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Ein gutes Omen

Ein gutes Omen

Titel: Ein gutes Omen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Terry; Gaiman Pratchett
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geht.
    »Das blöde
Schmierblatt«, sagte Murchison bei solchen Gelegenheiten. »Die verdammten
Idioten in den verdammten Redaktionsräumen wissen verdammt noch mal nicht, was
sie an Red haben.«
    Nun, die Leute
von National World Weekly wußten ganz genau, was sie hatten: eine Kriegskorrespondentin. Sie
wußten nur nicht, was sie damit anfangen sollten.
    Eine typische
Ausgabe von National World Weekly berichtete zum Beispiel davon, jemand in Des Moines habe Jesus auf
einem Big Mac gesehen (als er gerade hineinbeißen wollte – man stelle sich die
Verblüffung der betreffenden Person vor); Elvis Presley würde seit einiger Zeit
in einem Burger King in Des Moines arbeiten; eine an Krebs erkrankte Hausfrau
in Des Moines habe sich alte Elvis-Platten angehört, wodurch der Tumor aus
ihrem Leib verschwand; die vielen Werwölfe, die sich derzeit im Mittelwesten
herumtrieben, seien Nachkommen tapferer (und von Bigfoot entführter)
Pioniersfrauen; angeblich war Elvis im Jahre 1976 von Außerirdischen entführt
worden, weil er zu gut für diese Welt gewesen sei.* [* An dieser
Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, daß eine der Geschichten wahr ist.]
    Haben Sie jetzt
eine Vorstellung von National World Weekly gewonnen? Gut. Pro Woche fanden vier Millionen Exemplare
interessierte Käufer, und die Redaktion brauchte einen Kriegskorrespondenten
ebenso dringend wie ein Interview mit dem Generalsekretär der Vereinten
Nationen.*
    [* Ein solches
     Interview fand tatsächlich statt, und zwar im Jahr 1983. Es lautete:
    F: Sie sind also der
     Generalsekretär der Vereinten Nationen.
    A: Si.
    F: Ist Ihnen Elvis
     jemals erschienen?]
    Man bezahlte
Red Zuigiber eine Menge Geld dafür, kreuz und quer durch die Welt zu reisen,
neue Kriege zu finden und darüber zu schreiben. Ab und zu schickte sie dicke
Umschläge, denen sie (fast immer gerechtfertigte) Spesenrechnungen beilegte.
Sie wurden prompt bezahlt, aber die Manuskripte und Fotos verschwanden in der
Ablage.
    Der
Chefredakteur hatte deshalb keine Gewissensbisse. Er hielt Red Zuigiber nicht
für eine besonders gute Kriegskorrespondentin, aber zweifellos war sie die
attraktivste – womit sie allen Erfordernissen von National World
Weekly genügte. Leider ging es bei ihren
Kriegsberichten immer nur um irgendwelche Leute, die auf andere schossen. Die
politischen Hintergründe blieben vage, und bedauerlicherweise kam nie die
menschliche Seite zur Sprache.
    Gelegentlich gab
man ihre Artikel einem Mitarbeiter, der sie umschrieb und in ein passendes
stilistisch-thematisches Gewand kleidete. (Während einer erbitterten Schlacht
am Rio Concorsa erschien Jesus dem neunjährigen Manuel Gonzalez und sagte ihm,
er solle nach Hause zurückkehren, weil sich seine Mutter Sorgen um ihn mache.
›Ich wußte, daß es Jesus war‹, sagte der brave Junge. ›Er sah genau wie Jesus
aus, als sich sein Abbild auf meinem Butterbrot zeigte.‹)
    National
World Weekly ignorierte Red die meiste
Zeit über, und ihre Geschichten wanderten mit routinierter Regelmäßigkeit in
den Papierkorb.
    Murchison, Van
Horne und Anforth nahmen Reds eher seltene Publikationen mit einem Achselzucken
zur Kenntnis. Sie wußten nur eins: Wenn irgendwo ein Krieg ausbrach, war Miß
Zuigiber als erste Korrespondentin zur Stelle. Sie traf praktisch vorher ein.
    »Wie stellt sie
das an?« fragten sie sich ungläubig und verwirrt. »Wie bringt sie das fertig,
zum Teufel?« Und dann trafen sich ihre Blicke und sprachen: Wenn sie ein Wagen
wäre, hieße sie Ferrari; sie ist genau jene Art von Frau, die man sich als
schöne Gemahlin des korrupten Generalissimo eines Staates der Dritten Welt
vorstellt; trotzdem treibt sie sich mit Kerlen wie uns herum; he, Jungs, wir
haben echt Schwein.
    Miß Zuigiber
lächelte nur und gab eine neue Runde aus (die sie später National
World Weekly in Rechnung stellte). Sie
beobachtete, wie um sie herum Kämpfe ausbrachen. Und sie schmunzelte erneut.
    Sie hatte sich
nicht geirrt. Der Journalismus erwies sich wirklich als sehr interessant.
    Und trotzdem:
Jeder braucht mal Urlaub. Und Red Zuigiber machte zum erstenmal seit elf Jahren
Ferien.
    Sie befand sich
auf einer kleinen Insel im Mittelmeer, deren Bewohner vom Tourismus lebten –
allein das war schon seltsam genug. Red sah wie eine Frau aus, die nur dann auf
einer kleineren Insel als Australien Urlaub machte, wenn sie ihren Eigentümer
kannte.
    Noch vor vier
Wochen wäre es völlig sinnlos gewesen, die Einheimischen vor einem drohenden
Krieg zu warnen.

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