Ein Geschenk von Tiffany
Badetücher, die größer waren. Immerhin war sie tipptopp sauber, aber das war das einzig Gute, was sich darüber sagen ließ: zwei blanke schwarze Hängeschränke und ein Bodenschrank, mit einer Anrichte von kaum einem Meter Länge. Kein Fingerabdruck, kein Schmierer, kein Stäubchen, ja nicht einmal ein Brotkrümel unter dem Toaster.
Was daran lag, dass es gar keinen Toaster gab.
Okay, sie wusste, was Kelly von Weißmehlprodukten hielt. Dass sie keinen Toaster besaß, sollte daher nicht überraschen. Und dennoch – wie sie ihr Frühstück ohne den geliebten Toast mit Marmelade bestreiten sollte, war ihr schleierhaft, ja eine derart gruselige Vorstellung, dass sie beinahe in Panik geriet.
Wie aufs Stichwort begann bei diesem Gedanken ihr Magen zu knurren, und ihr fiel ein, dass sie in den letzten vierundzwanzig Stunden außer Alkohol nichts zu sich genommen hatte. Sie kramte in ihrer Handtasche und fand zum Glück den Schokoladenmuffin, den sie sich vor dem Abflug noch gekauft hatte. Nervös kauend sah sie sich um – und bemerkte prompt noch etwas, das fehlte: ein Wasserkocher. Wie sollte sie Tee machen? Sie machte einen Hängeschrank auf – und fand darin einen Stapel Jeanshosen. Vorgewarnt machte sie den anderen auf und war daher nicht übermäßig überrascht, einen wilden Haufen Unterwäsche und Büstenhalter vorzufinden. Keine einzige Tasse.
Misstrauisch senkte sie den Blick und musterte den erbärmlichen Herd-plus-Backofen, ein verhungertes Ding mit nur einem einzigen Gasring. Kaum zu hoffen, dass sich darin der Wasserkocher befinden würde.
Sie machte gerade die Ofenklappe auf – und fand, wie sollte es anders sein, einen Stapel farblich geordneter Kaschmirpullis –, als sie hörte, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde und die Haustür aufging.
Grinsend drehte sie sich zu Kelly um und deutete auf die offene Ofenklappe. »Es ist besser, sie in den Kühlschrank zu legen, wenn man die Motten loswerden will«, bemerkte sie trocken.
Kelly ließ ihre Tasche auf den Teppich plumpsen und umarmte Cassie stürmisch. »Da bist du ja! Du hast’s tatsächlich geschafft!«
Cassie nickte, selbst ein wenig verblüfft. »Scheint so.«
»Und, wie findest du’s? Toll, was?« Sie nahm Cassie den halb aufgegessenen Muffin aus der Hand. »Keine Kohlenhydrate!«
Cassie musste zusehen, wie ihr Muffin im Mülleimer landete. »Es ist … gemütlich.«
»Ich weiß genau, was du denkst«, rief Kelly ihr über die Schulter zu. Die Kuchenkrümel von ihren Händen wischend verschwand sie im Schlafzimmer. Sie setzte sich aufs Bett, zog ihre Schuhe aus und stellte sie liebevoll auf einen freien Platz im überdimensionalen Schuhregal. »Es ist klein. Nicht das, was du so gewöhnt bist.« Cassie hörte das Geräusch von aufgehenden Reißverschlüssen und das Klappern herabfallender Gürtelschnallen.
»Na ja … es stimmt, ist schon ein bisschen ungewohnt«, gab Cassie zu, »aber ich finde es … entzückend.«
»Mit anderen Worten: winzig«, sagte Kelly grinsend. In einem einteiligen Jumpsuit aus weizenfarbener Wolle tauchte sie aus dem Schlafzimmer auf.
»Du trägst lange Unterwäsche?«, quiekte Cassie überrascht. »Du siehst aus wie Jennifer Lopez’ Baby!«
Kelly ließ den Ellbogen ausfahren und versetzte ihrer Freundin einen gutmütigen Rippenstoß, doch auch sie musste lachen. »Wart’s ab! Wenn’s hier Winter wird, wirst du mich anflehen, dir auch so was zu besorgen!«
»O ja, ich im Babystrampler.« Cassie kriegte sich kaum noch ein. »Stell dir nur mal Gils Gesicht vor, wenn er mich in so einem Ding sähe!«
Kelly stellte sich das eine Sekunde lang vor, dann überkam auch sie das Kichern. In der Schule waren die beiden berühmt-berüchtigt dafür gewesen, sich gegenseitig in einen Lachanfall hineinzusteigern, und das hatte ihnen etliche Strafarbeiten eingebracht. Kelly hielt jedoch abrupt inne, als sie sah, dass Cassie nicht mehr Tränen lachte, sondern nur noch Tränen weinte. Sie legte einen Arm um sie, und beide ließen sich, mit dem Rücken zur Wand, auf den Boden sinken. Cassie barg ihren Kopf an Kellys Schulter, und Kelly streichelte behutsam ihr Haar, so wie früher, wenn eine von ihnen traurig gewesen war.
So blieben sie eine ganze Weile sitzen.
»O weh, so hatte ich mir unseren Anfang nicht vorgestellt. Ich wollte mindestens eine halbe Stunde durchhalten, bevor ich die Schleusen öffne«, stieß Cassie schließlich schniefend hervor.
»Da kann man nichts machen, Cass, so wird das erst
Weitere Kostenlose Bücher