Ein guter Mann: Roman (German Edition)
tiefen Krater gedrückt wurden. Wären die radioaktiven Stoffe oben auf die Bombe gepackt worden, hätte man Strahlung noch in fünfhundert Metern feststellen müssen, also weit außerhalb des Centers hier. Genau das ist aber nicht der Fall. Strahlung findet ab etwa dreihundert Metern außerhalb des Gebäudes nicht statt. Da ist also etwas schief gegangen aus Sicht der Bombenleger. Aber jetzt würde ich uns raten, von hier zu verschwinden.« Er lächelte freundlich und drehte sich herum.
»Könnte der Bombenbauer seine Auftraggeber gelinkt haben?«
»Ich kenne ihn nicht. Aber er könnte dafür gesorgt haben, dass der Zünder falsch angebracht war.«
»Wie viele Verstrahlte gibt es denn?«
»Etwa zwanzig, was ich für erstaunlich wenig halte. Kennst du den, der das Ding gebaut hat?«
»Wahrscheinlich. Er wurde wohl gezwungen.«
»Dann hat er seine Chefs erfolgreich reingelegt, das tut gut zu hören.«
»Ich danke dir.«
Müller nahm sich viel Zeit und umrundete das Center.
Achmed, du Sauhund, du hast ihnen ein Schnippchen geschlagen, du hast alles getan, was du tun konntest. Jetzt muss ich dich nur noch finden.
Müller ging langsam zu seinem Auto zurück. Im Park setzte er sich auf eine Bank und blieb bewegungslos sitzen, bis ein aufgeregter Polizist zu schimpfen begann und wütend schrie: »Männeken, ick hab keene Ahnung, wer de bist, aber anscheinend willste dir den Arsch freiwillig versengen.«
»Endlich mal ein Berliner«, sagte Müller erheitert, gab aber nach und setzte sich in Bewegung.
Aus dem Auto rief er Krause an und teilte lapidar mit: »Ich denke, dass dieser Breidscheid sehr tief in die Sache verwickelt ist und nicht nur im Namen Dritter finanzierte und handelte. Wissen wir, wo der Mann zurzeit steckt?«
»Ja, er ist in seiner deutschen Residenz in der Nähe von Garmisch.«
»Können wir an ihn heran? Können wir ihn befragen?«
»Sicher. Aber wir haben im Augenblick sehr schlechte Karten. Wir haben keinen Zeugen und so gut wie kein Beweismaterial. Plädieren Sie dafür, das Bundeskriminalamt zu bitten?«
»Ja, das erscheint mir wichtig. Und ich überlege, ob wir nicht den Kardinal befragen sollten.«
»Sie müssen sich aber im Klaren darüber sein, dass wir damit in ein Wespennest stechen. Das wird eine Menge öffentlichen Wirbel machen. Bisher gehen alle Journalisten und Beobachter davon aus, dass die Täter irgendwo im Bereich der Islamisten zu finden sind. Wenn wir jetzt sagen: Da steckt wer ganz anderes dahinter, dann lösen wir etwas aus, was nicht mehr zu kontrollieren ist. Und: Man wird Beweise verlangen, die wir noch gar nicht haben. Außer der Tatsache, dass Breidscheid dreihunderttausend Dollar anzahlte und Achmed aus Syrien nach Kairo brachte. Aber Breidscheid wird sagen: Ich habe das Geld nur übergeben und den jungen Mann mit nach Kairo genommen. Er sollte dort eine Arbeit für einen Freund von mir durchführen. Dann wird er irgendeine Arbeit erfinden. Das heißt: Wir haben schlechte Karten, selbst wenn wir die besten Leute vom Bundeskriminalamt kriegen.«
»Wissen Sie, ich rudere im Nebel. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Achmed steckt, und die generelle Beweislage ist sehr dünn. Einfach formuliert weiß ich nicht einmal, was ich als Nächstes untersuchen soll, mit wem ich sprechen kann, wo die Spur weiterführt. Was hat die Scheune ergeben, in der sie die Bombe gebaut haben?«
»Fingerabdrücke en masse. Wir haben die Fingerabdrücke von Achmed natürlich gefunden, aber der Rest ist nicht zuzuordnen, jedenfalls hier in Deutschland nicht registriert. Das Beste ist, Sie kommen rein, und wir warten auf irgendein Wunder.«
»Ich bin ständig erreichbar und in der Stadt. Ich würde gern meine Mutter besuchen, ich kann mich kaum um sie kümmern.«
»Selbstverständlich. Sie dürfen auch Frau Swoboda treffen. Sie könnten versuchen, sie zu beschwichtigen. Sie ist mit Sicherheit sauer, oder? Also, reden Sie mir ihr.«
»Falls sie mit mir redet«, sagte Müller schnell.
»Sie wird«, vermutete Krause. »Ich rufe Sie an, falls irgendetwas geschieht.«
Er rief Karen auf dem Handy an, aber wieder meldete sie sich nicht. Diesmal versuchte er es zusätzlich im Hotel, in dem sie jetzt wohnte.
»Kann ich bitte Frau Swoboda sprechen?«
»Das geht leider nicht. Die Dame ist heute früh außer Haus gegangen. In Begleitung zweier Herren.«
»Danke«, sagte Müller und hatte ein mieses Gefühl. Wieso hätte man sie zu einer Vertragsverhandlung bei der FDP abgeholt? Wie
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