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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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hatte einen wiegenden Gang; er sprach langsam und genau und versuchte dabei, jedem seiner Worte stärkere Bedeutung zu verleihen, als diese zu tragen fähig waren. Er sprach von unwichtigen Dingen in hochtrabendem Ton. Er sagte, sein Name sei Smith, daß er aus Washington käme, daß er plane, eine nationale Organisation unter den Negern zu starten, die alle existierenden Negerinstitutionen zusammenfassen solle, um so eine einheitliche und breite Aktionsbasis zu erreichen. Wir drei saßen uns an einem Tisch gegenüber. Ich wußte, daß ein erneutes und letztes Angebot an mich herangetragen werden sollte, und wenn ich es nicht annahm, würde es zum offenen Kriege kommen.
    „Wright, wie wär's, möchtest du nach der Schweiz gehen?" fragte Smith mit dramatischer Plötzlichkeit.
    „Ich möchte schon", sagte ich. „Aber ich bin jetzt zu sehr an meine Arbeit gebunden."
    „Die kannst du liegen lassen", sagte Nealson. „Der Auftrag ist wichtig."
    „Was hätte ich in der Schweiz zu tun?" fragte ich.
    „Du würdest als Jugenddelegierter gehen", sagte Smith. „Von da aus kannst du dann in die Sowjetunion fahren."
    „So gern ich das täte, werde ich es leider nicht können", sagte ich ehrlich. „Ich kann die Schreiberei, mit der ich jetzt beschäftigt bin, nicht einfach hinwerfen."
    Wir saßen da und blickten uns an, stumm vor uns hinrauchend. „Hat Nealson dir erzählt, wie ich denke?" fragte ich Smith.
    Smith gab mir keine Antwort. Er starrte mich eine ganze Weile an, dann fauche er: „Wright, du bist ein Idiot!"
    Ich stand auf. Smith wandte sein Gesicht ab. Nur noch einen Funken mehr Wut und ich würde ihm mit der Faust mitten ins Gesicht geschlagen haben. Nealson lachte dämlich und schnaufte.
    „Mußte das sein?" fragte ich, am ganzen Leibe zitternd.
    Ich stand da und erinnerte mich, wie ich in meinen Knabenjahren bis zum Blutvergießen mit jedem gekämpft haben würde, der etwas Ähnliches zu mir gesagt hätte. Doch ich war jetzt ein Mann und Herr meiner Wut, fähig, meine aufwallenden Regungen zu beherrschen. Ich setzte meinen Hut auf und schritt zur Tür. „Kühl bleiben", sagte ich zu mir selbst. „Du darfst dir das jetzt nicht aus der Hand gleiten lassen."
    „Hiermit also adieu", sagte ich.
     
    Ich nahm an der nächsten Zellenversammlung teil und bat, auf die Redeordnung gesetzt zu werden, was mir bereitwillig zugestanden wurde. Nealson war da. Evans war da. Ed Green war da. Als meine Zeit herangekommen war, sagte ich:
    „Genossen, während der vergangenen zwei Jahre habe ich mit den meisten von euch täglich zusammengearbeitet. Ungeachtet dessen habe ich mich seit einiger Zeit in einer schwierigen Situation innerhalb der Partei befunden. Was diese Schwierigkeiten ausgelöst hat, wäre eine lange Geschichte, die vorzubringen ich keine Lust habe; es würde keinen Zweck haben. Aber ich erkläre euch ganz aufrichtig, daß ich glaube, eine Lösung meiner Schwierigkeiten gefunden zu haben. Ich schlage hiermit heute abend vor, daß meine Mitgliedschaft in den Parteilisten gestrichen werden möge. Keinerlei ideologische Differenzen veranlassen mich dazu, dies zu sagen. Ich möchte nur ganz einfach nicht länger durch Parteibeschlüsse gebunden sein. Ich möchte meine Mitgliedschaft in jenen Organisationen aufrechterhalten, in denen die Partei einen Einfluß hat, und ich würde mich dem Parteiprogramm innerhalb dieser Organisationen fügen. Ich hoffe, daß man meine Worte in dem Geiste aufnehmen wird, in dem sie gesagt sind. Vielleicht kann ich später irgendwann einmal mit den Parteiführern zusammentreffen und darüber sprechen, für welche Aufgaben ich mich am besten eignen würde."
    Ich setzte mich unter tiefstem Stillschweigen. Der Schriftführer der Versammlung sah erschrocken aus und blickte auf Nealson, Evans und Ed Green.
    „Irgendwelche Diskussion über die Erklärung des Genossen Wright?" fragte der Schriftführer schließlich.
    „Ich stelle den Antrag, daß die Diskussion über die Erklärung des Genossen Wright vertagt wird", sagte Nealson.
    Eine rasche Abstimmung bestätigte den Antrag Nealsons. Ich blickte mich in dem schweigenden Raum um, langte dann nach meinem Hut und stand auf.
    „Ich möchte jetzt gehen", sagte ich.
    Niemand sprach ein Wort. Ich schritt zur Tür und in die Nacht hinaus, und eine schwere Last schien von meinen Schultern abzugleiten. Ich war frei. Und ich hatte es auf eine anständige und aufrichtige Weise erreicht. Ich war nicht bitter geworden. Ich hatte nicht eine

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