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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Gesicht zu einem freudlosen Lächeln. »Ja, Inspector, es ist ein wunderschönes Stück. Malayische Handwerkskunst. Ich habe ihn immer dabei. Doch ich habe ihn nicht benutzt, um meinem Cousin den Schädel einzuschlagen. Guten Tag, Inspector. Bis um fünf Uhr.«
    Er schritt davon, und ich sah, wie er ein weiteres Mal den Stock erhob, diesmal um eine Kutsche anzuhalten.
    Bis zu meinem Termin mit Jonathan Tapley waren es nur wenig mehr als zwei Stunden, und ich gab mein Bestes. Ich versuchte so viel wie möglich über Jonathan Tapley und alle anderen Mitglieder der Familie herauszufinden. Ich schickte Sergeant Morris zum Somerset House und begab mich zur nächstgelegenen Bibliothek. Kurz bevor ich mich auf den Weg zu Tapleys Kanzlei aufmachte, trafen wir uns und tauschten kurz aus, was wir an Informationen zusammengetragen hatten.
    Der Rechtsanwalt war mühelos in den Adressbüchern ausfindig zu machen. Er war der Sohn eines Colonels der Foot Guards der Britischen Armee. Geboren im Jahr 1819, war er zum jetzigen Zeitpunkt, im Frühling des Jahres 1868, zweiundfünfzig Jahre alt. Vielleicht, spekulierte ich müßig, hatte der Soldatenvater seinen Teil dazu beigetragen, Napoleons Ambitionen auf dem Schlachtfeld von Waterloo zunichtezumachen, um sich hernach in Friedenszeiten als verheirateter Familienvater niederzulassen.
    Wie dem auch sein mochte, nach einem Studium in Oxford hatte Jonathan Tapley unermüdlich an seiner juristischen Karriere gearbeitet. Im Jahre 1846 hatte er eine gewisse Maria Harte geheiratet. Über die Heirat existierten keine weiteren Aufzeichnungen. Seine Londoner Adresse befand sich am Bryanston Square. Des Weiteren besaß er einen Landsitz in Buckinghamshire. Mr. Jonathan Tapley Q. C. war ein ebenso erfolgreicher wie wohlhabender Mann. Hatte er sein Vermögen geerbt, hatte er es im Verlauf seiner erfolgreichen Karriere als Anwalt verdient, oder hatte er, wie man so schön sagt, in Geld hineingeheiratet?
    Sein Cousin Thomas war ein ganz anderes Kaliber. Ich fand keinerlei Hinweise auf ihn. Sein Geburtsdatum war womöglich im Taufverzeichnis der Gemeinde aufgezeichnet, in der er geboren war. Doch ich hatte keine Ahnung, wo das war; das Datum lag weit vor der gesetzlichen Bestimmung, dass alle Geburten bei einer offiziellen Behörde registriert werden mussten. Er war in keinem der öffentlichen Verzeichnisse juristischer, ärztlicher oder geistlicher Berufe geführt und erschien auch in keiner Liste des Militärs oder der Marine.
    Morris war um einiges erfolgreicher gewesen als ich. Er hatte zwar ebenfalls kein Geburtsdatum gefunden, doch in den Aufzeichnungen von Somerset House hatte er Einzelheiten über eine Hochzeit im Jahre 1848 gefunden, zwischen Thomas Tapley, Gentleman, wohnhaft in Harrogate, und Eulalia Sanders, Tochter von Alexander Sanders, Gentleman. Die Hochzeit hatte in Harrogate stattgefunden. Handelte es sich hierbei um unseren Thomas Tapley oder nur um einen Namensvetter? Jonathan konnte mir mehr dazu erzählen. Morris hatte bei seinen intensiven Nachforschungen in Harrogate auch einen Eintrag über ein kleines Mädchen namens Flora Jane entdeckt, geboren 1848 als Tochter von Thomas Tapley, Gentleman, und seiner Ehefrau Eulalia. Er hatte keinen Hinweis über weitere aus dieser Ehe entsprungene Kinder gefunden.
    »Die Sache wird allmählich interessant, Morris!«, rief ich aus. »Mag sein, dass wir der falschen Fährte nachjagen, doch wenn dieser Thomas Tapley mit unserem Ermordeten identisch ist, wo sind dann heute seine Frau und sein Kind?«
    »Wahrscheinlich ist er abgehauen und hat sie im Stich gelassen«, entgegnete Morris, dessen Erfahrungen als Polizeibeamter dazu geführt hatten, dass seine Meinung in Bezug auf die menschliche Natur stark gelitten hatte.
    »Wir werden sehen …«, erwiderte ich, setzte meinen Hut auf und machte mich auf den Weg.
    Der Bürovorsteher von Tapleys Kanzlei war ein nichtssagender Zeitgenosse, dessen Hautfarbe den Eindruck entstehen ließ, dass er nur selten ans Tageslicht kam. Er trug einen Kneifer, den er abnahm und in der Hand hielt, während er mich in Tapleys Bau führte.
    »Inspector Ross ist da, Sir«, kündigte er mich mit einer Stimme an, die ebenso trocken war wie der Rest von ihm.
    Tapleys Arbeitszimmer war komfortabel eingerichtet. Im Stillen verglich ich den Raum mit meinem Büro im Yard, einem Produkt übertriebener polizeilicher Sparsamkeit. Im Kamin knisterte ein Feuer. Zwei lederbezogene Sessel standen zu beiden Seiten davon, und

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