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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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wir nicht. Nachdem wir keine Spur von Thomas gefunden hatten und uns niemand weiterhelfen konnte, beschlossen wir, nach London zu fahren. Ich wusste, dass Thomas einen Cousin namens Jonathan hatte, der in London wohnte. Thomas hatte mir zu verstehen gegeben, dass er und sein Cousin sich nicht besonders gut vertrugen. Sie hatten Streit. Ich überlegte, trotzdem mit ihm in Kontakt zu treten. Doch als wir hier ankamen, im Hotel, fand ich am Schwarzen Brett eine Karte, die eine Detektivagentur empfahl. Ich zögerte noch eine Weile, doch schließlich beschloss ich, mich zuerst zu erkundigen, ob sie mir dort helfen konnten. Das habe ich Ihnen alles schon erklärt, Inspector Ross!«
    »Das haben Sie in der Tat, Madame«, pflichtete ich ihr bei. »Verraten Sie mir doch eines. Als Sie in Harrogate waren, dachten Sie nicht daran, die Anwaltskanzlei von Newman und Thorpe aufzusuchen, die Firma, die sämtliche geschäftlichen Angelegenheiten Ihres Ehemannes regelte?«
    »Ich wusste nichts von Newman und – wem?«
    »Thorpe, Madame.«
    »Ich wusste nichts von dieser Kanzlei.« Sie runzelte die Stirn. »Das ist ein großes Ärgernis. Hätte ich etwas davon gewusst, wäre ich selbstverständlich zu ihnen gegangen.«
    »Hätten Sie sich in Harrogate als Ehefrau von Thomas Tapley zu erkennen gegeben, hätte man sie vielleicht an die Kanzlei verwiesen«, sagte ich mit leisem Vorwurf.
    »Auch in diesem Fall, Inspector, ist man hinterher klüger«, lautete die unterkühlte Antwort. »Es war ein Fehler, wie mir nun bewusst wird, mich in Harrogate nicht als Mrs. Tapley zu erkennen zu geben. Was nichts an der Tatsache ändert, dass ich es nicht getan habe.«
    Sie erhob sich von ihrem Stuhl. »Gibt es sonst noch etwas, das Sie zu wissen wünschen?«
    »Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns zu sagen wünschen, Madame?«, erwiderte Dunn höflich.
    »Nein!«, lautete ihre schroffe Antwort. »Ich darf Sie daran erinnern, dass ich frisch verwitwet bin. All das ist sehr erschütternd für mich. Ich würde gerne in mein Hotel zurückkehren und mich ausruhen. Vor mir liegt das Martyrium der Beerdigung meines lieben Ehemannes. Mehr noch, dieser Major Griffiths wird ebenfalls dort sein, wie er gesagt hat!«
    »Bevor Sie gehen, Madame«, sagte ich, »wäre es da vielleicht möglich, all das, was Sie uns gesagt haben, noch einmal in Form einer schriftlichen Aussage festzuhalten und zu unterschreiben? Ich rufe meinen Sergeant.«
    »Sie sind impertinent!«, schnappte sie. »Eine schriftliche Aussage von mir zu verlangen, Dinge zu unterschreiben, und das unter diesen Umständen, in einer Zeit wie dieser, das … das ist nicht nur unhöflich, sondern unnötig und nicht nach Art eines Gentlemans! Aber wir haben bereits Ihren Mangel an Umgangsformen diskutiert, Inspector.«
    »Ich fürchte, ich habe Ihr Wohlwollen endgültig verloren, Madame, und das tut mir aufrichtig leid. Aber so ist das nun einmal mit der Polizeiarbeit. Es lässt sich nicht ändern«, sagte ich zerknirscht.
    In diesem Moment geschah etwas Außergewöhnliches. Ich hätte schwören können, sie sah für einen Moment so aus, als hätte sie beinahe aufgelacht. Das tat sie natürlich nicht, doch sie bedachte mich mit einem komischen Blick, als sie an mir vorbeirauschte, und ich grinste ihr dümmlich hinterher.
    »Hören Sie auf zu grinsen wie ein Honigkuchenpferd, Ross!«, befahl Dunn, als Victorine Guillaume zusammen mit Morris gegangen war. »Sie werden hier nicht mit der Lady flirten, hören Sie?«
    »Nein, Sir, gewiss nicht. Es ist nur, sie hat so eine Art, einen auf dem falschen Fuß zu überraschen.«
    »Hmmm«, brummte Dunn. »Hat sie die Wahrheit erzählt?«
    »Ah, Sir, das ist so eine Sache. Sie ist keine ausgesprochene Lügnerin«, sagte ich. »Das heißt, sie lügt nicht, soweit wir irgendetwas beweisen können. Aber sie lässt die Wahrheit nur in kleinen Happen heraus und auf eine Weise, die sie ganz anders erscheinen lässt als das, was wir vorher in Erfahrung gebracht haben! Sie hält ein Prisma vor die Fakten. Sie teilen sich auf und werden verwirrend! Man weiß nicht mehr mit Bestimmtheit, was man vor sich hat!«
    »Also sind wir auf dem Holzweg? Sind wir am Ende nur dickköpfige Polizisten?«
    »Sie verleiht mir zumindest das Gefühl, ein dickschädeliger Polizist zu sein«, gestand ich. »Manchmal glaube ich, sie spielt eine Art Spiel mit mir.«
    »Ross! Ich muss Sie wohl nicht daran erinnern, dass Sie ein verheirateter Mann sind, dazu ein Gesetzesbeamter und obendrein

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