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Ein Grieche im 7. Himmel

Ein Grieche im 7. Himmel

Titel: Ein Grieche im 7. Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Folsom
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Seelen schon seit Stunden, wenn nicht gar seit Tagen an.
    Hermes drückte sich an dem Eisverkäufer vorbei und ging weiter. Er könnte natürlich mit seinen geflügelten Sandalen über sie hinwegfliegen, aber das würde Aufmerksamkeit auf ihn lenken, und das war das Letzte, was er wollte.
    Aus der Entfernung hörte er rhythmische Anfeuerungsrufe, aber er konnte die Worte nicht ausmachen, und seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als ihm der Geruch von Bier in die Nase stieg. Er drehte seinen Kopf und wollte seinen Augen zuerst nicht trauen. War das ein irisches Pub, das nur ein paar Meter vom Dock entfernt aus dem Boden gestampft worden war? Er blinzelte, aber er halluzinierte nicht. Aus Treibholz hatten die Iren eine klapprige Hütte gezimmert und ein Kleeblatt über die Tür gemalt. Davor nahmen einige Chinesen Wetten an. Die Gewinnchancen standen auf einer Tafel hinter ihnen. Hermes schaute genauer hin. Offensichtlich standen die Chancen, dass die Fähre in der nächsten Stunde ablegen würde, bei hundert zu eins. Die Gewinnchancen, dafür, dass sie in den nächsten fünfzehn Stunden ablegen würde, war etwas besser: vierunddreißig zu eins. Aber auf jeden Fall gingen die Buchmacher davon aus, dass der Streik in den nächsten zwei bis drei Tagen beendet sein würde. Die Chancen dafür waren zwei zu eins.
    Neben dem irischen Pub standen mobile Toiletten und ein Schild warnte: Nicht in den Styx pinkeln.
    Ach ja, das Schild hatten sicher die Deutschen aufgestellt.
    Als er daran vorbeiging, wurden die Anfeuerungsrufe, die er vorher gehört hatte, lauter, und jetzt konnte er sehen, woher sie kamen. Eine große, zweistöckige Fähre war an dem neugebauten Fährterminal angedockt. Vor Jahren war es noch ein altes, klappriges Holzdock gewesen, das Gefahr gelaufen war, zusammenzubrechen, wenn sich zu viele Seelen darauf drängten, um auf die Fähre zu gelangen.
    An Deck hielten ein Dutzend Männer Schilder hoch, auf denen Streik stand. Sie gingen im Kreis und antworteten rhythmisch auf die Fragen ihres Anführers, der diese über ein Megafon hinausschrie.
    „Was wollen wir?“
    „Mehr Urlaub!“, riefen die Arbeiter im Einklang.
    „Wann wollen wir ihn?“
    „Jetzt!“
    „Was wollen wir?“, wiederholte der Anführer.
    „Mehr Geld!“
    „Wann wollen wir es?“
    „Jetzt!“
    Hermes verdrehte die Augen und ging zum Anfang der Schlange. Ein Arm schlug ihm gegen die Brust und drängte ihn zurück.
    „Zurück in die verfluchte Schlange!“, schrie ein Mann mit britischem Akzent.
    Hermes schob den Arm des Mannes von seinem Oberkörper und blickte den Mann wütend an. „Wer glauben Sie, dass Sie sind?“
    Der Idiot konfrontierte ihn direkt. „Ich bin der Aufpasser. Also stellen Sie sich verdammt noch mal wieder an!“
    „Wissen Sie, wer ich bin?“, presste Hermes zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und deutete dann auf seine Schuhe.
    Der selbsternannte Aufpasser sah zu ihnen hinab und wich sofort einen Schritt zurück. „Es tut mir leid, Sir, ich habe Sie nicht erkannt. Entschuldigung. Gehen Sie bitte weiter“, winselte er.
    Hermes drückte sich an ihm vorbei.
    „Und passen Sie auf, dass Sie nicht in den Spalt treten!“, fügte er hinzu und zeigte auf einen ziemlich großen Spalt zwischen den Überresten des alten Docks und dem neuen Dock.
    „Halt!“
    Hermes starrte auf zwei bärenstarke blonde Männer, die ihm den Weg versperrten. Sie standen so gerade da, als hätten sie einen Besen verschluckt, und ihre Oberkörper waren wie bei einem Truthahn aufgeplustert.
    „Identifizieren Sie sich!“, verlangte einer von ihnen mit starkem deutschen Akzent.
    „Hermes, Götterbote, Patron der Diebe, des Handels und der Reisenden, Sie kennen den Rest.“
    Die beiden Deutschen salutierten. „Willkommen, Herr Hermes!“
    „Rühren Sie sich!“, befahl er.
    Die deutschen Wachen machten die Beine etwas breiter und sahen dabei auch nicht entspannter aus als zuvor. Hermes verkniff es sich, die Augen zu verdrehen – diese übereifrigen Bulldoggen würden so ein Benehmen nicht zu schätzen wissen.
    „Was geht hier vor sich?“ Er blickte auf das Namensschild auf der Uniform. „Hans Eins?“
    „Wir dürfen niemanden auf die Fähre lassen. Sie wurde noch nicht sauber gemacht.“
    „Sicher macht ein wenig Dreck diesen Leuten nichts aus.“ Er machte eine Geste in Richtung der Menge. Keiner von ihnen hatte besonders sauber ausgesehen, als er an ihnen vorbeigegangen war.
    „Unser Niveau muss eingehalten werden“,

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