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Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Titel: Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Winter
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mächtige, kompakte Gesteinsplatten bis zum Fuß des kleinen Berges gerutscht waren, wo sie verschieden große Höhlen geschaffen hatten.
    Zufrieden mit dieser Entdeckung, schwenkte Daryl nach Westen und flog zurück zur Station.
    Beim Abendessen saß er wie üblich mit Poison-Joe und Ray Hill an einem Tisch. Während Ray im Essen herumstocherte und ein nachdenkliches Gesicht zog, berichtete Poison-Joe vom Ausmustern der Rinder. Der erste Roadtrain, wie man in Australien jene monströsen, 500-PS starken, mehrachsigen Lastwagen nannte, hatte die Station am Morgen erreicht und am späteren Nachmittag bereits mit drei Anhängern voller Rinder wieder verlassen. In den kommenden zwei Tagen würden noch weitere Roadtrains folgen, dann war der Viehauftrieb auf der Mount-Keating-Station für dieses Jahr beendet.
    »Übrigens«, beendete Poison-Joe seinen Bericht, »der Boss hat Nachricht aus Broome erhalten. Billy Parker ist operiert worden, und es geht ihm gut.« Er zwinkerte. »Angeblich wird der Glückliche von den Krankenschwestern geradezu umschwärmt.«
    »Wie schön für ihn«, bemerkte Ray sarkastisch. »Und was ist mit Meena? Ihr Schicksal interessiert dich wohl überhaupt nicht.«
    »Komm schon, Baby-Ray. Du nimmst das alles viel zu schwer. Wahrscheinlich kommt Meena sogar von allein wieder zurück.«
    »Woher willst du das wissen, bist du etwa Hellseher?«, fauchte der junge Stockman. »Und nenn mich gefälligst nicht immer Baby-Ray. Ich bin verdammt noch mal kein Kind mehr!«
    Jetzt warf Poison-Joe Daryl einen Hilfe suchenden Blick zu.
    »Lassen Sie’s gut sein, Ray«, versuchte Daryl zu schlichten. »Poison-Joe meint es nur gut. Sie sollten wirklich versuchen, sich nicht zu viele Sorgen zu machen. Morgen geht die Suche weiter, man wird sie schon finden.«
    »Das hoffe ich. Wenn nicht, weiß ich, an wen ich mich zu halten habe.« Mit diesen grimmigen Worten schob er den Stuhl zurück und verließ den Aufenthaltsraum.
    »Was sollte das jetzt wieder?«, fragte Poison-Joe stirnrunzelnd.
    Daryl zuckte mit den Schultern. »Fragen Sie mich was Leichteres.«
     
    Daryl ging früh zu Bett. Er wollte sich wenigstens ein paar Stunden Schlaf gönnen, ehe er sich wie schon die Nacht zuvor auf die Lauer legte.
    Als er erwachte, war es kurz vor zweiundzwanzig Uhr. Er musste lächeln. Wie er es sich vorgenommen hatte, war er zwei Stunden vor Mitternacht aufgewacht. Dazu musste er keinen Wecker stellen, was auch nicht möglich gewesen wäre, weil er die Männer, mit denen er die Unterkunft teilte, nicht aufwecken durfte. Ungjeeburra hatte ihm einst beigebracht, sich auf die Notwendigkeit zu konzentrieren, zum richtigen Zeitpunkt wieder wach zu werden. Das war der ganze Trick.
    Die Weißen sagten über die Eingeborenen, dass sie unzuverlässig seien und kein Zeitgefühl besäßen. Doch das stimmte nicht. Zeit hatte für Aborigines lediglich eine andere Bedeutung. Sie maßen sie nicht in Monaten, Tagen und Stunden, sondern unterteilten sie in Ereignisse, ihr Eintreffen und ihre Wichtigkeit sowie die Wirkung auf das eigene Leben. Zum Beispiel war es bei Wanderungen durch die Wildnis wichtig zu wissen, wann und wo Regen fiel, frisches Gras wuchs und Wild zu finden war. Und beim Zubereiten eines Kängurus in der heißen Asche musste man je nach Größe und Gewicht des Tieres entscheiden, wie lange es dauerte, bis es essbar war, aber immer noch genügend lebenswichtige Flüssigkeit enthielt. Eine festgelegte Kochzeit half da nicht weiter.
    Als Daryl dieses Prinzip der Zeitrechnung begriffen hatte, war ihm vieles in seinem Leben leichter gefallen. Er hatte gelernt, Entscheidungen zu treffen, ohne sich zeitlich unter Druck zu setzen. So verhielt er sich auch bei seiner Arbeit. Man konnte die Lösung eines Falles nicht erzwingen, sondern musste den Dingen die Zeit lassen, sich zu entwickeln.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine beiden Zimmergenossen fest schliefen, rollte Daryl die Decke zusammen und präparierte sie so, dass es aussah, als würde er in seinem Bett liegen. Anschließend verließ er leise die Baracke und schlich barfuß und nur mit einer Hose bekleidet zum Aufenthaltsraum.
    Wie fast alle Gebäude auf Mount Keating war er nicht verschlossen. Daryl nahm sich einen Stuhl, setzte sich an ein Fenster, von wo er die Eingänge zu den Mannschaftsunterkünften überblicken konnte, und wartete. Sein Hauptaugenmerk galt der Baracke, in der Bill Murgura schlief. Der Aborigine hatte sich weder den Suchtrupps angeschlossen

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