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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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seine Wünsche ohne alle Scheu vorzubringen, sogar möglichst kritisch. Als Garantie gab ich ihm mein Ehrenwort, daß er, falls meine Bedingungen nicht konvenierten, nämlich die dreitausend und der Freibrief (selbstverständlich für ihn und seine Frau) und die Freizügigkeit nach allen vier Himmelsrichtungen (selbstverständlich ohne die Frau), es mir nur zu sagen brauche, und ich würde ihm sofort den Freibrief aushändigen, einschließlich seiner Frau, den beiden eine Belohnung aussetzen, dieselben dreitausend, wie ich mich erinnere, und dann müßten nicht sie in alle vier Himmelsrichtungen hinausziehen, sondern ich selbst würde sie verlassen und für drei Jahre nach Italien gehen, mutterseelenallein. Mon ami, ich hätte Mademoiselle Saposchkowa nicht nach Italien mitgenommen, dessen kannst du sicher sein: Ich war außerordentlich rein in jenen Minuten. Und nun? Dieser Makar verstand ausgezeichnet, daß ich tun würde, was ich sagte; aber er schwieg nach wie vor, und erst, als ich schon soweit war, zum dritten Mal an seine Schulter zu sinken, wich er zurück, winkte ab und verließ das Zimmer sogar mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit, das versichere ich dir, die mich damals sogar in Erstaunen setzte. Ich hatte mich damals flüchtig im Spiegel gesehen und kann mein Spiegelbild nicht vergessen. Überhaupt sind sie am schlimmsten, wenn sie nichts sagen, und er war ein düsterer Charakter, und ich gebe zu, daß ich ihm nicht nur nicht traute, als ich ihn ins Kabinett rufen ließ, sondern mich sogar schrecklich vor ihm fürchtete: In diesem Milieu gibt es Charaktere, und zwar entsetzlich viele, die die Verkörperung der Unanständigkeit darstellen, und davor fürchtet man sich mehr als vor Prügel. Sic. Oh, dieses Risiko, dieses Risiko! Was wäre zum Beispiel gewesen, wenn er über den ganzen Hof gebrüllt, geheult hätte, dieser ländliche Uria  – was wäre damals mit mir gewesen, dem kleinwüchsigen David; und wie hätte ich mir damals helfen können? Das war es, weswegen ich als Avantgarde diese dreitausend vorgeschoben habe, rein instinktiv, aber ich hatte mich glücklicherweise geirrt: Dieser Makar Iwanowitsch war etwas ganz anderes …«
    »Sagen Sie, hatte Sie schon gesündigt? Vorhin sagten Sie, Sie hätten den Mann noch vor der Sünde zu sich kommen lassen.«
    »Das heißt, verstehst du, es kommt auf die Auslegung an …«
    »Das heißt, danach. Sie sagten eben, Sie hätten sich in ihm geirrt, es sei ganz anders abgelaufen; was war denn anders?«
    »Was es eigentlich war, weiß ich bis heute nicht. Aber es war irgendwie anders, und weißt du, sogar höchst anständig; das schließe ich daraus, daß es mir am Ende in seiner Gegenwart dreimal peinlich war. Er willigte gleich am nächsten Tag ein, sich auf die Wanderschaft zu begeben, ohne viel Aufhebens, aber selbstverständlich ohne auch nur eine der von mir in Aussicht gestellten Belohnungen zu vergessen.«
    »Hat er das Geld genommen?«
    »Und ob! Weißt du, mein Freund, in diesem Punkt hat er mich vollkommen überrascht. Ich hatte damals keine dreitausend in bar, aber ich trieb siebenhundert Rubel auf und habe sie ihm als Vorschuß ausgehändigt, und was kam dann? Die restlichen zweitausenddreihundert forderte er in Form eines Schuldscheins, sicherheitshalber auf den Namen eines Kaufmanns ausgestellt. Später, nach zwei Jahren, forderte er diesen Schuldschein gerichtlich von mir ein, und zwar mit Prozenten, womit er mich wiederum verblüffte, zumal er buchstäblich für den Bau eines Gotteshauses betteln ging und seither schon zwanzig Jahre bettelt. Ich verstehe nicht, warum ein Pilger so viel Geld braucht … Geld ist doch eine dermaßen weltliche Angelegenheit. Ich hatte es ihm im ersten Augenblick von ganzem Herzen und voller Elan angeboten, aber später, nachdem viele Augenblicke verstrichen waren, hätte ich es mir natürlich anders überlegen können … Und ich rechnete darauf, daß er sich mir gegenüber wenigstens nachsichtig zeigen würde … Oder, besser gesagt, daß er uns, uns beiden gegenüber Nachsicht üben, wenigstens warten würde. Aber er wollte sich nicht einmal gedulden.«
    (Hier ein notwendiges Notabene: Wenn meine Mutter den Herrn Werssilow überleben sollte, würde sie auf ihre alten Tage buchstäblich ohne eine einzige Kopeke zurückbleiben, wenn nicht diese dreitausend Rubel Makar Iwanowitschs wären, die sich durch die Prozente längst verdoppelt haben müssen, die er ihr voll und ganz, bis zum letzten Rubel, im

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