uns, für die Kultur, sondern auch schlimm für diese Leute hier. Wenn Sie erwischt werden, wenn man Sie entlarvt…, dann werden sie paranoid, und womöglich fühlen sie sich bedroht und reagieren feindselig auf jeden Kontakt, innerlich oder äußerlich. Es könnte durchaus sein, daß Sie sie… in den Wahnsinn treiben. Psychisch krank machen.«
    »Sie sagten, daß sie das bereits seien.«
    »Und Sie verringern Ihre eigene Aussicht auf ein zu Ende gelebtes Dasein beträchtlich. Selbst wenn Sie tatsächlich ein paar Jahrhunderte lang leben. Wie wollen Sie ihnen das erklären?«
    »Bis dahin haben sie vielleicht selbst Mittel gegen das Altern erfunden. Und übrigens kann ich immer noch von einem Ort zum anderen umziehen.«
    »Sie werden im Laufe der nächsten fünfzig Jahre oder so keine Mittel gegen das Altern haben; es kann Jahrhunderte dauern, wenn sie einen Rückschlag erleiden, wozu es nicht einmal eines Holocaustes bedarf. Okay, bewegen Sie sich also von einem Ort zum anderen, machen Sie sich zum Flüchtling, bleiben Sie ein Fremdweltler, sondern Sie sich ab. Sie werden von ihnen ebenso abgeschnitten sein wie von uns. Ach, zum Teufel, das werden Sie sowieso immer sein.« Inzwischen hatte ich die Stimme erhoben. Ich schwenkte einen Arm in Richtung der Bücherregale. »Sie können noch so viele Bücher lesen und Filme ansehen und Konzerte anhören und ins Theater und die Oper gehen und all das Zeug, Sie werden trotzdem nicht einer von ihnen. Sie werden immer Kultur-Augen haben, ein Kultur-Gehirn; sie können nicht einfach… all das leugnen, so tun, als wäre es nie gewesen.« Ich stampfte mit einem Fuß auf. »Verdammt, Linter, Sie sind einfach undankbar!«
    »Hören Sie, Sma«, sagte er, wobei er sich aus dem Sessel erhob, nach seinem Bier griff, im Zimmer auf und ab schritt und durch die Fenster hinaussah. »Keiner von uns schuldet der Kultur irgend etwas. Das wissen Sie sehr wohl… Etwas schuldig zu sein und Verpflichtungen und Verantwortung zu haben und all so etwas…, das sind Dinge, um die sich diese Leute Sorgen machen müssen.« Er drehte sich um und sah mich an. »Aber nicht ich, nicht wir. Sie tun, was Sie wollen, das Schiff tut, was es will. Ich tue, was ich will. Alles ist in bester Ordnung. Wir wollen uns doch alle gegenseitig in Ruhe lassen, oder nicht?« Er blickte wieder in den kleinen Innenhof hinaus und leerte sein Bierglas.
    »Sie möchten sein wie jene, aber sie möchten deren Verantwortung nicht übernehmen.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich so wie sie sein will. Bis zu dem Grad…, wieweit immer ich es sein möchte, strebe ich auch die gleiche Verantwortlichkeit an, und das schließt nicht die Sorge um die Gedanken eines Raumschiffs mit ein. Das gehört nicht zu den Dingen, die ihnen normalerweise Kopfzerbrechen bereiten.«
    »Wenn der Kontakt uns nun beide überrascht und einfach hier auftaucht?«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich.«
    »Ich auch, sehr sogar; deshalb denke ich, es könnte geschehen.«
    »Ich glaube nicht. Obwohl wir es sind, die die Menschen brauchen, nicht umgekehrt.« Linter drehte sich um und sah mich herausfordernd an; aber ich hatte nicht die Absicht, noch an einer zweiten Diskussionsfront zu kämpfen. »Jedenfalls«, fuhr er nach einer Pause fort, »kommt die Kultur gut ohne mich aus.« Er betrachtete sein geleertes Glas. »Sie wird es müssen.«
    »Kommen Sie auch ohne sie aus?«
    »Leicht.« Linter lachte. »Hören Sie, glauben Sie vielleicht, ich hätte nicht…«
    »Nein; hören Sie mal zu. Was glauben Sie, wie lang dieser

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