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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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deine Mutter mal über deine heißen Hände gesagt hat.«
    Das ließ er sich durch den Kopf gehen. »Hier versteckt sich irgendwo eine Pointe, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ja, und die lassen wir auch da, wo sie ist«, lachte sie. Ihr Fuß verfing sich im Riemen ihrer Handtasche. Sie geriet ins Stolpern und fiel gegen ihn. Er fing sie mühelos auf. Einen Moment lang verschwand die Welt um sie herum, reduzierte sich auf das Blau seiner Augen, auf seine Pupillen, die langsam anwuchsen, die Hitze seines Blicks, seine Arme, mit denen er sie stützte.
    Doch dann stieß er sie von sich – er stieß sie regelrecht weg, wie eine Betrunkene in der U-Bahn, die an seiner Schulter eingenickt war. Schlagartig brach die Welt wieder über sie herein, der Lärm, die Farben, das Licht. Sie hatte das Gefühl, eine Ohrfeige bekommen zu haben.
    Henrys Reaktion war wie eine Ohrfeige.
    »Entschuldige«, sagte sie mit flammend roten Wangen.
    »Nicht, Cassie, ich muss mich entschuldigen. Ich wollte nicht …«
    Sie hob ihre zittrige Hand, um ihm das Wort abzuschneiden. »Es ist sowieso schon spät. Ich muss jetzt wirklich gehen …« Sie wandte sich um und lief fast auf den Ausgang zu.
    »Cassie, warte …«, rief er ihr hinterher. Er wollte ihr nachlaufen, aber in diesem Moment drängelte sich eine Schar deutscher Schüler herein und er kam kaum gegen den Strom an. Erst draußen, am Vélib’-Ständer, holte er sie wieder ein.
    »Ich werde Anouk ausrichten, dass du da warst«, sagte sie betont unbekümmert, die Augen zu Boden gerichtet, während sie gleichzeitig ihr Rad losmachte.
    »Cass … das, was da gerade passiert ist, das tut mir leid …«
    »Du musst dich nicht entschuldigen, Henry«, wies sie ihn ab.
    »Doch! Hör zu, Cass. Ich bin ein Idiot. Du hast mich erschreckt, das ist alles …«
    »Ich muss jetzt weg.«
    »Nein, musst du nicht.« Er sagte es in einem Ton, der sie veranlasste aufzublicken.
    »Bitte. Lass uns das Ganze doch einfach vergessen. Ich bin einfach total gestresst im Moment. Bitte? Ich bin ein Trottel, das weißt du doch.«
    Sie seufzte, musste dann aber doch ein wenig lächeln. Und eigentlich wollte sie gar nicht gehen. Ihr war gar nicht klar gewesen, wie einsam sie sich fühlte. Bis er aufgetaucht war. Es war eine Sache, sich zu entscheiden, in welche Richtung das weitere Leben verlaufen soll. Aber es mit keinem teilen zu können …
    »Pass auf«, sagte er einschmeichelnd, »warum zeigst du mir jetzt nicht etwas, das du in Paris entdeckt hast? Wenn diese Stadt gut genug ist, um eine Cassie festzuhalten, dann sollte diese Cassie wenigstens so viel Mitleid haben und einen alten Freund in ihre Geheimnisse einweihen.« Er gab ihr einen kleinen Schubs mit dem Ellbogen. »Na, was meinst du? Sollen wir zur Abwechslung mal von der Liste abweichen?«
    Sie schwieg störrisch, fast eine ganze Minute.
    Dann sagte sie: »Von der Liste abweichen? Bist du sicher?« Sie warf ihm von unten herauf einen verstohlenen Blick zu.
    Ermutigt trat er näher und legte seinen Arm um ihre Schultern. Sie knickte unwillkürlich unter dem Gewicht ein. »Siehst du? Ich kann Frauen anfassen, ohne vor Schreck zu zucken. Sogar schöne Frauen. Wie dich.«
    »Na, na, jetzt übertreib’s mal nicht«, sagte sie lachend. Sie pikste ihn in die Rippen. »Na gut, du Trottel, ich weiß auch schon wohin!«
    Sie hopste auf ihr Fahrrad und radelte davon. »Na los, du Schlafmütze!«, rief sie ihm über die Schulter zu.
    Henry war im Nu hinter ihr her. Geschickt lotste sie ihn durch das Gewirr von Gassen und Gässchen, das sich im Osten hinter dem Musée d’Orsay erstreckte, vorbei an der Sorbonne. Eine Viertelstunde später hielt sie vor einem unauffälligen Geschäft an.
    »Was machen wir hier?«, keuchte Henry. Sie hatte ihn ganz schön herumgejagt.
    Es gab hier keine Vélib’-Dockingstation. »Halt mal kurz die Räder. Bin gleich wieder da.« Sie flitzte in das Geschäft.
    Wenig später tauchte sie wieder auf, zwei Eistüten in der Hand.
    »Ein Eis? Ist das dein Ernst?« Ungläubig nahm er das Eis, das sie ihm hinhielt. »Kein Wunder, dass ihr euch so gut versteht, meine Schwester und du.« Er schüttelte den Kopf.
    »Klappe und probieren.«
    Henry biss von der obersten Eiskugel ab. Er blinzelte mehrmals ungläubig. Es schmeckte intensiv nach Orange, fruchtig und säuerlich, dazu der süß-herbe Geschmack der Schokolade. Das Eis war richtig cremig, schmeckte mehr wie eine ganache , eine Pariser Creme, als ein Eis. »Maaann!«, stöhnte er, sobald er

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