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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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er.
    »Das war diese Frau«, antwortete sie. »Sie wurde ungeduldig.«
    »Komm jetzt. Bleib eng hinter mir. Und wenn uns hier im Haus jemand begegnet, dann lächle und sag Guten Tag. Aber nicht mehr.«
    »Und dann haust du zu.«
    »Nicht doch«, wehrte er ab. »Komm jetzt.«
    Niemand zollte ihnen Beachtung, niemand hielt sie auf.
    Im Wagen sagte Müller: »Wir sollten dein Gepäck aus dem Hotel holen und dich irgendwo anders unterbringen. Bist du bereit, mit meinem Chef zu sprechen?«
    »Warum denn das?«, fragte sie. »Weißt du, Müller, ehrlich gestanden habe ich von dir und deinesgleichen die Nase gründlich voll. Ich dachte immer, das Geschäftsleben sei hart und unfair, aber ich denke, deine Branche ist an Unfairness und Grobheit nicht zu überbieten, vorausgesetzt, man gerät an Leute wie dich.«
    »Ich möchte es, weil ich will, dass sie dich anhören.«
    »Du meinst, sonst glaubt dir kein Mensch?«
    »Genau das. Wie haben sie dich aufgetrieben?«
    »Sie klopften in dem neuen Hotel an die Tür und sagten Room Service. Sie hatten genau so eine dümmliche Ausrede wie du eben. Na ja, dann waren sie drin, hatten mich und führten mich unter leisen Drohungen mitten durch den Haupteingang ab. Es war eine ziemlich bedrückende Affäre, und ihre Mittel waren höchst unzivilisiert. Kannst du mich aufklären, was da gespielt wird?«
    »Natürlich«, sagte er. »Was glaubst du, willst du kurz mit meinem Chef sprechen?«
    »Ja. Und dann?«
    »Ich weiß nicht, was du geplant hast. Ich würde mich freuen, wenn du noch ein paar Tage bleiben könntest.«
    »Wenn es denn hilft«, gab sie zur Antwort.
    »Es hilft«, nickte er. »Ich versichere dir, es hilft.«
     
    Müller fuhr Karen in den Dienst, nahm sie mit in sein Büro, rief Krause an und sagte knapp: »Frau Swoboda ist hier. Die Amerikaner hatten sie gekidnappt. Sie möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Her damit«, sagte Krause. »Ich habe sowieso keine Zeit. Und Sie gehen bitte sofort zu den Analysten. Die haben eine beklemmende Szenerie für Sie aufgebaut: Breidscheid in Reinkultur.«
    »Wird gemacht«, antwortete er. »Komm, wir gehen zu meinem Chef. Und hinterher wartest du besser in meinem Büro auf mich, wir müssen überlegen, wo wir dich unterbringen.«
    Krause sah sie in der Tür und sagte: »Gnädige Frau, ich bin zutiefst zerknirscht darüber, was wir Ihnen angetan haben. Bitte, treten Sie ein. Einen Kaffee? Einen Sekt? Einen Whisky?«
    »Einen Whisky«, sagte Karen. »Ohne Eis, ohne Wasser.«
    »Komisch«, sagte Müller. »So etwas habe ich hier noch nie angeboten bekommen.«
    Dann ging er in den dritten Stock zu den Analysten, bei denen ihn stets verwundert hatte, wie viel Richtiges sie aus winzigen Spuren destillieren konnten, welche Winzigkeiten des Lebens sie auf die richtige Fährte brachten, wie viel sie über Menschen herausfanden, die sie nie im Leben erlebt hatten und die sie niemals erleben würden.
    Er ging hinein und sagte: »Was haben Sie über Breidscheid?«
    »Das freut uns aber«, sagte Goldhändchen grinsend. Er saß zusammen mit einem Mann und einer Frau an einem runden Tisch, und sie hatten Berge von Papier vor sich.
    »Das ist Elise, und das ist Molotow«, sagte Goldhändchen. »Ich habe sie eingebunden, weil ich die ganzen Tage über das Gefühl habe, dass wir bei Breidscheid auf einer richtigen und erschreckenden Fährte sind. Aber natürlich haben wir keine Beweise und müssen uns mit dem zufrieden geben, was wir wissen.«
    Der Mann, der sich Molotow nannte, lächelte und sagte: »Wir wissen selbstverständlich nie, ob wir Recht haben, aber aufgrund einfacher Kenntnisse der menschlichen Seele können wir ein Bild malen, das möglicherweise einige dunkle Flächen aufhellt. Im Falle des Herrn Breidscheid können wir einige Vermutungen und Tatsachen verbinden. Und vielleicht haben wir Recht. Wenn ja, ist der Mann höchst gefährlich. Wenn nein, ist der Mann vielleicht sogar noch gefährlicher.«
    Molotow war ein netter Mensch um die fünfzig, und er trug seine Wampe mit Stolz. Seine Kollegin war hager, hatte einen stechenden Blick, als sei sie im Leben zu kurz gekommen, und mochte ungefähr vierzig Jahre alt sein.
    Sie sagte: »Die Zielperson scheint sich in den letzten Jahren gewandelt zu haben. Es ist so, dass aus einem sachlich handelnden Kaufmann jemand wurde, der mit eiserner Energie die Welt davon zu überzeugen versucht, dass er in jedem Fall Recht hat. Der Mann ist besessen von sich und seiner Mission.« Sie beugte sich weit vor, als

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