Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall
Willen zum Sprechen zu bringen war etwa so Erfolg versprechend wie einem Fisch das Fliegen beizubringen, daher wollte er herausfinden, ob Mrs. Sharp oder Meena etwas aufgeschnappt hatten, was ihm weiterhalf. Seine erste Begegnung mit der Köchin schien dafür nicht gerade der ideale Start gewesen zu sein.
Daryl war in seinem Leben schon einigen Frauen wie Agnes Sharp begegnet. Sie gehörten zu einem langsam aussterbenden Schlag von Menschen, wie man ihn vor allem im Outback antraf. Auf den ersten Blick wirkten sie unfreundlich und hart, doch unter der rauen Schale steckte meist ein großes Herz.
Mrs. Sharps Gesicht verdüsterte sich, als Daryl in die mit einer Plane abgedeckte Buschküche trat.
»Was wollen Sie denn hier?«, wetterte sie los. »Wenn Sie glauben, ich würde Sie jedes Mal verfehlen, dann irren Sie sich. Hier gibt’s keine Tür, da erwisch ich Sie auch noch auf zehn Meter Entfernung.«
»Glaub ich gern«, meinte Daryl und verkniff sich sicherheitshalber ein Grinsen.
»Wollte nur meine Hilfe beim Abtrocknen anbieten.«
Mrs. Sharp murmelte etwas Unverständliches und warf ihm ein Handtuch zu.
»Sollte das ein erneuter Versuch sein, sich einzuschleimen – lassen Sie’s. Das haben schon ganz andere Kerle versucht.«
»Und was haben Sie mit denen gemacht?«
»Hab ihnen angedroht, wie ein liebestolles Karnickel über sie herzufallen.«
Meena kicherte.
»Okay, Sie haben gewonnen«, gab sich Daryl geschlagen. »Ich werde artig Teller abtrocknen und mich dann wieder verdrücken.«
»Na, wer sagt’s denn. Männer sind wie wilde Hengste. Entweder sie lassen sich zähmen oder man kastriert sie. Zwar macht sie das nicht stubenrein, aber wenigstens folgsam.«
»Wilder Hengst hat mich noch niemand genannt. Klingt irgendwie ganz nett.«
»Bilden Sie sich bloß nichts ein.« Sie sah ihn prüfend von oben bis unten an. »Im Vergleich zu den anderen Männern hier haben Sie höchstens Ähnlichkeit mit einem Fohlen.«
»Vielleicht werden Sie Ihre Meinung morgen ändern.«
»Wieso, wollen Sie etwa am Rodeo teilnehmen?«
»Hab’s vor, ja.«
»Da brat mir doch einer einen Storch.« Mrs. Sharp schüttelte ungläubig den Kopf. »Ein Pilot wird vom Krokodil gefressen, der andere bricht sich beim Reiten das Genick – da wird Barrow aber wenig Freude haben.«
»Herzlichen Dank für die aufmunternden Worte«, erwiderte Daryl und lachte. Er wandte sich an Meena und versuchte, auch sie in das Gespräch einzubeziehen. »Was glauben Sie, Meena, werd ich mir das Genick brechen?«
Das Mischlingsmädchen sah ihn einen Augenblick irritiert an. »Tut … tut mir leid, ich habe gerade nicht zugehört. Was haben Sie gefragt?«
»Ach, nicht so wichtig. Übrigens, wie geht es Ihnen heute, Meena? Hat sich Ihr Magen beruhigt?«
Meena nickte. »Ja, es geht mir wieder gut.«
Die Köchin runzelte die Stirn.
»Davon hast du mir gar nichts erzählt, Liebes. Was ist mit deinem Magen?«
»Mir war nur ein wenig übel. Ich hatte etwas Schlechtes gegessen, das ist alles. Wie gesagt, nicht der Rede wert.«
Poison-Joe betrat die Küche. »Aha, hier stecken Sie, Daryl. Ich hab Sie schon gesucht. Hat Sie das alte Schlachtross zum Küchendienst gezwungen?«
»Quatsch hier nicht blöd rum«, fiel ihm Mrs. Sharp ins Wort. »Der Junge hat sich freiwillig zum Abtrocknen gemeldet, etwas, das dir nie in den Sinn kommen würde.«
»Da hast du verdammt recht. Die Schwielen an meinen Händen würden ohnehin nur das Geschirr zerkratzen.«
»Poison-Joe, du bist ein Idiot, weißt du das?«
Die Augen des alten Farmarbeiters blitzten amüsiert. »Klar, meine Süße. Darum passen wir zwei auch so gut zusammen.«
Daryl trat vorsichtshalber aus der Schusslinie, ehe ihn versehentlich eine fliegende Pfanne treffen konnte.
»Wir beide passen zusammen wie Nitro und Glyzerin. Außerdem bist du ja schon mit einem Schaf verlobt, hab ich gehört.«
»Ist sie nicht ein Prachtweib, unsere Agnes?«, wandte sich Poison-Joe an Daryl. »Und dann dieser Charme, unterkühlt wie eine gefrorene Rinderhälfte.«
Nun schnappte sich Mrs. Sharp doch noch eine Bratpfanne.
Statt sich aus dem Staub zu machen, lehnte sich Poison-Joe nur lässig an einen Zeltpfosten.
»Wenn du auch nur annähernd so was wie ein Hirn besitzen würdest, dann hätte ich dir schon lange dieses Ding über den Schädel geschlagen. Aber leider besitzt du ja keins, weshalb sogar ein Hirnschlag bei dir seine Wirkung verfehlen würde.«
»Ist sie nicht ein Sonnenschein? Ich liebe dieses
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