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Ein gutes Jahr für Zwerge?

Ein gutes Jahr für Zwerge?

Titel: Ein gutes Jahr für Zwerge? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ich war versucht zu fragen, ob sie ihn mir
vorübergehend ausborgen könnte.
    »Tut mir leid, daß ich Sie
warten ließ, Rick .« Sie lächelte schnell. »Es gab eine
kleinere Panik, als Sie eintrafen, aber jetzt ist alles vorbei. Ist das ein
Geschäfts- oder Kaffeebesuch? Oder beides?«
    »Wie wär’s, wenn wir erst das
Geschäftliche erledigten und dann später, wenn Sie Zeit haben, zu Kaffee
übergehen«, schlug ich vor.
    »Klar !« Sie nickte. »Kommen Sie in mein Generaldirektorbüro .«
    Es verfügte über die
Abgeschlossenheit von vier Wänden, aber das war so ziemlich alles. Alte
Karteikästen und Filmdosen hatten allmählich vom Fußboden Besitz ergriffen; sie
kreisten ihren Schreibtisch und den Besucherstuhl ein, wie eine Belagerungsarmee,
die geduldig darauf wartet, einen weiteren Zentimeter vorrücken zu können.
    »Setzen Sie sich, Rick, wenn
Sie’s fertigbringen .«
    Sara wartete, bis ich mich in
den unbequemen Besuchersessel gequetscht hatte, und ließ sich dann hinter dem
mitgenommen aussehenden Schreibtisch nieder. »Das war früher Vaters Büro. Ich
habe mir nicht die Mühe gemacht, hier etwas zu ändern, weil es mir nicht der
Mühe wert schien .« Sie errötete leicht. »Vielleicht
klingt es verrückt, aber manchmal habe ich das Gefühl, als ob ich hier nur so
vorübergehend auf den Laden aufpasse, und daß er eines Morgens wie immer durch
diese Tür kommt, die Pfeife im Mund und eine dicke Rauchwolke hinter sich
herziehend.«
    »Was werden Sie tun, wenn das
je geschieht ?« fragte ich.
    Sie biß sich schnell auf die
Unterlippe. »Das habe ich mich oft selber gefragt. Wahrscheinlich werde ich
dann wieder das sein, was ich war, als er noch lebte: eine Art Hippie, mit
einem angeborenen Drang zu dieser Lebensform, gegründet auf das nackte
Entsetzen über andere Leute, die durch Südkalifornien ziehen. Ein Mensch, der
Leuten eine Blume anbietet und bei dem Gedanken, sie könnten sie ablehnen,
unsägliche Qualen leidet.« Sie lächelte flüchtig. »So, wie ich jetzt rede,
werden wir meine persönlichen Probleme bis zurück in den Mutterleib verfolgt
haben, bevor Sie Gelegenheit gehabt haben, ein Wort dazwischenzuquetschen .« Ihre scharfen braunen Augen blickten forschend in mein
Gesicht. »Haben Sie das blonde Riesen-Showgirl für den traurigen kleinen Zwerg
gefunden, der es heiraten möchte ?«
    »Ich bemühe mich immer noch
darum«, sagte ich. »Vielleicht ist mein Hiersein ein Bestandteil davon;
vielleicht gibt es eine direkte Verbindung dazu durch Ihren Versandleiter .«
    »Es ist merkwürdig .« Ihre Stimme klang unsicher. »Als Sie das erstemal Herb Jaroffs Namen in
diesem Zusammenhang nannten, habe ich Tränen gelacht. Jetzt ist mir irgendwie
gar nicht nach Lachen zumute .«
    »Er scheint derselbe Herb
Jaroff zu sein, der Clark Calverts derzeitigen Film finanziert«, sagte ich.
»Und außerdem gehören ihm fünfzig Prozent eines Nachtklubs in Santa Anita,
genannt Der nervöse Papagei .«
    »Darüber sollte ich eigentlich
lachen, Rick, aber im Augenblick ist mir überhaupt nicht zum Lachen zumute .« Ihr Gesicht hatte plötzlich etwas Verletzliches. »Das Ganze
braut sich zu etwas Schrecklichem zusammen; ich kann es fühlen. Ich weiß, es
ist nicht Ihre Schuld, und andere Leute sind in die Sache verwickelt; aber ich
wollte, wir könnten hier an Ort und Stelle Schluß damit machen, bevor es zu
spät ist. Können wir nicht einfach einen Tag zurückgehen und unten an der Ecke
Kaffee trinken? Das war vergnüglich .«
    »Wie man die Sache auch
betrachtet, Herb Jaroff scheint ein reicher Mann zu sein«, sagte ich gelassen.
»Ich nehme an, ohne respektlos sein zu wollen, daß er das von dem Gehalt, den
Sie und Ihr Vater ihm in den letzten zehn Jahren bezahlt haben, nicht werden
konnte .«
    »Ich habe gestern nachmittag in den Unterlagen nachgesehen, um
mich selber zu überzeugen, daß alles in Ordnung sei. Er bekam eine
Gehaltserhöhung, nachdem mein Vater gestorben war, und so hat er in den letzten
drei Jahren die stolze Summe von einhundertdreißig Dollar pro Woche verdient —
abzüglich Steuern, natürlich .«
    »Sagen wir mal, er hat ungefähr
sechzigtausend Dollar während der zehn Jahre zurückgelegt, in denen er beim
Filmverleih war«, sagte ich. »Ich bezweifle sehr, daß er damit die Hälfte des
Nachtklubs in Santa Anita erwerben konnte. Indessen muß man sich wundern, warum
er all die Jahre über hier gearbeitet hat. Nicht wahr, Sara ?« Ihre Finger berührten den Talisman, offensichtlich

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