Ein guter Mann: Roman (German Edition)
brummte Müller. »Denn immerhin können wir aussuchen, an wen wir weiterreichen.«
»Sie sind bei uns ein richtiger Gauner geworden.«
»Das liegt im Sinne des Erfinders.«
Die Akte, die einfach BREIDSCHEID hieß, war nicht sehr umfangreich, sondern eine typische erste Zusammenstellung all der Nachrichten, die öffentlich zugänglich waren: Berichte in Tageszeitungen, in Hochglanzmagazinen, in politischen Periodika, Verweise auf kleine Fernsehfilmchen, Internetnachrichten. Auch Geschichten aus linksgerichteten Blättern in aller Welt, die diesen Breidscheid als eines der Hauptübel der grassierenden, die Armut fördernden Globalisierung brandmarkten. Eines dieser Blätter aus Chile nannte ihn unverhohlen ein Krebsgeschwür, ein anderes den Teufel der Hungernden. Es gab auch glorifizierende Darstellungen. So schrieb ein Kirchenblatt der katholischen Diözese Buenos Aires, Breidscheid sei der Inbegriff des Glaubens, ein Mann, in den die Mutter Kirche höchste Erwartungen setze. Er sei ein moderner Katholik, der über allem Reichtum niemals das einsame Straßenkind vergesse, einer, der wahrlich in der direkten Nachfolge Jesu Christi und der heiligen Apostel handle.
»So, so, ein Heiliger«, seufzte Müller.
Dieser Breidscheid, Helmut mit Vornamen, war 1948 in einem Ort nahe Münster geboren worden, einziges Kind eines Grundschullehrers und seiner Ehefrau. Er habe die notwendigen Schulen durchlaufen, hieß es, und dann mit achtzehn Jahren das Abitur gemacht. Geld für das Studium sei nicht vorhanden gewesen, weshalb Helmut eine Lehre in einer Bank angetreten habe. »Da lernte er alles, was er später für ein solch elitäres Leben brauchte.«
»Wieso elitär?«, murmelte Müller verblüfft. Dann verstand er die jubelnde Autorin des Beitrages, denn es ging weiter: »Sein Leben entspricht heute dem, was er den Königsweg nennt: Häuser auf den Bermudas, bei New York, in Kanada, in Santiago de Chile, in Beirut, in Bangkok, in Los Angeles, in Stockholm – dieser Mann kennt keine Grenzen …«
Müller rief Krause an.
»Was mich verwundert: Ich finde keine Homepage von ihm.«
»Er hat keine«, sagte Krause. »Und das ist nicht das einzig Verwunderliche. Sie werden feststellen, dass dieser Mann niemals im Leben so etwas wie ein Interview gegeben hat.«
»Reichtum um des Reichtums willen?«
»Nein. Steter Dienst an der katholischen Kirche. Er tut ununterbrochen Gutes.«
»Wieso dann Achmed?«
»Keine Ahnung.«
Es gab in einer Frauenzeitschrift den Titel »Der stille Superreiche«. Im Text der Satz: »Er soll einmal verheiratet gewesen sein, aber niemand vermag zu sagen, mit wem und wann das gewesen sein soll.« Es fand sich auch der Satz: »Fachleute schätzen sein Vermögen auf derzeit zwanzig Milliarden US-Dollar.« Dann die Frage: »Wie lebt so ein Mensch?« Und die Antwort: »Angeblich ist für jedes seiner Anwesen eine Haushälterin zuständig. Breidscheid selbst ist stets umgeben von seinem Privatsekretär und einem katholischen Kaplan, die ihn überall hin begleiten. Man sagt ihm nach, dass er nur auf das Urteil einer Institution Wert legt: der katholischen Kirche. Nachweislich finanziert er drei Waisenhäuser in Santiago de Chile. Neunhundert ehemalige Straßenkinder und Waisen leben unter seiner persönlichen Obhut und werden fit gemacht für das Leben, für den Beruf, für die Zukunft.«
Ein linksgerichtetes Blatt aus Frankreich beschrieb eines seiner großen Geschäfte unter der Überschrift »Der Trickser«: »Als zu riechen war, dass die chinesische Führung bereit schien, das Land für bestimmte Formen des westlichen Kapitalismus zu öffnen, als abzusehen war, dass Shanghai eine schillernde Metropole internationaler Gelder sein würde, stellte sich heraus, dass die meisten Grundstücke, auf die die entsprechenden Hochhäuser und Bürotürme gesetzt werden sollten, einem Mann gehörten: Helmut Breidscheid. Bei diesem Coup hatte er dreizehn Kapitalgesellschaften gegründet, die er nach dem Verkauf der Grundstücke in aller Eile auflöste. Die Bestätigung dieser Geschäfte bekommt man nicht aus dem chinesischen Wirtschaftsministerium, nicht aus den Reihen chinesischer Politiker, sondern ausschließlich aus der Reihe der international arbeitenden Baufirmen in Shanghai, die in schöner Naivität bejahen, dass Breidscheid selbstverständlich auch diese Seite des Deals erfüllt: Er lässt jetzt, wiederum gesteuert durch eigens gegründete Firmen, bauen …«
Dann gab es ein weiteres Blatt, den so
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