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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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warte hier auf euch. Ihr könnt mich genau hier wieder abholen, wenn ihr fertig seid.« Sie seufzte schwach. »Kann sein, dass ich mich bis dahin wieder erholt habe.«
    »Bist du sicher?«
    »Aber ja … Bitte, geht einfach, ja?«, flehte Cassie. Sie musste ihre Hände zu Hilfe nehmen, um ihre Beine auf die Bank zu befördern, dann ließ sie sich zurücksinken. »Ah, das tut gut! Keine Bange, ich komme schon zurecht!«
    »Also ehrlich! Dein erster Tag in Manhattan, und schon pennst du auf einer Parkbank!«
    »Schicksal«, murmelte Cassie und warf einen Arm über ihre Augen. Die Sonne schien warm vom Himmel, aber die Septemberluft war so früh am Morgen noch reichlich frisch. An den Bäumen ließen sich bereits die ersten Anzeichen von Gelb erkennen, als litten die Blätter an einem Fieber.
    »Na gut, wie du willst. Ich hole dich also genau hier wieder ab. Rühr dich nicht von der Stelle …!« Kellys Stimme verklang. Sie joggte bereits wieder zu Raoul zurück.
    »Würde mir nicht im Traum einfallen«, antwortete Cassie, mehr zu sich selbst. Ihr Herz galoppierte noch immer wie der Gewinner des Grand Nationals, und in ihren Muskeln machte sich schon jetzt eine verdächtige Schwere breit. Der morgige Tag würde die Hölle werden.
    Um sie herum begann New York zu erwachen. Vom entfernten Rande des Central Park brandete der Verkehr wie Wellen an ihre Ohren. Buden öffneten ihre Pforten, warme Brezeln, Hot Dogs und Bagels wurden feilgeboten. Der Duft von gebratenen Zwiebeln stieg Cassie in die Nase. Sie schnüffelte hungrig. Aber es hatte keinen Zweck, Hunger zu bekommen. Kelly hatte den Befehl gegeben, Kohlenhydrate künftig zu meiden wie der Teufel das Weihwasser und sich auch von rotem Fleisch fernzuhalten. Für jemanden, der noch nie in seinem Leben eine Diät gemacht hatte und daran gewöhnt war zu essen, wann immer er Hunger verspürte (was, zugegeben, selten zwischen den Mahlzeiten vorkam), war schon die bloße Vorstellung ein Horror.
    Das japanische Essen gestern Abend war ausgezeichnet gewesen – Kelly hatte sich lachend geschlagen gegeben und das Besteck rausgerückt, nachdem sie einige Minuten lang Cassies Taekwondo-Künsten mit Essstäbchen zugesehen hatte –, aber nur deshalb, weil es frisch zubereitet gewesen war, mit qualitativ hochwertigen Zutaten. Sie hätte nichts anderes gesagt, wenn es Spaghetti aglio e olio oder Roastbeef mit Yorkshire-Pudding und heißer Meerrettichsoße gewesen wäre. Gute Qualität, einfache Zubereitung und keine Riesenportionen, das war ihr Motto.
    Andererseits, dachte sie, während sich ihr Herzschlag nach der überstandenen Quälerei langsam wieder beruhigte, konnte man nicht gerade behaupten, dass sie dem heutigen Ideal von körperlicher Schönheit und Fitness entsprach. Sie war zwar schlank, aber vollkommen unmuskulös und schlaff. Der Anblick von Kelly, wie sie in Unterwäsche in ihrem Apartment herumspazierte, hatte sie schier umgehauen. Kellys Bauchmuskeln waren derart definiert, dass sie eine Frottage davon hätte anfertigen können. Cassie pikste nachdenklich ihren Bauch. Total schwammig. Nicht dick, aber weich wie Gummi. Ungeliebt. Vernachlässigt. Untrainiert.
    Mit plötzlich aufwallender Entschlossenheit schwang sie die Beine von der Bank – direkt vor die Füße eines vorbeikommenden Joggers (Jogger war der falsche Ausdruck, der Mann war so schnell, als wollte er ein Wettrennen gewinnen). Es war, als würde man einen Stock in die Speichen eines vorbeirasenden Fahrrads halten – und im Ergebnis dasselbe: Der Mann flog durch die Luft und landete mit einem mächtigen Krach auf einer Mülltonne, von der er herunterplumpste und liegen blieb.
    »O Gott! Ach du meine Güte!«, rief Cassie erschrocken und rannte sofort zu ihm hin. Der Mann, der auf dem Gesicht gelandet war, versuchte gerade, sich ächzend mit den Armen hochzustemmen. Auf seinem T-Shirt war ein langer Schweißfleck zwischen den Schulterblättern, sein dunkelblondes Haar war feucht, und sie konnte sehen, dass seine Knie blutig waren.
    Cassie ging erschrocken neben ihm in die Hocke. »Mein Gott, mein Gott, das tut mir ja so leid!«, sagte sie. »Ich hab Sie gar nicht kommen sehen.«
    »Was Sie nicht sagen«, brummte der Mann böse und drehte sich in eine sitzende Position. Vorsichtig zog er sein T-Shirt hoch. Cassie wäre bei dem Anblick beinahe auf ihr Hinterteil geplumpst – er besaß einen unglaublichen Oberkörper, gebräunt und muskulös, das glatte Gegenteil von Gils weißer, haarloser Hühnerbrust.

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