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Ein gutes Omen

Ein gutes Omen

Titel: Ein gutes Omen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Terry; Gaiman Pratchett
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Shadwell?« fragte Madame Tracy besorgt und
wollte nach der erhobenen Hand greifen.
    »Rühr mich
nicht an! Schonst ferschfindest du ebenfalls!«
    Schließlich
gelang es der Frau, ihre Finger um den Arm des Hexensuchers zu schließen.
Shadwell, Geißel des Bösen, versuchte vergeblich, Widerstand zu leisten, als
ihn Madame Tracy über die Türschwelle zog.
    Er befand sich
nun zum erstenmal in ihrer Wohnung – wenn man von einigen geistig-visionären
Ausflügen absah. Seine Träume hatten das Apartment mit seidenen Kissen,
samtenen Vorhängen und kleinen Teufelsstatuen ausgestattet. Zugegeben, es existierte
ein Perlenschnurvorhang im Zugang der Kochnische, und hinzu kam eine Lampe, die
an eine alte Chianti-Flasche erinnerte (aus gutem Grund), aber ansonsten ließen
sich Madame Tracys Vorstellungen von modischem Schick mit denen Erziraphaels
vergleichen: Sie betrafen in erster Linie die frühen fünfziger Jahre. Was den
Samt anging … er war schwarz und bedeckte den Wohnzimmertisch, auf dem
eine Kristallkugel lag – Madame Tracys zunehmend wichtiger werdende
Einkommensquelle.
    »Ich glaube,
Sie sollten sich ein wenig ausruhen, Mister Shadwell«, sagte sie in einem
Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. Sie führte Shadwell in ihr
Schlafzimmer, und der Feldwebel war viel zu überrascht, um lautstark und
temperamentvoll zu protestieren.
    »Der junge Newt
ischt noch immer im Einschatz«, brachte er schließlich hervor. »Er schfebt in
groscher Gefahr. Heidnische Leidenschaften und okkulte Lischt bedrohen ihn.«
    »Oh, ich bin
sicher, er kommt auch allein zurecht«, erwiderte Madame Tracy unbekümmert.
Vermutlich schätzte sie Newt weitaus realistischer ein als Shadwell. »Es würde
Ihrem Mitarbeiter bestimmt nicht gefallen, daß Sie seinetwegen ganz außer sich
geraten. Hier, legen Sie sich hin. Ich koche uns beiden Tee.«
    Sie verschwand
hinter dem Perlenschnurvorhang.
    Shadwell litt
an einem mittelschweren Nervenzusammenbruch, aber er hatte nicht völlig die
Perspektive für alles Wirkliche und Reale verloren. Er schauderte, als er
plötzlich begriff, daß er allein auf einem Bett der Sünde lag – obgleich er in
seinem gegenwärtigen Zustand nicht entscheiden konnte, ob er an diesem
speziellen Ort Gesellschaft vorzog. Langsam wandte er den Kopf und sah sich um.
    Madame Tracys
erotische Vorstellungen stammten aus einer Zeit, als junge Männer in der
sicheren Überzeugung aufwuchsen, Frauen trügen aus irgendeinem Grund Bälle
unter den Blusen. Damals war Brigitte Bardot noch keine Sex-Bombe, sondern
höchstens eine Sex-Knallerbse, und einschlägige Magazine trugen Titel wie
Mädchen, Mieder und Muskeln. Außerdem hatte Madame Tracy ihrem verwirrenden
Refugium der Freizügigkeit kleine Stofftiere hinzugefügt; offenbar glaubte sie,
damit eine besonders kokette Atmosphäre zu schaffen.
    Shadwell
starrte auf einen großen, abgewetzten Teddybär, dem ein Auge fehlte und dessen
linkes Ohr nur noch an einigen dünnen Fäden hing. Wahrscheinlich hieß er Bärchi
oder so.
    Der Hexensucher
drehte den Kopf zur anderen Seite, und sein Blick fiel auf einen kleinen
Schrank, der wie ein Hund – oder vielleicht auch ein Stinktier – geformt war.
Das Ding grinste fröhlich.
    »Urg«, machte
Shadwell.
    Erinnerungen
klopften mit unerbittlicher Hartnäckigkeit an die Tür seines Bewußtseins. Es
konnte kein Zweifel daran bestehen – ich bin eine
lebende Waffe, ständig geladen, ständig schußbereit. Soweit er wußte, war es noch keinem anderen Hexensucher gelungen,
einen Dämon zu exorzieren. Kein einziger HA-Streiter vor ihm hatte einen
solchen Erfolg errungen, nicht einmal Hexensucher-Hauptfeldwebel Narker. Nun,
die Hexensucher-Armee erlebte eine Renaissance, als sich das Empire ausdehnte.
Bei ihren vielen Gefechten bekamen es die britischen Truppen oft mit
Medizinmännern, Knochenschwingern, Schamanen und anderen okkulten Widersachern zu
tun, und deshalb griffen sie auf die Dienste von aufrechten Kämpfern wie HA-HFW
Narker zurück. Man stelle sich einen fast zwei Meter großen und hundertzwanzig
Kilo schweren Mann vor, der nach einem gepanzerten Buch greift, seine Glocke
aus dicker Bronze schwingt, eine stahlverstärkte Kerze hebt und mit lautem
Gebrüll losstürmt – ein solcher Anblick kann weitaus beeindruckender sein als
das Rattern von Revolverkanonen. Cecil Rhodes schrieb über Narker: ›Einige
ferne Stämme halten ihn für eine Art Gott, und nur ein besonders tapferer und
dummer Medizinmann verzichtet darauf, die

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