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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Tränen vergoß: Plötzlich tat er mir doch sehr leid … Alphonsinkas kleines Hündchen überschlug sich in einem feinen, wie Glöckchen klingenden Gekläff und wäre am liebsten vom Sofa aus mir an den Hals gesprungen. Von diesem winzigen Hündchen hatte er sich seit dem Tag, da er es erwarb, nicht mehr getrennt und schlief sogar mit ihm zusammen.
    » Oh, je disais qu’il a du cœur !« rief er Anna Andrejewna zu und deutete dabei auf mich.
    »Aber wie gut Sie sich erholt haben, Fürst, Sie sehen ja ganz prächtig aus, frisch und gesund!« bemerkte ich. O weh! Gerade das Gegenteil war der Fall: Er war eine Mumie, und ich hatte es nur gesagt, um ihn aufzumuntern.
    » N’est-ce pas, n’est-ce pas ?« wiederholte er freudig. »Oh, meine Gesundheit hat sich erstaunlich gebessert.«
    »Dann nehmen Sie auch Ihren Tee, und wenn Sie auch mir eine Tasse anbieten, so werde ich ihn gern mit Ihnen zusammen trinken.«
    »Das wäre ja wunderbar! ›Wir werden trinken und genießen …‹ oder wie heißt es noch, es gibt da so ein Gedicht. Anna Andrejewna, geben Sie ihm einen Tee, il prend toujours par les sentiments  … Reichen Sie uns den Tee, meine Liebe.«
    Anna Andrejewna reichte uns den Tee, wandte sich aber plötzlich mir zu und begann außerordentlich feierlich:
    »Arkadij Makarowitsch, ich und mein Wohltäter, Fürst Nikolaj Iwanowitsch, haben bei Ihnen Zuflucht gesucht. Ich will damit sagen, daß wir zu Ihnen gekommen sind, zu Ihnen allein, und suchen beide um Asyl nach. Bedenken Sie, daß fast das ganze Schicksal dieses heiligen, dieses edelmütigsten und tiefgekränkten Menschen in Ihrer Hand liegt … Wir erwarten eine Entscheidung Ihres gerechten Herzens!«
    Aber sie konnte nicht zu Ende sprechen; der Fürst erschrak so sehr, daß er vor Angst beinahe schlotterte:
    » Après, après, n’est-ce pas? Chère amie! « wiederholte er mit flehentlich erhobenen Händen.
    Ich kann es kaum in Worte fassen, wie unangenehm ihre Herausforderung auch auf mich wirkte. Ich ging nicht darauf ein und begnügte mich nur mit einer kühlen und gemessenen Verbeugung; darauf setzte ich mich an den Tisch und wechselte sogar absichtlich das Thema, begann, lauter dummes Zeug zu erzählen, zu lachen und Witze zu machen; der Alte war mir augenscheinlich dankbar und ließ sich entzückt erheitern. Aber seine Heiterkeit, wenn auch noch so entzückt, war offenkundig nicht von langer Dauer und ließ befürchten, daß sie von einem Moment zum anderen der Niedergeschlagenheit weichen würde; das war auf den ersten Blick deutlich.
    »Cher enfant, ich habe gehört, du wärest krank gewesen … Ah, pardon! Ich habe gehört, du hättest dich die ganze Zeit mit Spiritismus beschäftigt?«
    »Nicht einmal im Schlaf«, lächelte ich.
    »Nein? Aber wer hat mir denn von Spi-ri-tis-mus erzählt?«
    »Der hiesige Beamte, Pjotr Ippolitowitsch, hat Ihnen vorhin davon erzählt«, erklärte Anna Andrejewna. »Er ist ein sehr lustiger Mensch und kennt eine Menge Witze; möchten Sie, daß ich ihn rufe?«
    » Oui, oui, il est charmant  … er kennt eine Menge Witze, aber wir wollen ihn lieber später rufen. Wir werden ihn später rufen, er wird uns alles erzählen; mais après. Stell dir vor, vorhin deckte man hier den Tisch, und da sagte er: Seien Sie unbesorgt, der fliegt nicht weg, wir sind keine Spiritisten. Stimmt es, daß bei den Spiritisten Tische durch die Luft fliegen?«
    »Das weiß ich wirklich nicht; man sagt, sie sollen sich mit sämtlichen Beinen in die Luft erheben.«
    » Mais c’est terrible ce que tu dis «, er warf mir einen erschrockenen Blick zu.
    »Oh, machen Sie sich keine Gedanken, das ist doch alles Unsinn.«
    »Das sage ich auch. Nastassja Stepanowna Solomejewa … du kennst sie ja … ach nein, du kennst sie ja gar nicht … stell dir vor, sie glaubt auch an den Spiritismus, und, stellen Sie sich vor, chère enfant«, er wandte sich zu Anna Andrejewna, »was ich ihr eines Tages gesagt habe: In den Ministerien stehen doch auch Tische, und auf ihnen liegen doch Beamtenhände – bis zu acht Paar –, die lauter Papiere schreiben – warum tanzen denn da nicht die Tische? Stell dir das doch vor, wenn die plötzlich tanzen würden! Der Aufstand der Tische im Finanzministerium oder im Ministerium für Volksbildung – das fehlt uns noch!«
    »Was für reizende Dinge Sie zu sagen wissen, Fürst, ganz wie früher«, sagte ich, aufrichtig bemüht, möglichst natürlich zu lachen.
    » N’est-ce pas? Je ne parle pas trop, mais je

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