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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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getan hat?«
    »Das könnte sein. Wie heißt unser Experte vor Ort?«
    »Nennen Sie ihn Kalli.«
    »Okay, ich bin unterwegs.« Müller nahm den Lift in die Tiefgarage und fuhr mit dem eigenen Auto, weil es unauffälliger war.
     
    Die Absperrung war großzügig angelegt. Müller parkte den Wagen, wies sich dann bei den Polizeiposten aus und ging zu Fuß durch den Park auf das Sony-Center zu.
    Er musste nicht überlegen, ob Achmed den Fehler vorsätzlich eingebaut hatte, er war ganz sicher, dass das der Fall war. Und er spürte große Erleichterung. Dann dachte er plötzlich an Svenja, die in Nordkorea auf der Flucht war, und er erlaubte es sich, Krause anzurufen.
    Er sagte: »Ich weiß nicht, wie ich darauf komme, aber ich will wissen, ob wir Nachrichten von Svenja haben.«
    »Noch keine. Wir vermuten sie an der Ostküste Nordkoreas. Es scheint sicher, dass sie bisher nicht entdeckt wurde. Und wir wissen auch nicht, was mit ihrem Begleiter ist. Es ist wahrscheinlich immer noch der alte Zustand: Sie hocken in irgendeinem Loch und wagen nicht, laut zu atmen.«
    »Danke«, sagte Müller.
    Er wurde auf dem Weg dreimal von Polizisten angehalten und um seine Papiere gebeten.
    Er hatte angenommen, dass das Sony-Center weit sichtbar ein Ort des Schreckens sein müsste. Aber das war zunächst nicht der Fall. Alles wirkte fast steril. Es gab ungeheuer viele Menschen, die irgendetwas taten, und viele von ihnen stapften in weißen Anzügen herum. Feuerwehrautos streckten sehr lange, kranartige Leitern und Arbeitsbühnen in die Höhe. Auf den Bühnen standen ebenfalls weiße Anzüge mit langen Besen, die die Fassaden und Fensterreihen säuberten. Müller sah unendlich viele Wasserschläuche über Straßen und Fußwege verteilt und riesige Wasserbehälter, die so aussahen wie Kinderplantschbecken.
    Er fragte einen Uniformierten: »Wo sind die Bewohner?«
    »Alle evakuiert«, antwortete der.
    Als er dann einen der vielen breiten Eingänge in das Center benutzte, sah er sofort blutige Spuren und Tonnen von zersplittertem Glas, zwischen denen Infusionsschläuche lagen und blutgetränkte Mullbinden. Er sah automatisch hoch und entdeckte, dass die Kuppel noch vorhanden war. Aber auch von dort war schweres Glas heruntergekommen und wahrscheinlich wie Geschosse auf die vollkommen hilflosen Passanten getrommelt. Der riesige Fernsehschirm, über den zu gewöhnlichen Zeiten ein Streifen nach dem anderen geflimmert war, war vollkommen zerstört, man sah Halterungen dahinter. Müller schaute sich systematisch um und entdeckte keine intakten Glaswände mehr, weder an den Büros noch an den Restaurants oder den Reklameflächen der Kinos. Es war das perfekte Chaos, und die Zahl von zweiundneunzig Toten erschien ihm plötzlich erstaunlich gering.
    Achmed, wenn du das sehen könntest. Du würdest dich dein Leben lang hassen. Was ist mit dir geschehen?
    Am jenseitigen Ende der Halle waren Arbeiter in Schutzanzügen dabei, Glas auf die Ladefläche eines Lasters zu werfen. Es gab Gruppen von Männern und Frauen, die offenbar Spezialisten waren und sich lebhaft unterhielten, mal hierhin, mal dorthin deutend.
    Dann entdeckte er einen kleinen, dicken Mann, der merkwürdigerweise einen Trenchcoat trug, obwohl es sehr warm war. Er stand da, tat nichts, hatte die Hände in den Taschen des Mantels und sah sich bedächtig um.
    »Kalli?«, fragte er.
    »Ganz richtig«, antwortete der Mann. »Zentrale, hä?«
    »Ja, Zentrale. Kannst du mir verraten, was du hier siehst?«
    »Gern.« Der Mann war vielleicht fünfzig Jahre alt, und er wirkte vollkommen gelassen. »Du siehst da, etwa fünfzig Meter entfernt, eine rote kleine Flagge. Dort stand der Kompressor, in dem der Sprengstoff steckte. Jetzt ist dort ein Krater von schätzungsweise zehn Metern Tiefe. Das hat zwei Gründe: Erstens, weil C4-Sprengstoff benutzt wurde, der sehr effektiv ist, zweitens, weil dort selbstverständlich große Hohlräume sind, Keller und Leitungsschächte. Normalerweise kann man davon ausgehen, dass die radioaktiven Stoffe oben auf die Bombenpakete gepackt werden. Das heißt: Geht das Paket in die Luft, werden die vom Gewicht her unbedeutenden radioaktiven Stoffe unglaublich hoch geschleudert und dann vom Druck und vom Wind sehr weiträumig auf einer großen Fläche verteilt. Das, was dem Fachmann hier sofort auffällt, ist die Tatsache, dass in diesem Fall unerklärlicherweise die radioaktiven Stoffe am Boden des Pakets angebracht waren, also mit höchstem Druck in diesen zehn Meter

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