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Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Titel: Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Winter
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wissen, handelt es sich dabei um Orte, die auch Aborigine-Männer nicht betreten dürfen. Ich kenne lediglich zwei dieser Plätze, doch die liegen westlich von hier und dürften somit nicht infrage kommen. Um sie von der Mount-Keating-Station aus zu erreichen, bräuchte man Wochen. Nein, ich fürchte, diesmal kann ich Ihnen nicht helfen.«
    »Das hatte ich schon vermutet«, meinte Daryl. »Schade, aber ich werde es schon noch auf andere Weise herausfinden.« Er lächelte. »Eine letzte Frage. Lebt Meenas Vater noch?«
    »Ja. Sein Name ist Jack Djanghara. Er hat sich etwa dreißig Kilometer nordwestlich an der Küste eine kleine Hütte gebaut. Dort lebt er seit vielen Jahren völlig zurückgezogen. Die Stelle nennt sich Tidepole Hill.«
    Daryl zog ein zufriedenes Gesicht. »Eine Bitte hätte ich noch.«
    »Schon klar, Sie möchten sich mein Engelchen nochmals für ein paar Tage ausleihen.«
    Nachdem er Pater O’Donnell verlassen hatte, ging Daryl zum General Store und rief Sergeant Morley in Broome an. Der rechtsmedizinische Schlussbericht hatte bestätigt, was er bereits vermutet hatte. Bruce Pierson hatte sich nicht selbst erhängt. Wer auch immer ihn umgebracht und versucht hatte, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen, hatte dem Jungen erst das Genick gebrochen und ihn dann aufgehängt.
    »Glauben Sie, der Killer ist in beiden Fällen derselbe?«, fragte Morley.
    »Ja, da bin ich mir sicher. Und die Art, wie Bruce Pierson starb, sagt mir auch einiges über den Mörder. Aber nun hören Sie mir genau zu, Morley, denn ich brauche Ihre Unterstützung …«
     
    Daryl setzte auf einer roten Felsplatte auf, die die Form eines riesigen Tortenstückes hatte und aus verschiedenen Sandsteinschichten bestand. Ganz in der Nähe schlängelte sich ein Bach zwischen abgeschliffenen rostroten Felsen zur nahen Küste. Um das Camp des alten Aborigine zu erreichen, musste er ihm nur etwa einen Kilometer folgen.
    Dort, eingebettet zwischen Schraubenpalmen und Pandanussbäumen, lag auf halber Höhe eines etwa zwanzig Meter hohen Felsenkliffs ein kleines Plateau, auf dem der Eingeborene seine Hütte gebaut hatte. Bei näherer Betrachtung handelte es sich dabei allerdings eher um einen auf zwei Seiten offenen Unterstand als um eine richtige Hütte. Das rostige Wellblechdach ruhte auf angeschwemmten, von Salz und Sonne gebleichten Baumstämmen, während die Wände aus geflochtenen Palmblättern gefertigt waren.
    Einige Holzkisten, eine löchrige Hängematte sowie ein zum Trocknen aufgehängtes Fischernetz verliehen dem Ganzen das Aussehen eines Camps, in dem ein Schiffbrüchiger auf seine Rettung wartete.
    Trotzdem strahlte der Ort eine friedliche, fast würdevolle Ruhe aus. Ein schneeweißer, sichelförmiger Strand zog sich vom Kliff gut zweihundert Meter bis zu einer Ansammlung weiterer Felsen. Das Meer war klar und türkisblau, und seine sanfte Brandung ließ weit auseinanderliegende Wellen auf den Strand rollen, wo sie gemächlich ihre leuchtend weißen Schaumkronen ausbreiteten.
    Daryl entdeckte den Eingeborenen am Ende des Strandes, wo er mit gekreuzten Beinen im warmen Sand saß und auf die Bucht hinausblickte. Daryl stieg zum Ufer hinunter und zog Hemd, Hose und Schuhe aus. Anschließend näherte er sich dem Aborigine bis auf gut zwanzig Meter und setzte sich, um zu warten.
    Wie alt Jack Djanghara war, konnte er auf diese Distanz nur schätzen. Der Aborigine hatte langes, schneeweißes Haar und einen ebensolchen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte und einen Großteil seines Gesichts verdeckte. Bis auf ein rotes Stirnband aus gefärbtem Känguruhaar und einem Beutel aus Emuleder, der um seinen Hals baumelte, war er nackt. Unbeweglich wie eine Statue aus Ebenholz saß er da, während seine langen, schlanken Hände mit den Handflächen nach oben entspannt auf seinen Unterschenkeln ruhten.
    Minutenlang verweilten seine Augen auf den sanften Wellen, die sich neugierig einige Meter über den Sand tasteten, ehe sie wieder in ihr angestammtes Element zurückkehrten. Endlich wanderte sein Blick langsam über das Ufer zu Daryl hinüber. Zwischen zusammengekniffenen Lidern musterte er ihn eine Weile, dann murmelte er etwas, stand auf, ging die Hälfte des Weges auf Daryl zu und setzte sich wieder hin.
    Dies war das Zeichen, auf das Daryl gewartet hatte und das ihm erlaubte, sich endgültig zu Djanghara zu setzen. Diese Jahrtausende alte Anstandsregel für ein Treffen zwischen Fremden wurde zwar von den Eingeborenen nur noch selten

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