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Ein geschenkter Tag

Ein geschenkter Tag

Titel: Ein geschenkter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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noch mit elementareren Dingen beschäftigt waren. Schöner Rasen => Jippi! Getränkedosen und Purzelbäume. Große Jungs in weißen Trikots => Grunz grunz! Kricketschläger auf den Po. Na ja, Sie verstehen schon ... Mitnichten die nötige Reife für Spaziergänge um den Neptunbrunnen ...
    Wir schickten uns also kleine Grüße aus der Ferne. Sie hat mich zur Patin ihres ersten Kindes gemacht, ich sie zur Müllhalde für meinen ersten Liebeskummer (was habe ich geheult - ganze Taufbecken voll), aber zwischen derlei Großereignissen passierte nicht viel. Geburtstage, Familientreffen, ein paar heimliche Zigaretten hinter dem Rücken ihres Göttergatten, ein verschwörerisches Augenzwinkern oder ihr Kopf auf meiner Schulter beim Betrachten derselben Fotos ...
    So war das Leben. Ihres zumindest.
    Respekt.

    Und dann ist sie zu uns zurückgekehrt. Das Haupt voller Asche, mit dem entgeisterten Blick der Pyromanin, die die Streichholzschachtel zurückbringt, forderte sie eine Scheidung, mit der kein Mensch gerechnet hatte. Und man muss zugeben, dass sie sich wahrlich nicht in die Karten hat blicken lassen, das Schlitzohr. Alle hielten sie für glücklich. Und ich glaube sogar, wir haben sie dafür bewundert, dass sie so schnell und leicht aus der Familie herausgefunden hat. »Lola macht's richtig«, gaben wir ohne Bitterkeit oder Neid zu. Lola ist nach wie vor am besten darin, sich neue Schatzsuchen auszudenken. Und dann tatatataaaa. Programmwechsel.
     
    Zu meiner Überraschung und zu einer für sie völlig ungewöhnlichen Uhrzeit kreuzte sie bei mir auf. Zur Zeit des abendlichen Kinderbadens und der Gute-Nacht-Geschichten. Sie heulte, sie entschuldigte sich. Sie glaubte allen Ernstes, ihre Familie sei ihre Daseinsberechtigung, und der Rest, der ganze Rest, das, was in ihrem Kopf schwelte, ihr heimliches Leben und die vielen Fältchen in ihrer Seele, seien nicht so wichtig. Wichtig war, dass sie fröhlich wirkte und das Joch trug, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Und als es komplizierter wurde, gab es die Einsamkeit, die Malerei - die Spaziergänge mit dem Buggy, die immer länger wurden, die Kinderbücher und das häusliche Leben, in das man sich so bequem zurückziehen konnte.
     
    O ja. Superbequem, wenn der Blick nicht weiter reicht als bei der kleinen roten Henne aus der Kinderbuchreihe Père Castor ...
     
    Rothenne ist eine gute Hausfrau:
    Kein Staubkörnchen auf den Möbeln,
    In den Vasen hat sie Blumen
    Und an den Fenstern hübsche, gebügelte Vorhänge.
    Da kommt man gerne zu Besuch.
     
    Nur dass sie der kleinen Rothenne jetzt, ritschratsch, die Kehle durchgeschnitten hatte. Ich bin genau wie die anderen aus allen Wolken gefallen. Mir fehlten die Worte. Sie hatte nie geklagt, hatte mir nie von ihren Zweifeln erzählt und gerade einen entzückenden zweiten Jungen zur Welt gebracht. Sie wurde geliebt. Sie hatte alles, wie man so schön sagt. Wie die Dummköpfe sagen.
     
    Wie reagiert man, wenn man erfährt, dass das persönliche Sonnensystem aus den Fugen geraten ist? Was sagt man in einem solchen Fall? Gute Güte, bisher war sie es gewesen, die uns den rechten Weg gezeigt hatte. Wir hatten ihr vertraut. Das heißt, ich hatte ihr vertraut. Wir blieben lange auf dem Boden sitzen und zischten einen Wodka. Sie heulte, wiederholte immer wieder, dass sie nicht mehr ein noch aus wisse, schwieg und begann erneut zu heulen. Wie auch immer sie sich entscheiden würde, sie wäre unglücklich. Ob sie ging oder blieb, das Leben wäre nicht mehr lebenswert.
    Mit Hilfe von Büffelgras und Wodka konnte ich sie ein wenig aufbauen. He! Sie hatte nicht allein Schiffbruch erlitten! Wenn das Heft mit der Spielanleitung dick wie ein Telefonbuch ist und du auf einem bescheuerten Stück Rasen im Kreis läufst, ohne dass dich jemand unterstützt, schon gar nicht er, dann ist klar, dass man irgendwann - äh - nix wie weg!
    Sie verstand mich nicht.
    »Und für die Kleinen, kannst du - kannst du nicht noch ein wenig durchhalten?«, habe ich schließlich geflüstert und ihr ein weiteres Päckchen Taschentücher gereicht. Bei meiner Frage versiegten ihre Tränen auf einen Schlag. Ob ich denn gar nichts begriffen hätte? Das ganze Blutbad galt doch ihnen. Damit sie nicht zu leiden brauchten. Damit sie nicht hören mussten, wie ihre Eltern sich in der Nacht stritten und weinten. Und weil man nicht in einem Haus aufwachsen kann, in dem sich die Leute nicht mehr liebhaben, oder?
    Nein. Das kann man nicht. Wachsen vielleicht, aber nicht

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