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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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immer im Gefängnis, und dort würde er auch bleiben. Smith
wußte, daß seine Aussage dazu beigetragen hatte, ihn dorthin zu
bringen. Und kein Wort werde ich daran ändern, dachte er bitter.
Kein einziges Wort.
    Eingepfercht zwischen seinen beiden Anwälten Robert
Kinellen und Anthony Bartlett
saß Jimmy Weeks im
Bezirksgericht des Bundesgerichtshofs, während sich die
Zusammenstellung der Jury für seinen Prozeß wegen
Steuerhinterziehung endlos hinzuziehen schien.
    Nach drei Wochen gab es erst sechs Geschworene, die sowohl
von der Anklagevertretung wie von der Verteidigung akzeptiert
wurden. Die Frau, die man gegenwärtig befragte, war von der
Art, wie er sie am meisten verabscheute. Prüde und
selbstgefällig, so ein Typ »wahre Säule der Gemeinde«. Als
Vorsitzende des Frauenklubs von Westdale hatte sie sich
vorgestellt; ihr Mann war Geschäftsführer einer Ingenieurfirma;
zwei Söhne an der Yale-Universität.
    Jimmy beobachtete sie, während die Befragung weiterging
und sie sich immer herablassender gab. Natürlich war die
Staatsanwaltschaft mit ihr zufrieden, da gab es gar keinen
Zweifel. Aber er wußte von dem geringschätzigen Blick, den sie
in seine Richtung warf, daß sie ihn für Abschaum hielt.
    Als der Richter die Vernehmung der Frau beendet hatte,
beugte sich Jimmy Weeks zu Kinellen hinüber und sagte:
»Nimm sie.«
    »Bist du übergeschnappt?« protestierte Bob ungläubig.
»Vertrau mir, Bobby.« Jimmy senkte die Stimme. »Die
kriegen wir umsonst.« Dann warf Jimmy einen zornigen Blick
zum anderen Ende der Anklagebank, wo ein teilnahmsloser
    Barney Haskell mit seinem Anwalt dem Verfahren beiwohnte.
Sollte Haskell sich auf einen Handel mit der Staatsanwaltschaft
einlassen und als Zeuge für sie aussagen, dann könne er Barney
im Kreuzverhör fertigmachen, behauptete Kinellen.
    Mag sein. Oder auch nicht. Jimmy Weeks war sic h nicht so
sicher, und er war ein Mann, der eine sichere Sache immer
bevorzugte. Mindestens eine Person unter den Geschworenen
hatte er bereits in der Tasche. Jetzt waren es vermutlich zwei.
    Bisher gab es nur den Hinweis darauf, daß Bob Kinellens
Exfrau sich mit dem Reardon-Mordfall befaßte, überlegte
Weeks, falls aber tatsächlich etwas in Gang kommen sollte,
dann konnte es noch unangenehm für ihn werden. Besonders,
falls Haskell Wind davon bekam. Er verfiel dann vielleicht auf
die Idee, daß es noch eine andere Möglichkeit gab, die
Abmachung zu versüßen, die er mit der Staatsanwaltschaft
treffen wollte.
    Spät am Nachmittag meldete sich Geoff Dorsos Sekretärin
über die Sprechanlage. »Miss Taylor ist da«, sagte sie. »Ich hab’
ihr schon gesagt, sie könnte Sie bestimmt nicht ohne vorherigen
Termin sprechen. Aber angeblich dauert es nur ein paar Minuten
und ist wichtig.«
    Wenn
Beth Taylor schon ohne Vorankündigung
hereinschneite, dann mußte es wirklich wichtig sein. »Ist schon
gut«, erwiderte Geoff. »Schicken Sie sie rein.«
    Sein Puls beschleunigte sich, während er wartete. Er hoffte zu
Gott, daß sie nicht gekommen war, um ihm mitzuteilen, daß
Skips Mutter etwas zugestoßen sei. Mrs. Reardon hatte kurz
nach Skips Verurteilung einen Herzinfarkt erlitten, und dann vor
fünf Jahren einen weiteren. Beide Male war es ihr gelungen,
wieder zu Kräften zu kommen, weil sie, wie sie erklärte, um
nichts auf der Welt sterben würde, solange ihr Sohn noch wegen
eines Verbrechens in Haft saß, das er nicht begangen hatte.
    Sie schrieb Skip jeden Tag - heitere, fröhliche Briefe voller
Pläne für seine Zukunft. Vor kurzem hatte Skip Geoff bei einem
Besuch im Gefängnis aus einem Schreiben vorgelesen, das er
am selben Tag erhalten hatte. »Heute früh in der Kirche habe ich
Gott daran erinnert, daß zwar gut Ding Weile haben will, wir
jetzt aber lange genug gewartet haben. Und weißt du, Skip, da
überkam mich ein ganz herrliches Gefühl. Es war fast so, als
hörte ich im Innern eine Stimme sagen: ›Nicht mehr lang.‹«
    Skip hatte wehmütig gelächelt. »Wissen Sie, Geoff, als ich
das las, hab’ ich es fast geglaubt.«
Als seine Sekretärin Beth ins Büro führte, kam Geoff um den
Schreibtisch herum nach vorne und gab ihr einen
freundschaftlichen Kuß. Immer wenn er sie sah, fiel ihm sofort
der gleiche Gedanke ein: Wie anders doch Skips Leben
verlaufen wäre, wenn er Beth Taylor geheiratet hätte und
Suzanne nie begegnet wäre.
Beth war so alt wie Skip, beinahe vierzig inzwischen, etwa
einen Meter

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