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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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blieben an einer weiteren Straßenkreuzung stehen. Die Menschen hasteten an uns vorbei, eilten durch den Gestank von verbranntem Benzin und Essen und verfaulenden Speisen. Ich roch Gas, und manchmal hüllte uns Dampf ein, feucht und duftend.
    »Warum ich es nicht getan habe?« erwiderte Linter nachdenklich, wobei er den Blick auf das rote Licht der Fußgängerampel gerichtet hielt. »Ich kam zu dem Schluß, daß ich damit nichts Gutes erreichen würde. Und ich hatte Angst, das Schiff würde sich etwas einfallen lassen, um mich nicht mehr von Bord zu lassen. Glaubst du, daß das töricht von mir war?«
    Ich sah ihn an, während der Dampf um uns herumwirbelte und die Ampel auf Grün schaltete, doch ich sagte nichts. Auf dem gegenüberliegenden Gehsteig trat ein alter Mann an uns heran, und Linter gab ihm einen Vierteldollar.
    »Aber ich komme auch allein gut zurecht.« Wir bogen in den Broadway ein und gingen in Richtung Madison Square, vorbei an Läden und Büros, Theatern und Hotels, Bars und Restaurants und Wohnblocks. Linter legte mir den Arm um die Taille und drückte mich.
    »Also ehrlich, Dizzy, du bist ziemlich wortkarg.«
    »Stimmt. Bin ich.«
    »Ich vermute, du hältst mich immer noch für dumm.«
    »Nicht für dümmer als die Einheimischen.«
    Er lächelte. »Es sind wirklich gute Leute. Was du nicht verstehst, ist, daß man Verhalten ebenso wie Sprache übersetzen muß. Wenn du das einmal erkannt hast, dann wirst du diese Leute ebenso lieben wie ich. Manchmal habe ich den Eindruck, daß sie mit ihrer Technologie besser umzugehen wissen als wir, weißt du das?«
    »Nein.« Nein, das wußte ich nicht, hier in dieser Hackmaschinen-, Fleischwolf-Stadt. Damit umgehen können, ja sicher… Schalte den Ziel-Computer aus, Luke; spiel mir das Lied vom Tod; schließ die Augen und konzentriere dich, so geht das… Niemand hier außer uns Schlaubergern… Gib mir den Orgon-Kasten…
    »Meine Worte erreichen dich nicht, stimmt’s, Dizzy? Du verschließt dich, bist gar nicht richtig hier. In Gedanken hast du dieses System bereits verlassen, nicht wahr?«
    »Ich bin einfach müde«, erklärte ich ihm. »Sprich weiter.« Ich kam mir vor wie eine hilflose, zuckende, rosaäugige Ratte, gefangen im Labyrinth eines glänzenden fremdweltlichen Labors; riesig groß und glitzernd und einem tödlichen, unmenschlichen Zweck dienend.
    »Die Leute hier machen ihre Sache recht gut, wenn man alles bedenkt. Ich weiß, daß viele schreckliche Dinge passieren, aber sie erscheinen uns nur deshalb so schrecklich, weil wir ihnen soviel Aufmerksamkeit widmen. Der größte Teil der guten Vorkommnisse ist keine Schlagzeile wert, wir nehmen sie gar nicht wahr. Wir sehen nicht, wie gut es den meisten dieser Menschen geht. Ich habe eine ganze Menge glücklicher Leute getroffen, weißt du; ich habe Freunde, die ich durch meine Arbeit kennengelernt habe.«
    »Deine Arbeit?« Das interessierte mich tatsächlich.
    »Ha ha. Das habe ich mir gedacht, daß das Schiff dir davon nichts gesagt hat. Ja, seit einigen Monaten habe ich einen Job; ich übersetze Schriftstücke für eine große Anwaltskanzlei.«
    »Aha.«
    »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, viele Leute führen ein ganz angenehmes Leben, genauer gesagt, es geht ihnen ausgezeichnet. Die Menschen können hübsche Wohnungen haben, Autos fahren, Urlaub machen… Und die Menschen können Kinder bekommen. Das ist etwas sehr Gutes, weißt du; man sieht auf einem Planeten wie diesem sehr viel mehr Kinder als anderswo. Ich mag Kinder. Du nicht?«
    »Doch. Ich dachte, jeder mag sie.«
    »Ha, na ja… jedenfalls… in mancher Hinsicht würden uns diese Leute für rückständig halten, was sagst du dazu? Ich weiß, daß sich das vielleicht blödsinnig anhört, aber das ist es nicht. Denk doch nur mal an die Transportmittel; das Fluggerät, über das ich auf meiner Heimatplattform verfügte, hat bereits drei oder vier Generationen überdauert, ist fast eintausend Jahre alt! Die Menschen wechseln ihre Autos jedes Jahr! Sie haben Müll-Container und Wegwerf-Kleidung und eine Mode, die verlangt, daß man jedes Jahr neue Sachen braucht, in jeder Saison…«
    »Dervley…!«
    »Im Vergleich zu ihnen bewegt sich die Kultur im Schneckentempo!«
    »Dervley, worüber wolltest du mit mir sprechen?«
    »Hm? Wollte ich über etwas sprechen?« Linter sah verwirrt aus. Wir bogen nach links in die Fifth Avenue ein. »Ach, nichts Besonderes, glaube ich. Ich habe mir nur gedacht, es wäre nett, dich vor deiner Abreise noch

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