Ein gutes Omen
Plastiktüten der
Kunden-die-wissen-was-sie-wollen fand.
Die
prophetischen Bücher erfüllten den Engel mit besonderem Stolz.
Natürlich
handelte es sich nur um Erstausgaben.
Und jede
einzelne war signiert.
Erziraphael
besaß Richard Nixon*[* Gemeint ist
nicht etwa der frühere US-Präsident, sondern ein Schwachkopf aus dem
sechzehnten Jahrhundert.], Martha die Zigeunerin, Ignazius Sybilla und Old Ottwell
Binns. Nostradamus hatte geschrieben. ›Führ mainen alten Froind Ährziraffel,
mit bästen Grühßen.‹ Die Flecken darunter stammten von Mutter Shiptons verschüttetem
Tee. In einem besonders trockenen, keimfreien und kühlen Schrank lag eine
Pergamentrolle mit der zittrigen Handschrift eines gewissen Johannes von Patma.
Seine ›Offenbarung‹ war der prophetische Bestseller aller Zeiten. Erziraphael
hatte den Autor als recht netten (damaligen) Zeitgenossen kennengelernt,
obgleich ihm seine Vorliebe für eigentümliche Pilze seltsam erschienen war.
In der Sammlung
des Engels fehlte ein Exemplar der Freundlichen Zutreffenden Prophezeiungen von
Agnes Spinner. Als Erziraphael sein Hinterzimmer betrat, hielt er Das
Buch mit der behutsamen Vorsicht eines
Philatelisten, der gerade eine Postkarte von seiner Tante erhalten hat und
feststellt, daß eine blaue Mauritius darauf klebt.
Voller
Ehrfurcht starrte er auf den braunen Band herab. Er hatte natürlich von diesem
Buch gehört. Alle seine Geschäftskollegen (etwa ein Dutzend; immerhin
erforderte dieser spezielle Beruf eine spezielle Spezialisierung) wußten von
der Existenz eines solchen Buches. Man vergleiche sie mit einem Vakuum, das
seit Jahrhunderten von höchst sonderbaren Geschichten umkreist wurde. Nun,
Erziraphael war nicht ganz sicher, ob irgend etwas ein Vakuum umkreisen konnte,
aber seiner Ansicht nach spielte es auch gar keine Rolle. Neben den
Freundlichen und Zutreffenden Prophezeiungen wirkten Hitlers Tagebücher wie …
wie Fälschungen.
Die Hände
zitterten ihm ein wenig, als er Agnes Spinners Werk auf den Tisch legte, sich
die Gummihandschuhe eines Chirurgen überstreifte und es vorsichtig öffnete.
Erziraphael war ein Engel, aber er liebte auch Bücher.
Auf der
Titelseite stand:
Die Freundlichen
und Futreffenden Prophefeiungen
der
Agnef Fpinner
In etwas kleineren
Buchstaben:
Aine
genau Überficht dher Ereigniffe
von
heute bif fum Endige dher Welt
In etwas größeren
Buchstaben:
Ef
werden Viele Verfiedene Wunder gefildert.
Hinfu
kommen Lehren für den Kluhgen.
In einer anderen
Schriftart:
Daf
vollftändigfte prophetiffe Werk,
daf
jemalf veröffentlich wurdet.
Etwas kleiner, dafür aber
in Großbuchstaben:
EFFACKTE
ANGABEN ÜBER AINE FELTFAME FUKUNFT
In verzweifelt anmutendem
Kursiv:
Der Lefer wird
ftaunen und fiemlich
überrafft sein.
Und wieder etwas größer:
Diefef
Buch erinnert an Noftradamuf
in
feiner beften prophetiffen Form. – Ursula Shipton
Die Prophezeiungen waren
numeriert, und der Band enthielt insgesamt mehr als viertausend.
»Ruhig, ganz
ruhig!« murmelte Erziraphael. Er betrat die kleine Kochnische, nahm Milch und
Kakaopulver. An dem schmalen Tresen blieb er stehen und atmete mehrmals tief
durch.
Dann kehrte er
zurück und las die ersten Abschnitte.
Vierzig Minuten
später hatte er den Kakao noch immer nicht angerührt.
Die rothaarige Frau in
einer Ecke der Hotelbar galt als erfolgreichste Korrespondentin auf der ganzen
Welt. Sie besaß einen Paß, der auf den Namen Carmine Zuigiber lautete – und sie
ging immer dorthin, wo ein Krieg stattfand.
Nun, das
stimmte nicht ganz.
Eigentlich ging
sie dorthin, wo kein Krieg stattfand. Sie hatte bereits alle Kriegsschauplätze
besucht.
Eigentlich
kannte man sie nur in eingeweihten Kreisen. Mit anderen Worten: Bei den Leuten,
auf die es ankam, genoß sie einen bemerkenswerten Ruf.
Wenn sich fünf
oder sechs Kriegskorrespondenten in einer Flughafenbar treffen, verhalten sich
ihre Gespräche wie eine Kompaßnadel, die immer wieder nach Norden schwingt.
Früher oder später geht es bei der Konversation um Murchison von der New
York Times, Van Horne von Newsweek und Anforth von den ITN
News – die besten aller Kriegskorrespondenten.
Aber wenn sich
Murchison, Van Horne und Anforth in einem ausgebrannten Schuppen in Beirut oder
auf den Schlachtfeldern Afghanistans und des Sudans begegnen, bewundern sie
zunächst ihre Narben, gießen sich einen hinter die Binde und tauschen dann
Anekdoten aus, bei denen es um ›Red‹ Zuigiber von National World
Weekly
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