Ein guter Mann: Roman (German Edition)
ihr Handy an. Sie meldete sich nicht. Hoffentlich sitzt sie in irgendeiner Konferenz, dachte Müller.
Es war 14 Uhr, als er in die Tiefgarage einfuhr.
Krause schien erfreut, als er klopfte. »Gut, dass Sie da sind.« Er war allein. »Hier jagt eine Besprechung die andere. Das wichtigste Ziel dürfte sein, unseren Präsidenten zu füttern, der ständig in irgendwelchen Runden im Kanzleramt oder im Innenministerium sitzt. Wir überprüfen sämtliche Quellen in Afghanistan und Pakistan sowie im Libanon, in Syrien und im gesamten Nahen Osten.«
»Wie ist diese Explosion verlaufen?«, fragte Müller.
»Gegen zwölf Uhr vierzig kam eine Gruppe von vier Männern. Sie schoben einen mittelgroßen Kompressor in die Halle. Und zwar dicht an den Kreis aus Marmor, der zuweilen geflutet wird, auf dessen Rand ständig Touristen sitzen und fasziniert auf die stählerne Dachkonstruktion dieser riesigen Halle blicken. Dann explodierte der Kompressor. Nach der Wucht der Detonation zu urteilen, handelte es sich um C4, einen Plastiksprengstoff von außerordentlich großer Wirkung. Einzelheiten hat Sowinski. Die Explosion selbst fegte durch den Bau mit einer ungeheuren Wirkung. Das Schlimmste dabei war die Unmenge von Glas, das die Büros abschirmt, die Restaurants, die Vorräume der Kinos. Die Glasplatten kamen wie Fallbeile herunter. Es gibt enthauptete Passanten, sogar enthauptete Kinder. Insgesamt gibt es bislang siebenundachtzig Tote, die Zahl wird wohl noch steigen. Und wir müssen mit vierzig weiteren Opfern rechnen, die zu lange der Strahlung ausgesetzt waren. Dazu bekannt hat sich bisher niemand, kein Einzeltäter, keine Gruppe. Das Center wurde weiträumig abgesperrt, wir haben Chaos in der Stadt.«
»Was denken Sie persönlich?«
»Ich weiß nicht, was ich denken soll. Natürlich denke ich ständig über Achmed nach. Dann auch über diesen Breidscheid. Aber dessen Beteiligung ist nach wie vor gänzlich ungeklärt. Oder haben Sie andere Nachrichten?«
»Nein, bisher nicht. Was kann ich jetzt tun?«
»Hier im Haus bleiben. Wenn wir irgendetwas Aktuelles haben, müssen Sie in die Stadt.«
In seinem Büro schaltete Müller den Fernseher ein und rief sofort Goldhändchen an: »Ich bin im Haus. Hast du irgendetwas über den christlichen Franz-Xaver Buchwinkel?«
»Soll ich zu dir kommen? Ich habe etwas Komisches.«
»Ich komme zu dir, das ist einfacher.«
Er machte sich auf den Weg und sprach dabei mit Achmed.
Was, um Gottes willen, hast du da angestellt? Du bist doch ein friedlicher Mensch, wieso baust du eine Bombe? Wegen des vielen Geldes von Breidscheid? Hast du dabei an deine Frau gedacht, an deine Söhne? Na, sicher, du wolltest Syrien verlassen, aber doch nicht mit Gewalt. Ich kann dich nicht mit Gewalt in Verbindung bringen, eigentlich nur mit Lachen, einem etwas spöttischen Lachen über menschliche Alltäglichkeiten. Hast du nur die Million Dollar gesehen, nichts anderes mehr? Sie haben dich fallen gelassen, nicht wahr? Du hast ihnen die Bombe gebaut, und dann warst du überflüssig. Also bist du jetzt tot, liegst irgendwo herum, und deine Familie in Damaskus wird ewig vergebens warten. Ich weiß nicht, was ich Nour sagen soll.
Goldhändchen saß wie immer im matten Schein seiner Bildschirme und hackte mit geradezu wahnwitziger Geschwindigkeit auf seine Tastatur ein.
»Setz dich«, sagte er. »Dein Franz-Xaver Buchwinkel ist ein richtiger Rechtsaußen. Und er hat verdammt viel mit Breidscheid zu tun. Er verfügt über ein Handy mit optimalem Sicherheitsstatus. Das ist nicht abhörbar – und es ist auf Breidscheid angemeldet. Wenn du mich fragst, benutzt er es ausschließlich zum Gedankenaustausch mit ihm. Der mündliche Kontakt zwischen Breidscheid und dem Kardinal funktioniert übrigens genauso. Es handelt sich um abgeschottete Verbindungen, in die wir nicht hineinhorchen können.«
»Wie sieht es mit Treffen aus? Zwischen Buchwinkel und Breidscheid?«
»Das ist ein merkwürdiger Punkt. Es gibt viele Treffen. Sie sind schwer nachweisbar, aber es gibt sie. In den letzten zwei Jahren allein vierzehn, wobei ich nur die habe, bei denen öffentliche Fluglinien benutzt wurden. Die Tickets liefen immer über Breidscheids Büro in New York, dorthin gingen auch die Rechnungen.
Nun ist der Buchwinkel geschieden. Es war eine richtig schmutzige Scheidung, denn die Ehefrau ließ durch ihren Anwalt dem Gericht mitteilen, dass Buchwinkel sie geschlagen hätte. Und zwar immer mit dem Hinweis darauf, dass sie eine
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