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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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war zum fraglichen Zeitpunkt Teil des Hauses. Wir wissen noch nicht genau, wie der Mörder ins Haus gekommen ist. Wir müssen dieses Schloss untersuchen.«
    »Dieses Schloss hat er nicht geknackt«, sagte der Schlosser und hielt den Sack hoch. »Dieses Schloss ist ein Bramah. Das kriegt man nur mit einem passenden Schlüssel auf. Es ist das Beste, was man kaufen kann, das wird Ihnen jeder in diesem Handwerk bestätigen.«
    »Tatsächlich?«, hakte ich nach.
    »Ja, tatsächlich«, erwiderte der Schlosser. »Vor ein paar Jahren hat mal einer eins geknackt, oder zumindest wollte er, aber er hat Stunden über Stunden gebraucht. Und niemand hat es gesehen. Es war ein Spezialschloss, das die Firma in einem Schaufenster ausgestellt hatte. Sie hatten demjenigen zweihundert Pfund Belohnung versprochen, dem es gelang, es zu knacken. Da sehen Sie, was der Firma das Goldstück wert war. Dieser Kerl also hat sich daran versucht, und nach einer Ewigkeit hat er es endlich auf. Aber niemand war dabei, he? Deshalb weiß auch niemand, wie er es gemacht hat. Vielleicht hat er es geknackt, vielleicht aber auch nicht. Ich für meinen Teil kenn mich aus mit Schlössern, und ich könnt ein solches Schloss, wie ich es aus der Haustür der Lady ausgebaut hab, nicht aufbringen«, fügte der Schlosser hinzu.
    »Nun lassen Sie es einfach da«, ordnete Mrs. Jameson an und unterbrach damit den Strom an Informationen, den ich eigentlich recht interessant fand.
    Der Schlosser zuckte die Schultern, stellte den Sack mit dem alten Schloss auf den Boden und trottete davon. Ich kritzelte eine Quittung und händigte sie der Witwe aus. »Das ist doch nicht nötig«, murmelte sie.
    »Die Dienstvorschrift verlangt, Ma’am, dass ich Ihnen eine Quittung ausstelle, sobald ich etwas vom Tatort an mich nehme.«
    Mrs. Jameson hielt große Stücke auf Vorschriften. Sie sagte, sie wolle den Tag bei einer Freundin verbringen, die ebenfalls der Quäkergemeinde angehörte. Im Austausch gegen die Quittung über das alte Schloss gab sie mir einen Zettel mit der Adresse ihrer Freundin. Ich dankte ihr für ihre Hilfe und ihre Geduld. Dann brach die Witwe mit Jenny im Gefolge auf.
    Im Vorbeigehen flüsterte mir Jenny zu: »Ich bin froh, dass wir den Tag woanders verbringen, Sir. Ich fühl mich nicht mehr wohl in diesem Haus. Ich krieg regelrecht Gänsehaut. Bei jedem kleinen Geräusch springe ich auf. Ich weiß nicht, wie ich dort jemals wieder ein Auge zutun soll. Ich kann nicht mal meiner Arbeit nachgehen, ohne alle zwei Minuten über die Schulter zu schauen.«
    Wie ich bereits vermutet hatte, würde sich Jenny wohl bald mit ihren Quäker-Referenzen im Gepäck eine neue Anstellung suchen.
    »Solltest du in den nächsten Wochen von hier fortgehen, musst du uns deine neue Anschrift mitteilen«, informierte ich sie. »Möglicherweise brauchen wir dich noch.«
    »Warum denn das?«, empörte sich Jenny.
    »Es ist Vorschrift«, versicherte ich ihr.
    »Wenn ich eine neue Stelle habe, wird meine neue Missus wenig begeistert sein, wenn ich meine Arbeit antrete und im selben Moment die Polizei in der Tür steht!«, protestierte Jenny völlig zu Recht.
    »Dann schlage ich vor, du bleibst hier, bis wir unsere Ermittlungen abgeschlossen haben.«
    Jenny verdrehte die Augen. In diesem Moment rief die Witwe nach ihr, und sie eilte ohne ein weiteres Wort davon.
    »Sie wird bei der Witwe bleiben, wenigstens für die nächsten Wochen«, bemerkte Morris, der dem Gespräch gelauscht hatte. »Sie hat gar keine andere Wahl. Jedermann weiß, dass sie aus einem Haus kommt, in dem die Polizei ermittelt. Es wirft gewissermaßen einen Schatten auf sie. Sie wird so schnell keine neue Stelle finden. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu warten, bis sich alles ein wenig beruhigt hat.«
    Wir hatten nun das Haus für uns alleine und gingen nach oben, um Tapleys Zimmer gründlich zu durchsuchen.
    »Der Brief, Morris, von Tapleys Vermieterin in Southampton, er muss hier irgendwo sein. Der Superintendent hat Recht, wenn er sagt, dass Tapley ihn vermutlich aufbewahrt hat. Den fehlenden Haustürschlüssel suchen wir ebenfalls. Sollte der Mörder ihn an sich genommen haben, so kann er ihn jetzt nicht mehr benutzen, aber ich möchte es doch zumindest wissen.«
    Wir suchten unter den Teppichen. Wir zogen Schubladen heraus und sahen nach, ob irgendetwas auf die Rückseite geklebt worden war. Schließlich fanden wir den Brief dort, wo Tapley ihn am wahrscheinlichsten verstecken würde … im

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