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Ein Girl zum Pferde stehlen

Ein Girl zum Pferde stehlen

Titel: Ein Girl zum Pferde stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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nicht gerührt, weil sie nicht dazu in der Lage war? Weil sie krank war. Oder gefesselt und geknebelt. Oder weil man ihr noch Schlimmeres angetan hatte.
    Es gab nur eine Möglichkeit das herauszufinden.
    »Wenn das so ist«, Lassiters rechte Hand legte sich noch fester um den Griff seiner Waffe, »habt ihr bestimmt nichts dagegen, wenn ich mich mit eigenen Augen davon überzeuge.«
    »Aber weshalb …«
    »Nur damit wir uns nicht missverstehen: Ich werde jetzt auf jeden Fall einen Blick in euren Wagen werfen. Wenn euch das nicht passt, ist mir das herzlich egal. Und damit ihr nicht doch noch auf dumme Gedanken kommt, werdet ihr mich dabei begleiten. Also los.« Er machte eine ungeduldige Bewegung mit dem Revolverlauf. »Runter vom Kutschbock.«
    Ewans und Patricia blieb nichts anderes übrig, als zu tun, was von ihnen verlangt wurde.
    Lassiter wartete ab, bis sie neben das Fuhrwerk geklettert waren, dann stieg er ebenfalls aus dem Sattel. Den Remington unvermindert auf das Paar gerichtet, folgte er den beiden bis zum hinteren Wageneinstieg. Doc Cure und Madame Mysterious brachten die kurze Strecke mit stockenden Schritten und hängenden Schultern hinter sich, wie Delinquenten, die gerade ihren Weg zum Schafott angetreten hatten.
    Neben den zwei hölzernen Einstiegsstufen blieben sie stehen.
    »Hör zu.« Ewans wandte sich noch einmal zu Lassiter um. »Ich glaube, da liegt einfach ein großes Missverständnis vor. Wir haben …«
    »Spar dir deine Erklärungen«, unterbrach ihn der. »Zeig mir den Wagen. Danach sehen wir weiter.«
    Das Paar wechselte einen kurzen Blick. Nachdem Ewans ihr zugenickt hatte, nahm Patricia einen tiefen Atemzug. Dann schob sie die Plane beiseite.
    Unter dem Leinenüberbau herrschte ein heilloses Durcheinander. Auf dem Boden stapelten sich Kisten und Truhen. Bauchige Flaschen waren in Gestellen festgezurrt. In zwei Regalen standen Dosen, Tiegel und Flakons in Halterungen aufgereiht, die dafür sorgten, dass sie auch bei einer schaukelnden Fahrt den Transport unbeschadet überstanden. Kellen, Löffel und allerhand seltsam anmutende Gerätschaften, die bei den Auftritten des Paars vor zahlungskräftiger Kundschaft zum Einsatz kamen, baumelten an einem Netz, das unter dem Wagendach aufgespannt war.
    Auf den drei Pritschen lagen zerknäulte Decken – ansonsten waren die Schlafplätze, genau wie der Rest des Wagens, menschenleer.
    Lassiter war sichtlich überrascht, denn damit hatte er nicht gerechnet.
    Aber auch Patricia konnte ihre Verblüffung nur schwer verbergen. Starr wie eine Statue hielt sie die Plane noch immer in der Hand, mittlerweile so blass, als sei sie wieder in die Rolle der Madame Mysterious geschlüpft.
    Der Anblick hatte auch Ewans’ Kehle ein erstauntes Keuchen entlockt.
    Doch als professioneller Scharlatan besaß er genug Kaltschnäuzigkeit, um sich rasch auf die neue Situation einzustellen. Schon wenige Sekunden später hatte er seine Fassung wiedergefunden.
    »Habe ich es nicht gesagt?« Mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht drehte er sich zu Lassiter um. »Hier ist niemand. Falls du mir noch immer nicht glaubst … bitte sehr.« Er machte eine einladende Geste ins Wageninnere.
    Lassiter versicherte sich mit einer kurzen Untersuchung, dass tatsächlich keine Person zwischen dem Gerümpel verborgen war. »Sieht so aus, als wäre die junge Dame wirklich nicht da drin«, gab er zu, als er wieder aus dem Fuhrwerk stieg. »Wo ist sie geblieben?«
    »Sie ist noch vor Lowell-Springs ausgestiegen«, behauptete Patricia so schnell, dass es sich dabei nur um eine Lüge handeln konnte. Da Lassiter ihr aber nicht das Gegenteil beweisen konnte, ersparte er sich eine Antwort, sondern musterte sie lediglich mit finsterem Blick.
    »Können wir jetzt endlich weiterfahren?«, wollte Ewans wissen. »Wir haben nämlich noch eine Menge zu erledigen. Unsere Zeit ist zu wertvoll, um sie mit irgendwelchen haltlosen Anschuldigungen zu vertrödeln.«
    »Na gut. Verzieht euch.« Lassiter zuckte mit den Schultern.
    Er verfolgte aufmerksam, wie das merkwürdige Paar eilig zurück auf den Kutschbock stieg. Erst als der Wagen außer Schussweite davongerumpelt war, steckte er den Remington zurück ins Holster. Einer der gemalten Totenköpfe schien ihn dabei von der Plane herab höhnisch anzulachen.
    ***
    Die Sonne war erst seit wenigen Minuten hinter dem Horizont verschwunden, aber am Himmel waren bereits die ersten Sterne zu sehen. Auf der Wiese am Waldrand hatten Cranston und Bailey mit

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