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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Also, auf Wiedersehen; mit Gewalt kann man keinem lieb werden. Ich erlaube mir nur noch eine einzige Frage: Hast du wirklich vor, den Fürsten zu verlassen?«
    »Aha, ich habe ja gewußt, daß Sie eine bestimmte Absicht verfolgen …«
    »Das heißt, du hast den Verdacht, ich sei gekommen, um dich zu bewegen, beim Fürsten zu bleiben, weil das für mich vorteilhaft wäre. Aber, mein Freund, glaubst du vielleicht auch, daß ich dich aus Moskau um irgendeines eigenen Vorteils willen hierhergeholt hätte? Oh, wie bist du mißtrauisch! Mir geht es, ganz im Gegenteil, nur um dich, und ich wünsche dir alles erdenkliche Gute. Und ich wünsche sogar, daß du jetzt, da sich meine Verhältnisse so gebessert haben, uns, deiner Mutter und mir, gestattest, dir wenigstens hin und wieder zu helfen.«
    »Ich liebe Sie nicht, Werssilow.«
    »Sogar ›Werssilow‹. Ich bedaure sehr, daß es mir nicht möglich war, diesen Namen weiterzugeben, denn eigentlich besteht nur darin meine ganze Schuld, wenn es überhaupt eine Schuld ist? Nicht wahr? Denn ich konnte doch wiederum nicht eine Verheiratete heiraten; das mußt du doch einsehen.«
    »Das war auch wahrscheinlich der Grund, warum Sie eine Unverheiratete heiraten wollten?«
    Ein leichtes Zucken lief über sein Gesicht.
    »Du redest von Bad Ems. Gib acht, Arkadij, du hast dir unten denselben Ausfall erlaubt, wobei du in Anwesenheit deiner Mutter mit dem Finger auf mich zeigtest. Du mußt wissen, daß du gerade hier danebengegriffen hast. Von der Geschichte der verstorbenen Lidija Achmakowa weißt du rein gar nichts. Du weißt auch nicht, wie sehr deine Mutter persönlich an dieser Geschichte beteiligt war, obwohl sie sich dort nicht bei mir aufhielt; und wenn ich je eine gütige Frau gesehen habe, so war es damals deine Mutter. Aber genug; das alles ist einstweilen noch ein Geheimnis, aber du – du plapperst es ahnungslos einfach nach.«
    »Ausgerechnet heute sagte der Fürst, Sie seien ein Liebhaber von Backfischen.«
    »Das hat der Fürst gesagt?«
    »Ja, hören Sie, wenn Sie wünschen, sage ich Ihnen ganz genau, warum Sie jetzt zu mir gekommen sind. Ich habe die ganze Zeit dagesessen und mich gefragt: Worin besteht das Geheimnis dieses Besuchs, und bin jetzt, wie es scheint, endlich dahintergekommen.«
    Er war schon an der Tür, blieb aber stehen und wandte mir erwartungsvoll den Kopf zu.
    »Vorhin ist mir entschlüpft, daß Touchards Brief an Tatjana Pawlowna, der unter die Papiere Andronikows geraten war, nach seinem Tod in Moskau bei Marja Iwanowna landete. Ich habe gesehen, daß plötzlich etwas in Ihrem Gesicht zuckte, und bin erst eben, als es noch einmal ebenso in Ihrem Gesicht zuckte, dahintergekommen: Sie haben sich vorhin, unten, blitzartig gefragt, warum, wenn schon ein Brief Andronikows bei Marja Iwanowna gelandet ist, warum sollte dann nicht ein anderer auch dort gelandet sein? Und in Andronikows Nachlaß konnten sich doch sehr wichtige Briefe finden, oder? Nicht wahr?«
    »Also kam ich zu dir mit der Absicht, dich zum Reden zu bringen, damit du etwas ausplauderst?«
    »Das wissen Sie am besten.«
    Er wurde kreidebleich.
    »Darauf bist du nicht selbst gekommen; dahinter steckt eine Frau; und schon dieser Haß in deinen Worten – und dein plumper Verdacht!«
    »Eine Frau? Und diese Frau habe ich ausgerechnet heute gesehen! Vielleicht wollen Sie mich gerade deswegen beim Fürsten lassen, um ihr nachzuspionieren?«
    »Ich sehe jedenfalls, daß du auf deinem neuen Weg außerordentlich weit kommen wirst. Ist das etwa ›deine Idee‹? Fahre nur fort, mein Freund, du hast das unbezweifelbare Talent zu einem Detektiv. Ein Talent ist dazu da, um es zu entwickeln.«
    Er verstummte, um Atem zu holen.
    »Geben Sie acht, Werssilow, machen Sie mich nicht zu Ihrem Feind!«
    »Mein Freund, in solchen Fällen spricht man die letzten Gedanken nicht aus, sondern behält sie für sich. Und nun leuchte mir, ich bitte dich darum. Du bist zwar mein Feind, aber doch nicht so weit, um zu wünschen, daß ich mir den Hals breche. Tiens, mon ami , stell dir vor«, fuhr er im Hinuntergehen fort, »ich habe dich doch diesen ganzen Monat lang für gutmütig gehalten. Du willst so sehr leben und dürstest so sehr nach Leben, daß, schenkte man dir auch drei Leben, diese für dich nicht reichen würden: Das ist dir ins Gesicht geschrieben; na ja, allerdings sind solche Menschen meistens gutmütig. Und wie sehr habe ich mich getäuscht!«
    IV
    Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sich mein Herz

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