Ein gutes Omen
Flucht zu ergreifen, wenn sich HFW
Narker nähert. Ich bin froh, daß er auf meiner Seite steht, ziehe ihn sogar
zwei komplett ausgerüsteten Gurkha-Bataillonen vor.‹ Narker genoß den
beneidenswerten Ruf, mehr Hexen als alle seine Kollegen entlarvt zu haben. Nun,
irgendwann findet jede Armee ihre wirkungsvollste Waffe, und Shadwell hatte sie
gerade entdeckt. Er starrte auf das Ende seines Arms.
Zum Teufel mit
dem Erstschlag-Verzicht! Shadwell nahm sich vor, die gute Gelegenheit zu nutzen
und sich ein wenig auszuruhen. Anschließend wollte er die Mächte der Finsternis
zum Kampf stellen. Die Hölle hat jetzt einen ebenbürtigen
Gegner, dachte er mit grimmiger Zufriedenheit.
Als Madame
Tracy den Tee brachte, schnarchte Shadwell. Taktvoll und auch dankbar schloß
sie die Tür – in zwanzig Minuten begann eine Seance, und heutzutage mußte man
jede Möglichkeit wahrnehmen, etwas Geld zu verdienen.
Madame Tracy
mochte ziemlich naiv sein, aber in gewissen Dingen hatte sie einen untrüglichen
Instinkt. Zum Beispiel war sie eine Expertin auf dem Gebiet des dilettantischen
Okkultismus. In diesem Zusammenhang wußten ihre Kunden professionellen
Dilettantismus zu schätzen. Sie legten großen Wert auf das Gefühl, alles zu
verstehen. Sie wollten nichts von den multidimensionalen Mysterien der
Raum-Zeit erfahren; nein, sie begnügten sich damit zu hören, daß es Mutter nach
ihrem Tod gut ging. Sie wünschten sich jene Art von Okkultismus, die ein wenig
(nicht zuviel) Abwechslung in ihr Leben brachte, ohne übermäßig hohe Ansprüche
zu stellen. Für gewöhnlich genügten fünfundvierzig Minuten, gefolgt von Tee und
Keksen.
Von seltsamen
Kerzen, Gerüchen, Gesängen und mystischen Runen hielt kaum jemand etwas. Wenn
Madame Tracy Tarockkarten legte, entfernte sie zuerst den Tod und die anderen
unangenehmen Symbole, um ihre Besucher nicht zu verängstigen.
Und vor jeder
spiritistischen Sitzung kochte sie Rosenkohl in der Küche. Der Duft von
kochendem Rosenkohl wirkt beruhigend und entspricht ganz und gar der
Gemütlichkeit des englischen Okkultismus.
Es war früher Nachmittag,
und dunkle Gewitterwolken gaben dem Himmel die Farbe von altem Blei. Bestimmt
begann es bald zu regnen, und zwar ziemlich stark. Die Feuerwehrleute erhofften
sich einen regelrechten Wolkenbruch, je früher, desto besser.
Sie waren
ziemlich schnell eingetroffen, und die jüngeren Feuerwehrleute begannen
aufgeregt damit, Schläuche auszurollen und Äxte bereitzulegen. Ihre älteren
Kollegen hingegen blieben ruhig und gelassen. Sie sahen auf den ersten Blick,
daß alle Löschversuche scheitern mußten und selbst der Regen die Flammen kaum
daran hindern konnte, auch auf die Nebengebäude überzugreifen. Einige von ihnen
wollten gerade darauf hinweisen, als ein schwarzer Bentley heranraste. Die
Geschwindigkeit des Wagens lag jenseits der Sechzig-Meilen-Grenze, und er kam
mit einem Quietschen ein paar Zentimeter vor der Mauer des Buchladens zum
Stehen. Ein außerordentlich nervöser Mann mit dunkler Sonnenbrille stieg aus
und rannte zur Tür des brennenden Gebäudes.
Ein
Feuerwehrmann trat ihm in den Weg.
»Sind Sie der
Geschäftsinhaber?« fragte er.
»Was für ein
Unsinn! Sehe ich etwa wie ein Buchhändler aus?«
»Nun, ich weiß
nicht, Sir. Das äußere Erscheinungsbild kann manchmal sehr irreführend sein.
Nehmen Sie mich als Beispiel. Ich bin Feuerwehrmann. Aber wer mich in ziviler
Kleidung sieht und nichts von meinem Beruf weiß, hält mich für einen
Bilanzbuchhalter oder leitenden Angestellten. Stellen Sie sich einmal vor, ich
trüge keine Uniform, Sir. Was sähen Sie dann? Seien Sie ganz ehrlich.«
»Einen
Trottel«, erwiderte Crowley und stürmte in den Laden.
Das klingt
recht einfach, aber in Wirklichkeit sah sich Crowley unterwegs mit einigen
Schwierigkeiten konfrontiert. Um das Geschäft zu erreichen, mußte Crowley zehn
Feuerwehrleuten, zwei Polizisten und einigen interessanten Bürgern* [* In Soho sind
die Schaulustigen nicht nur interes siert, sondern
auch und vor allen Dingen interes sant. ] des
nächtlichen Soho ausweichen, die früher als sonst aufgestanden waren und
darüber diskutierten, welche Organisation die Buchhandlung in Brand gesteckt
habe. Auch das mögliche Warum bot reichlich Gesprächsstoff.
Crowley bahnte
sich einen Weg durch die Menge, die ihm kaum Beachtung schenkte.
Er stieß die
Tür auf. Flammen schlugen ihm entgegen.
Feuer, so weit
der Blick reichte.
»Erziraphael!«
rief der Dämon. »Erziraphael,
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