Ein gutes Omen
»Habe viel Zeit in Amerika
verbracht. Ein paar Weltreisen und so. Zur Entspannung.«
(»Was soll das
heißen, Sie haben keine Steaks und Nierenpastete?« fragte Skuzz empört.
»Bis eben
dachte ich, wir hätten noch welche«, erwiderte die Kellnerin.)
»Ist doch
eigenartig, daß wir uns jetzt wieder treffen«, sagte Red.
»Eigenartig?«
»Nun, du weißt
schon. Tausende von Jahren lang haben wir auf den großen Tag gewartet, und
jetzt hat er endlich begonnen. Es ist wie mit der Vorfreude auf Weihnachten
oder den Geburtstag.«
»Wir haben
keinen Geburtstag.«
»Es lag mir
fern, das Gegenteil zu behaupten. Ich wollte nur erklären, wie es sich
anfühlt.«
(»Es sieht so
aus, als seien unsere Vorräte ganz plötzlich zur Neige gegangen«, fügte die
Kellnerin hinzu. »Ich kann Ihnen nur noch dieses Stück Pizza anbieten.«
»Mit
Sardellen?« fragte Skuzz mürrisch. Weder er noch seine Kumpel mochten
Sardellen. Und Oliven konnten sie erst recht nicht ausstehen.
»Ja, Teuerster.
Mit Sardellen und Oliven. Möchten Sie das Ding?«
Skuzz
schüttelte traurig den Kopf. Sein Magen knurrte, als er zu den anderen
zurückkehrte. Big Ted war immer sehr gereizt, wenn er Hunger hatte. Und wenn
Big Ted gereizt war, verteilte er großzügige Portionen seines Ärgers.)
Eine neue
Kategorie erschien auf dem Videoschirm. Man konnte jetzt zwischen Popmusik,
Aktuellem, Hunger und Krieg wählen. Schweini und seine Gefährten schienen ein
wenig überfordert zu sein, als es um die irische Kartoffelkrise von 1846, die
englische Alleskrise von 1315 und die kalifornische Marihuanakrise von 1969
ging, die San Francisco besonders schwer traf. Aber der Spieler gab weiterhin
die richtigen Antworten, und eine Zeitlang erklang nur das metallene Husten,
mit dem der Apparat Ein-Pfund-Münzen ausspuckte.
»Im Süden
verschlechtert sich das Wetter«, sagte Red.
Black
beobachtete die dunklen Wolken. »Alles bestens. Ein Gewitter zieht heran.
Ausgezeichnet.«
Red betrachtete
ihre Fingernägel. »Ah, gut. Ein ordentliches Gewitter gehört einfach dazu. Hast
du eine Ahnung, wie weit wir fahren müssen?«
Black hob die
Schultern. »Ein paar hundert Meilen.«
»Ich dachte,
die Reise sei länger. Ich meine, haben wir wirklich sechstausend Jahre lang
gewartet, nur um ein paar hundert Meilen zurückzulegen?«
»Die Entfernung
spielt keine Rolle«, erklärte Black. »Es kommt darauf an, zum richtigen
Zeitpunkt zur Stelle zu sein.«
Draußen röhrte
etwas. Es war das Röhren eines Motorrads mit defektem Auspuff, falsch
eingestellter Zündung und undichtem Vergaser. Man brauchte die Maschine gar
nicht zu sehen, um sich dichte Qualmwolken, tropfendes Öl und kleine Schrauben
vorzustellen, die sie ständig auf den Straßen verlor.
Black ging zum
Tresen.
»Vier Tassen
Tee, bitte«, sagte er. »Einmal schwarz.«
Erneut öffnete
sich die Tür des Restaurants. Ein junger Mann in verstaubter weißer
Lederkleidung trat ein, und der böige Wind gab ihm eine Eskorte aus leeren
Tüten, Zeitungsfetzen und klebrigem Bonbonpapier. Die Abfälle tanzten wie
aufgeregte Kinder zu seinen Füßen, sanken dann erschöpft zu Boden.
»Sie sind zu
viert, nicht wahr, Teuerster?« fragte die Kellnerin. Sie versuchte, einige
saubere Tassen und Löffel zu finden – die Regale hinter dem Tresen hatten
plötzlich eine Patina aus Motoröl und hartem Eigelb angesetzt.
»Bald«, sagte
der Mann in Schwarz und brachte den Tee zum Tisch am Fenster.
»Ist er bereits
aufgetaucht?« fragte White.
Red und Black
schüttelten den Kopf
In der
Videoecke kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung. (Der Schirm zeigte
inzwischen die Kategorien Krieg, Hunger, Umweltverschmutzung und Popmusik von
1962 bis 1979.)
»Elvis Presley?
Er ist … äh, 1977 abgekratzt, nicht wahr?«
»Nee. ›D.‹
1976. Glaubt mir.«
»Klar. Im
gleichen Jahr wie Bing Crosby.«
»Und Marc
Bolan. Hatte echt was drauf. Drück D. Worauf wartest du noch?«
Die
hochgewachsene Gestalt im schwarzen Mantel machte keine Anstalten, irgendeine
Taste zu betätigen.
»Was ist los
mit dir?« knurrte Big Ted. »Du willst doch nicht etwa aufhören, oder? Drück auf
D. Elvis Presley starb 1976.«
DAS
BEZWEIFLE ICH , sagte die große Gestalt,
die noch immer den Helm trug. ICH BIN IHM NIE
BEGEGNET .
Die drei
Wartenden am Tisch drehten synchron den Kopf. Red erholte sich als erste von
ihrer Überraschung. »Bist du schon lange hier?« fragte sie.
Der
hochgewachsene Mann trat an den Tisch und beachtete weder die
Weitere Kostenlose Bücher