Ein guter Jahrgang-iO
Weinkeller...«
»Gut, gut. Das ist immer ein überaus begehrtes Zubehör.« »...eine Reihe von Mansardenzimmern, die sich über den gesamten dritten Stock des Hauses erstreckten...«
»Nix Mansarden, Max. Gesindekammern«, murmelte Charlie. »Ausgezeichnet. Genug Dienstbotenquartiere für die schrullige Kammerfrau und den Butler.«
»...außerdem ein halbes Dutzend Schlafzimmer und zwei oder drei Badezimmer, glaube ich. Ach ja, und einen Gras-Tennisplatz und separate Nebengebäude, Scheunen oder Ställe und dergleichen. Einen Hof mit einem alten Springbrunnen.«
»Ich sehe es regelrecht vor mir. Klingt, als wäre es ein imposantes altes Herrenhaus. Wie ist der allgemeine Zustand der Bausubstanz und der Schmuckelemente? Einigermaßen gut in Schuss? War in den letzten hundert Jahren oder so mal ein Fachmann da, der irgendetwas restauriert hat?« Max schüttelte den Kopf.
»Nein? Wie auch! Der hatte wahrscheinlich in den Cotswolds alle Hände voll zu tun; da gibt es solche alten Gemäuer bis zum Abwinken. Und wie würdest du das Interieur beschreiben?«
Nichts Hochherrschaftliches. Eher ein bisschen schäbig, würde ich sagen.«
Nun war es an Charlie, den Kopf zu schütteln. »Nein, nein, Max. Das heißt nicht schäbig. Wir sprechen von Patina und dem verblassten Zauber einer längst vergangenen Zeit.«
»Natürlich, ganz wie du meinst. Davon gibt es jedenfalls genug.«
Das Lamm war saftig und zart. Der Wein wurde eingeschenkt, bewundert und gekostet. Charlie blickte seinen Freund an, die Nase immer noch über dem Glas. »Wie würdest du ihn einstufen?«
Max probierte einen weiteren Schluck, rollte den Wein im Mund, wie Charlie es getan hatte. »Gut. Verdammt gut sogar.«
Charlie verdrehte die Augen. »Du bist ein Banause, mein Alter. So darf man doch ein solches Kunstwerk nicht beschreiben! Du solltest deinen Fachjargon auffrischen, dir den Wortschatz eines Kenners zulegen.« Er hob die Hand und gebot seinem Gegenüber Einhalt, da er dessen Reaktion voraussah. »Ich weiß, ich weiß. Du behauptest immer, dass in der Immobilienbranche eine Menge Mist erzählt wird. Aber glaube mir, wir sind blutige Anfänger im Vergleich zu den Weinkoryphäen.« Er warf sich in Pose, hielt das Glas am Stiel und ließ es behutsam kreisen. »Entdecke ich welkende Tulpen? Beethoven in melancholischer Stimmung? Die Komplexität, die beinahe gotischen Strukturen...« Er grinste, als er Max' Miene gewahrte. »Ich habe nie im Leben ein derartiges Gewäsch gehört, aber darauffahren einige der so genannten Weinkenner ab.«
Dann schilderte er Max die erste Zusammenkunft des Young Connoisseurs' Club, zu der er von Billy, einem Weinhändler und Freund, eingeladen worden war. Ein halbes Dutzend junger Männer - enthusiastische Trinker, aber keineswegs Kenner - hatten sich in den ehrwürdigen Gemächern eines Prachtbaus an der St. James Street eingefunden, der Kommandozentrale einer alteingesessenen Speditionsfirma. Hier, inmitten von Spucknäpfen und flackernden Kerzen, unter den Augen schnurrbärtiger Gentlemen, die das Unternehmen gegründet hatten und von der Ahnengalerie auf sie herabsahen, galt es, Weine der weniger bekannten Châteaus in Bordeaux zu verkosten, und den einen oder anderen viel versprechenden Neuling aus Australien und Kalifornien.
Billy, ihr Gastgeber, war jung, wie die meisten Weinhändler. Er war in das Unternehmen aufgenommen worden, als seinen älteren Kollegen bewusst wurde, dass ihre gleichaltrigen Kunden weniger Wein kauften, oft infolge natürlicher Ursachen (oder Tod, wie manche sagen würden). Billys Aufgabe bestand darin, jüngere durstige Seelen zu finden, die noch dreißig oder vierzig Jahre ungetrübten Trinkgenusses vor sich hatten, sie zum Wein zu bekehren und sich somit einen treuen Kundenstamm heranzuziehen. Charlie gehörte zu seinen ersten Jüngern, eifrig, aber unwissend, und Billy begann schon in der ersten Unterrichtsstunde, ihnen die grundlegenden Schritte der Weinverkostung praxisnah zu demonstrieren. Er forderte sie auf, durch Nachahmung zu lernen.
Die Jünger sahen verwirrt, dass die erste Phase des Rituals Billys Krawatte betraf, eine schmucke, gepunktete Kreation aus dicker Seide, ein Produkt der Jermyn Street. Er steckte das Ende sorgfältig in den Hosenbund und empfahl den anderen, es ihm gleichzutun.
Als Nächstes nahm er sein Glas in die Hand: Er hielt den Stiel zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger, nicht lässig, sondern mit großem Zartgefühl. Seine Jünger standen in
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