Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
Vom Netzwerk:
und „seraphische Neigungen" zu bekunden, ein Ausdruck, der besagen sollte, daß man sich vom Lebenskampf zurückgezogen habe und sich als unfehlbar betrachte.
    Die schwere Arbeit den ganzen Tag über und das Schreiben die halbe Nacht hindurch brachte es dahin, daß ich eine ernsthafte Lungenentzündung bekam. Während ich krank lag, klopfte es eines Vormittags an meine Tür. Meine Mutter ließ Ed Green eintreten, den Menschen, der von mir hatte wissen wollen, welchen Gebrauch ich von dem Material zu machen gedachte, das ich bei den Genossen zusammensuchte. Ich starrte ihn von meinem Bett aus an, und ich war mir bewußt, daß er mich als geschickten und eingeschworenen Feind der Partei ansah. Bitterkeit quoll in mir auf.
    „Was willst du?" fragte ich schroff. „Du siehst, daß ich krank bin." „Ich habe eine Mitteilung von der Partei", sagte er.
    Ich hatte nicht Guten Tag gesagt, und er hatte auch keinen Versuch gemacht, es zu sagen. Er hatte nicht gelächelt und ich ebensowenig. Er blickte sich neugierig in meinem kahlen Zimmer um.
    „Das ist die Behausung eines intellektuellen Bastards", fuhr ich ihn rücksichtslos an.
    Er starrte mich an, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich konnte es nicht aushalten, ihn so steinern dastehen zu sehen. Der einfache Anstand ließ mich sagen: „Setz dich."
    Seine Schultern strafften sich.
    „Ich bin in Eile." Er sprach wie ein Offizier.
    „Was hast du mir mitzuteilen?"
    „Kennst du Buddy Nealson?" fragte er.
    Ich war mißtrauisch. War das eine politische Falle?
    „Was ist mit ihm?" fragte ich, um mir keine Blöße zu geben, ehe ich nicht die eigentliche Tatsache erkannt hatte, die es zu überwinden galt.
    „Er wünscht, dich zu besuchen."
    „Weswegen?" fragte ich, noch immer mißtrauisch.
    „Er möchte mit dir über deine Arbeit in der Partei sprechen."
    „Ich bin krank, und er kann mich erst besuchen, wenn ich wieder gesund bin", sagte ich.
    Green stand noch den Bruchteil einer Sekunde lang da, dann drehte er sich auf den Absätzen herum und ging aus dem Zimmer.
    Als meine Brust geheilt war, verabredete ich eine Zusammenkunft mit Buddy Nealson. Er war ein untersetzter Schwarzer mit ständig bereitem Lächeln, wulstigen Lippen, hinterlistig in seinem Auftreten, und mit einem schmierigen, verschwitzten Aussehen. Sein Betragen war nervös und befangen; er schien ständig eine innere Gereiztheit zu verbergen. Er sprach in kurzen, abgehackten Sätzen, gewandt von einem Gedanken zum anderen überspringend, als arbeite sein Hirn ganz ungehemmt in seinen Ideenassoziationen. Er litt an Asthma und pflegte in unerwarteten Abständen zu schnaufen. Ab und zu bekräftigte er die Flut seiner Rede durch einen Schluck aus einer Whiskyflasche. Er war um die halbe Welt gereist, und seine Unterhaltung war gespickt mit vagen Anspielungen auf europäische Städte. Ich traf mich mit ihm in seiner Wohnung, hörte ihm gespannt zu und beobachtete ihn genauestens, denn ich wußte, daß ich einem der Führer des Weltkommunismus gegenüberstand.
    „Hallo, Wright", schnaufte er, „habe schon von dir gehört."
    Als wir uns die Hand gaben, brach er in lautes, anscheinend grundloses Gelächter aus; und als er so herausplatzte, hätte ich nicht sagen können, ob seine Heiterkeit mir galt oder nur dazu war, seine Unsicherheit zu verbergen.
    „Ich hoffe, daß du Gutes von mir gehört hast", parierte ich.
    „Setz dich", lachte er wieder und bot mir einen Stuhl an. „Ja, man sagt mir, du schreibst."
    „Ich versuche es."
    „Du kannst schreiben", schnaufte er. „Ich las den Artikel, den du für die Neuen Massen über Joe Louis geschrieben hast. Tadellos. Zum erstenmal, daß wir da den Sport mal politisch angepackt finden. Ha-ha."
    Ich wartete. Ich hatte gemeint, daß ich einem Manne mit eigenen Ideen begegnen würde, aber das war er nicht. Vielleicht war er dann ein Mann der Tat? Aber auch dafür war kein Anzeichen vorhanden.
    „Ich hörte, daß du ein Freund von Ross bist", schoß er plötzlich auf mich los.
    Ich zögerte mit der Antwort. Er hatte mich nicht direkt gefragt, sondern in einem neutral neckenden Ton eine Anspielung gemacht. Ross, so hatte man mir gesagt, stand auf Grund seiner Opposition auf der Liste der aus der Partei Auszustoßenden; und wenn mich ein Mitglied der Kommunistischen Internationale nun fragte, ob ich der Freund eines Mannes sei, der kurz vor dem Ausschluß stand, so war das die indirekte Frage nach meiner Loyalität.
    „Ross ist kein ausgesprochener Freund von mir",

Weitere Kostenlose Bücher