Ein Geschenk von Tiffany
Farbe.
»Was ist das?«
»Was Tolles!«, antwortete Kelly augenzwinkernd. »Prost!«
Sie hatten eine Stunde lang getanzt – Cassie wie eine im Wind schwankende Topfpflanze, da sie sich auf ihren schwindelerregend hohen Absätzen zu unsicher fühlte, um irgendwelche Sprünge zu machen. Oder auch nur Schritte. Und jetzt hatte sie einen Riesendurst. Sie nahm einen Riesenschluck von ihrem Drink, was den Pegel um ein Drittel senkte. Dabei sah sie sich aufgeregt um. Sie hatte noch nie so viele weiße Zähne und spitze Schultern gesehen. Zuhause hatte sie es meist mit Mittvierzigern zu tun gehabt, in sanftem Tweed und der typischen gemächlichen Sprechweise des schottischen Landadels, so beruhigend wie Vogelgesang. Hier jedoch war von »Nebenbürgschaften« und »Fremdfinanzierungsquotienten« die Rede. Cassie verstand nur Bahnhof.
»Die beißen nicht«, sagte Kelly und beugte sich zu Cassie vor, die beflissen nach rechts und nach links auswich, um Leute vorbeizulassen. Kelly nahm sie beim Ellbogen und zwang sie stillzustehen.
»Sollen sie um dich rumgehen, sie sind diejenigen, die irgendwohin wollen«, sagte sie freundlich.
Cassie nickte unsicher. Es mussten hier mindestens dreihundert Leute sein, und alle drängelten sich mit demselben hungrigen Ausdruck durch, auf der Suche nach Bekanntschaften oder Liebschaften.
»Also, was denkst du?« Kelly wippte mit dem Kopf zum Takt der Musik und nippte zurückhaltend an ihrem Cocktail.
»Ich hab mich gerade gefragt, wie sie hier wohl die Fluchtwege organisieren.«
Kelly verdrehte die Augen. »Nein, die Musik! Die Leute! Die Szene!«
»Na ja … erinnert mich ein bisschen an unsere Discos von damals. Bloß dass es da Bier gab und nicht so einen komischen Punsch.« Misstrauisch musterte sie ihren rosa Drink. Viel zu süß, viel zu süffig. Ihr war nach dem einen Schluck schon ganz schwummrig.
»Na, weil heute Nineties-Night ist! Retro, verstehst du? Ich dachte, es würde dich freuen, die alten Songs zu hören. Ein sanfter Einstieg. Ich wollte dir nicht gleich mit Dance Music ins Haus fallen. Hast du Henry schon gesehen?«
Cassie schüttelte den Kopf. Sie spürte ein verdächtiges Kratzen im Hals. Trockeneis war der letzte Schrei, aber leider nicht nach ihrem Geschmack. Cassie spürte ihr altes Asthma wieder ein wenig, keine schlimme Sache, sie hatte nie wirklich damit Probleme gehabt, außer manchmal in der Schule beim Lacrosse-Training. Doch jetzt bekam sie einen Hustenanfall.
»Na, na«, sagte eine Männerstimme hinter ihr, und Cassie fühlte, wie eine große warme Hand leicht zwischen ihre Schulterblätter schlug. »Geht’s?«
Ein Mann mit lebhaften blauen Augen, die an den Außenwinkeln ein wenig abwärts wiesen, schaute sie mit einem ebenso besorgten wie selbstbewussten Lächeln an. Er trug einen anthrazitgrauen Anzug mit einer grau-gelb gestreiften Ivy-League-Krawatte und einer teuren, klotzigen Armbanduhr, die unter seinen Manschetten hervorblitzte.
Cassie nickte mit hochrotem Kopf. Zu dritt standen sie einen Moment lang da und warteten, bis Cassie sich ausgehustet hatte.
»Besser?«, fragte er, sanft ihren Rücken reibend. Kelly trat einen Schritt näher, als müsse sie Cassie vor den Übergriffen des männlichen Geschlechts schützen. Der Mann ließ seine Hand sinken.
»Ich hab euch beide beobachtet«, sagte er, ausschließlich an Cassie gewandt, »und mich gefragt, wie es kommt, dass es noch keinem Mann hier gelungen ist, euch auf einen Drink einzuladen oder zum Tanzen aufzufordern.«
Cassie grinste idiotisch. Er sah gut aus, war gut gebaut und besaß diese Art von Selbstbewusstsein, die einem nur viel Geld oder gutes Aussehen verleiht. Nach seiner Armbanduhr zu schließen schien er über beides zu verfügen.
»Na und? Da haben Sie sich wohl gesagt, versuche ich’s mal«, sagte Kelly, die sich ärgerte, dass er sie derart links liegen ließ.
Der Blick des Mannes flog kurz zu ihr hin, dann sagte er, immer noch lächelnd, zu Cassie: »Ihr seid zwei sehr schöne Frauen. Was ist das Problem?«
»Das Problem ist«, sagte Kelly, die Hand in die Hüfte gestemmt, mit leicht wackelndem Kopf, »dass Prince Charming noch nicht aufgetaucht ist. Tun Sie uns doch den Gefallen und sagen Sie uns Bescheid, wenn er sich blicken lässt, ja?« Sie nahm Cassie beim Ellbogen und schien sie wegziehen zu wollen.
Cassie zuckte bedauernd mit den Schultern. Der Mann machte ein Gesicht, als würde er »Autsch!« sagen.
»Einen Moment noch …« Er war offenbar entschlossen,
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