Ein gutes Omen
versuchte.
»Was fürne
Maschine fährst du?« fragte er.
Der Sturm heulte im
Steinbruch, und das Seil mit dem alten Autoreifen schwang hin und her. Manchmal
lösten sich Wellblechstücke – Relikte des Versuchs, ein Baumhaus zu bauen – aus
ihren unsicheren Verankerungen und segelten davon.
Die Sie
drängten sich zusammen und starrten Adam an. Er wirkte jetzt irgendwie größer.
Hund hockte sich nieder, knurrte und dachte an all die herrlichen Gerüche, auf
die er bald verzichten mußte. In der Hölle stank es immer nur nach Schwefel.
Außerdem gab es dort nur wenig Abwechslung. Zum Beispiel fehlten, äh,
Hündinnen.
Adam wanderte
aufgeregt umher und gestikulierte ausladend.
»Es wird ganz
toll«, verkündete er. »Denkt nur daran, was wir alles erforschen können.
Bestimmt schaffe ich es bald, neue Dschungel wachsen zu lassen …«
»Aber wer …«,
begann Brian mit zittriger Stimme. »Ich meine, wer kümmert sich um das Kochen
und Waschen und den übrigen Kram?«
»Keiner braucht
sich mehr mit solchen Arbeiten abzurackern«, versprach Adam. »Ihr bekommt
alles, was ihr wollt. Haufenweise Kartoffelchips und geröstete Zwiebeln und so.
Niemand wird euch zwingen, neue Klamotten anzuziehen, zur Schule zu gehen oder
zu baden. Niemand zwingt euch zu irgendwas. Ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt. Das wird herrlich verrückt
sein.«
Über den Kookamundi-Bergen
ging der Mond auf. Es war eine besonders helle Nacht.
Johnny
Zweiknochen saß im roten Wüstensand. Er befand sich an einem heiligen Ort: Zwei
Ahnen-Felsen, in der Traumzeit geschaffen, ragten vor ihm auf, unveränderliche
Klippen im Ozean der Ewigkeit. Johnny Zweiknochen hatte die lange,
traditionelle Wanderschaft durch den Busch hinter sich gebracht und beschmierte
sich Brust und Wangen mit rotem Ocker. Er sang ein altes Lied (dabei handelte
es sich um eine Art Gesangskarte der Berge), hob seinen Speer und zeichnete
Symbole in den Staub.
Seit zwei Tagen
hatte er weder gegessen noch geschlafen. Seine Gedanken trieben nun der Trance
entgegen, die ihn mit dem Busch vereinte und es ermöglichte, eine Verbindung zu
den Vorfahren herzustellen.
Es dauerte
jetzt nicht mehr lange.
Nur noch wenige
Sekunden …
Er blinzelte.
Und sah sich verwirrt um.
»Entschuldigen
Sie bitte, mein Herr«, sagte er laut
zu sich selbst und hörte überrascht, wie deutlich und gut artikuliert er
sprach. »Wissen Sie zufällig, wo ich bin?«
»Wer fragt das?« erwiderte Johnny Zweiknochen.
Sein Mund
klappte auf: »Ich.«
Johnny kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Ich nehme an, du bist
einer meiner Vorfahren, stimmt’s?«
»Oh.
Natürlich. Zweifellos. Ja. In gewisser Weise. Kommt ganz darauf an, aus welchem
Blickwinkel man die Sache sieht. Nun, wenn wir jetzt zu meiner Frage
zurückkehren könnten … Wo bin ich?«
»Aber wenn du wirklich einer meiner Vorfahren bist …« sagte
Johnny Zweiknochen langsam. »Wieso redest du dann wie ein Lackaffe aus Sydney?«
»Ah,
Australien«, sagte Johnny Zweiknochens
Mund und formulierte die letzten Silben so, als müßten sie erst desinfiziert
werden. »Meine Güte. Nun, besten Dank.«
»Hallo?« fragte Johnny. »Hallo?«
Er saß im Sand
und wartete. Er wartete sogar noch etwas länger. Aber er bekam keine Antwort.
Erziraphael
hatte seine Reise bereits fortgesetzt.
Citron Deux-Chevaux galt
als ton ton macoute, als reisender Houngan-Magier oder Priester. Voodoo ist eine recht
interessante Religion für die ganze Familie, selbst für jene lieben Verwandten,
die man bereits zu Grabe getragen hat. Citrons Rucksack enthielt: mehrere
magische und medizinische Pflanzen, einige Katzenpfoten, schwarze Kerzen, ein
Pulver, das hauptsächlich aus den Schuppen bestimmter getrockneter Fische gewonnen
wurde, einen toten Tausendfüßler, eine Flasche Chivas Regal, zehn Zigaretten
und das Buch Wie’s auf Haiti zugeht.
Er griff nach dem Messer, setzte zu einem routinierten Schnitt an und
trennte den Kopf eines jungen Hahns vom Hals. Blut strömte über Citrons rechte
Hand.
» Loa erfülle mich«, intonierte er. » Gros
Bon Ange komme zu mir.«
»Wo
bin ich?« sagte er.
»Bist du mein Gros
Don Ange? «erkundigte er sich.
»Ich
glaube, das ist eine sehr persönliche Frage«, antwortete er. »Ich meine, du verstehst schon. Man gibt
sich Mühe, nicht wahr? Ja, äh, man versucht es immer wieder. Sozusagen.«
Citron beobachtete, wie sich seine linke Hand dem Hahn zuwandte. »Ein
ziemlich unhygienischer Ort fürs Abendessen, finden Sie
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