Ein guter Mann: Roman (German Edition)
der Tiefgarage hatte er das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein.
Er schrieb seinen Treffbericht, volle neun Seiten über seine Begegnung mit Nour.
Als Krause klopfte und seinen Kopf zur Tür reinstreckte, sagte er: »Der Bericht ist fertig. Hier im Fotoapparat ist ein Film mit den Aufnahmen der dreihunderttausend Dollar. Kann ich das Tonband mit der Nachricht von Achmed haben? Und die Unterlagen über diesen Breidscheid? Gibt es irgendetwas Neues?«
Krause kam herein und setzte sich auf den Besucherstuhl.
»Wir wissen jetzt, wie man aus dem Material eine schmutzige Bombe machen könnte.«
»Wie denn?«
»Willi Sowinski hat das herausgefiltert. Es ist eigentlich ganz einfach. Sie schneiden einen Tennisball Kobalt 60 in Späne und gießen über diese Späne Salpetersäure. Das lassen Sie in aller Ruhe köcheln. Dann bleibt am Ende eine kristalline Schicht zurück. Die müssen Sie pulverisieren und auf eine herkömmliche Sprengladung packen. Ich frage mich, ob Achmed so etwas könnte.«
»Wenn sich das Rezept im Internet finden lässt, dann kann er so etwas anrichten«, sagte Müller.
»Achmed hat Sie vollkommen verwirrt, nicht wahr?«
»Ja, hat er. Ich habe immer seine distanzierte Selbstironie gemocht, diese leicht melancholische Art, sich selbst zu betrachten. Und jetzt fällt er auf einen Haufen Bargeld rein.«
»Und seine Frau?«
»Seine Frau hat von Beginn an gerochen, dass da irgendetwas faul ist. Aber sie kam zu spät.«
»Ehrlich, was glauben Sie, ist die Frau schon Witwe?«
»Ich weiß es nicht. Gibt es denn irgendwelche Spuren?«
»Keine, jedenfalls keine eindeutigen. Die Zahl der Spuren liegt bei insgesamt sechshundertfünfundfünfzig, was aber überhaupt nicht verwunderlich ist, denn alle Beteiligten aktivieren jetzt ihre bösen Buben. Alle Islamisten, die auch nur entfernt in der Nähe von Terrorismus stehen, sind eingesammelt worden. Sämtliche Gauner und Ganoven, die jemals mit diesen Islamisten zu tun hatten, auch. Ganz vorsichtig ist eine Kooperation zwischen muslimischen Terroristen und Gangstern aus dem ehemaligen Ostblock angedeutet worden. Daraufhin zieht jede kluge Tageszeitung eine solche Möglichkeit aus dem Hut, inklusive kompletter Namenslisten. Jeder TV-Sender hat einen eigenen Lieblingsverdächtigen, jedes Boulevardblatt auch. Eine so komplette Fahndung hat dieses Land noch nicht erlebt. Und ich habe den Eindruck, dass alle jetzt bekannten Spuren falsch sind. Aber immerhin«, er grinste müde, »endlich sind wir ein einig Vaterland.«
»Was ist mit dieser Krisenrunde?«
»Das ist eine Versammlung, der ich nicht traue. Die tagen pausenlos, vierundzwanzig Stunden durch. In der zweiten Sitzung hat ein kluger Vertreter der Stadtverwaltung in Berlin gesagt, dass man mit dem Kobalt 60 die ganze Stadt verstrahlen könnte, wenn man das Zeug in die Trinkwasserversorgung kippt. Bei der nächsten Sitzung war dieser kluge Mann schon nicht mehr dabei. Begründung: Panikmache. Dann hat ein Vertreter des Innenministeriums geäußert, dass die Geheimdienste sich rauszuhalten hätten, weil sie das Bild verzerren, zu breit anlegen und zu kompliziert auffächern. Der war beim nächsten Mal auch nicht mehr dabei. Dann habe ich versucht, einen prominenten Berliner anzurufen, weil ich bestimmte Informationen in einer anderen Sache wollte. Da hieß es, Herr Sowieso habe sich überraschend entschieden, noch vierzehn Tage Urlaub zu machen. Auf Mallorca. Erstaunlich viele bedeutsame Menschen haben sich zu plötzlichen Ferien entschlossen. Sie kriegen in Berlin in den nächsten vierzehn Tagen keinen Hubschrauber und kein Flugzeug der etwas kleineren Art gemietet. Das ist ein wirtschaftlicher Aufschwung.«
»Das heißt, die bisher beste Spur haben wir?«
»Richtig. Aber das setzt den Präsidenten unter Druck, weil der plötzlich in dem Ruf steht, als Einziger ein Karnickel aus dem Hut ziehen zu können. Auf jeden Fall gerate ich ins Schussfeld, weil die Brüder vom Mossad, von der CIA und vom FBI sich schon angemeldet haben. Die sind im Anflug. Sie betonen alle: nur vorsichtshalber! Aber sie werden in dieser Stadt wildern, weil sie das seit Jahrzehnten tun.«
»Glauben Sie, dass Achmed noch lebt?«
»Nein. Wenn es so abgelaufen ist, wie wir vermuten, haben sie ihn benutzt und nach Gebrauch weggeschmissen.«
»Das setzt voraus, dass sie die Bombe gebaut haben, oder?«
»Ja, mein Junge. Wir gehen davon aus, dass die Leute die Bombe besitzen. Aber eine Ahnung, was sie genau damit bezwecken, haben
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