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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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sagte ich freimütig. „Aber ich kenne ihn gut; ziemlich gut sogar."
    „Wenn er nicht dein Freund ist, wie kommt es dann, daß du ihn so gut kennst?" fragte er und lachte, um die harte Drohung in dieser Frage abzuschwächen.
    „Ich war im Begriff, einen Bericht über sein Leben zu schreiben, und ich kenne ihn wahrscheinlich so gut wie nur irgendeiner", erklärte ich ihm.
    „Davon habe ich schon gehört, Wright. Ha-ha. Weißt du, ich werde dich Dick nennen, he?"
    „Von mir aus.”
    „Dick", sagte er, „Ross ist ein Nationalist." Er machte eine Pause, um die Gewichtigkeit seiner Anklage tiefer in mich einsinken zu lassen. Er meinte, daß bei Ross die Kampfbereitschaft allzu extrem sei. „Wir Kommunisten betonen den Nationalismus der Neger nicht extra", sagte er in einem Ton, der zugleich lachend, anklagend und affektiert war.
    „Wie meinst du das?" fragte ich.
    „Wir machen keine Reklame für Ross." Er sprach jetzt geradeheraus.
    „Wir reden über zwei ganz verschiedene Dinge", sagte ich. „Ihr scheint euch darüber zu beunruhigen, daß ich Ross populär machen könnte, weil er euer politischer Gegner ist. Aber ich befasse mich überhaupt nicht mit seiner politischen Einstellung. Der Mann fiel mir auf als typische Verkörperung gewisser Charakterzüge des ausgewanderten Negers. Ich habe bereits eine Geschichte verkauft, der ein Ereignis aus seinem Leben zugrunde lag."
    Nealson wurde aufgeregt.
    „Was war das für ein Ereignis?" fragte er.
    „Irgendeine schwierige Lage, in die er mit dreizehn Jahren geriet." „Ach so, ich dachte, es sei etwas Politisches gewesen", sagte er achselzuckend.
    „Aber ich sage dir doch, daß du in dieser Beziehung irrst", erklärte ich. „Ich will euch mit meinem Schreiben ja gar nicht bekämpfen. Ich habe keine politischen Ambitionen. Du mußt mir das glauben. Ich versuche, das Leben der Neger zu schildern."
    „Hast du schon alles über Ross geschrieben?"
    „Nein", sagte ich. „Ich habe die Idee fallen gelassen. Unsere Parteigenossen mißtrauen mir und wollten nicht mehr sprechen." Er lachte.
    „Dick", fing er an, „wir brauchen Hilfskräfte. Wir stehen vor einer ernsten Krise."
    „Die Partei steht ständig vor einer Krise", sagte ich.
    Sein Lächeln schwand und er starrte mich an.
    „Du meinst das doch nicht etwa ironisch, Dick, was?" fragte er.
    „Nein", sagte ich. „Aber es ist wahr. Jede Woche, jeden Monat ist irgendeine Krise."
    „Du bist ein komischer Kerl", sagte er lachend und schnaufte wieder. „Aber wir haben allerhand zu tun. Wir ändern unsere Arbeitsweise. Der Faschismus ist jetzt die große Gefahr, die Gefahr für alle Menschen."
    „Ich verstehe.”
    „Wir müssen die Faschisten vernichten", sagte er und schnaufte asthmatisch. „Wir haben über dich gesprochen und wir kennen deine Fähigkeiten. Wir möchten, daß du arbeitest. Wir müssen unseren engen Arbeitsbereich durchbrechen und unsere Botschaft herantragen an die kirchlichen Kreise, die Studenten, die Klubs, die Handwerker, den Mittelstand."
    „Man hat mich mit Schimpfworten belegt", sagte ich betont ruhig. „Ist dies ein Durchbrechen des engen Arbeitsbereiches?"
    „Ist ja schon gut", sagte er.
    Er hatte das Schimpfen nicht abgeleugnet. Das bedeutete, daß – wenn ich ihm nicht gehorchen würde – das Schimpfen wieder einsetzen würde.
    „Ich weiß nicht, ob ich mich dazu eignen werde", sagte ich ganz offen. „Wir wollen dich mit einer wichtigen Angelegenheit betrauen", sagte er.
    „Was soll das sein?"
    „Wir möchten, daß du einen Ausschuß gegen die hohen Lebenshaltungskosten organisierst."
    „Die hohen Lebenshaltungskosten?" rief ich aus. „Was weiß ich denn schon davon?"
    „Das ist einfach. Du kannst es lernen."
    Ich war mitten in der Arbeit an einem Roman, und nun sollte ich Tabellen über Gemüsepreise anlegen. „Er hält nicht viel von dem, was ich zu tun versuche", dachte ich bei mir.
    „Genosse Nealson", sagte ich, „ein Schriftsteller, der noch nichts Nennenswertes geschrieben hat, ist eine höchst zweifelhafte Figur; und ich gehöre zu dieser Kategorie. Dennoch bin ich der Meinung, daß ich schreiben kann. Ich möchte keine Extrawurst haben, aber ich bin mitten in einem Buch, das ich in etwa sechs Monaten abzuschließen hoffe. Laß mich selbst zu der Überzeugung kommen, daß mein Verlangen zu schreiben unsinnig war, und dann werde ich für den Rest des Weges der eure sein."
    „Dick", sagte er, drehte seinen Stuhl herum und fuhr mit der Hand durch die Luft, als

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