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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Berg
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lächerlich
gemacht oder bekam einen Tritt verpasst. Jedes Mal dieselbe Prozedur, bei jedem
Einstieg. So schnell er konnte, humpelte Peter die drei Stufen im Bus empor.
Tim saß, mit den Armen über dem Geländer hängend in der ersten Reihe und freute
sich schon über sein vermeintliches Opfer, das ihn nun passieren musste. Im
Vorbeigehen versetzte er Peter einen leichten Schlag auf den Hinterkopf und
lachte dabei lauthals.
„Mach mal ein bisschen schneller, Klumpfuß!“ tönte er.        
Ich hörte nicht ob und was er über mich sagte und ging bitterernst die Treppe
hinauf. Oben, genau vor ihm, blieb ich stehen. Drehte mich wie ein Roboter
langsam nach links zu ihm um, sodass wir uns einander genau ansahen. Mein Blick
war wie versteinert. Er schaute mich erwartungsvoll an, wollte gerade zum
verbalen Schlag ausholen, da wusste er gar nicht wie ihm geschah. Ich hob meine
rechte Hand genau vor sein Gesicht und schnippte meinen Mittelfinder am Daumen
entlang, direkt von unten an seine Nase. Plong , Volltreffer! Mit offenem
Mund saß er da, völlig verdutzt und sprachlos. Es tat nicht weh, jedenfalls
nicht körperlich, aber es schmerzte ihn trotzdem. Denn alle Insassen hatten es
gesehen und der ganze Bus brüllte vor Lachen.           
„Das war so cool!“ rief eine Stimme aus den hinteren Reihen, als ich mich
bereits auf der Suche nach einem Sitzplatz befand. Alle lachten, während ich
etwas ausgelöst hatte. Ich! Denn in den folgenden Wochen waren alle nur noch
Nase schnippend unterwegs und die ganze Schule sprach davon.      
Ich genoss die kurzen Zeiten in der Schule und nutzte diese, um den Fängen
Michaels zu entfliehen. Denn zu Hause war ich nach wie vor seinem Hass hilflos
ausgeliefert. Es gab außer Tina niemanden, mit dem ich darüber reden konnte,
deshalb startete ich wieder einmal einen Versuch bei Anne. Das Pommes Fett mit
dem sie den ganzen Tag zu tun hatte, konnte ich noch immer an ihr riechen,
obwohl sie gerade aus der Dusche kam. Bevor ich überhaupt etwas erklären
konnte, blockte sie mich aber bereits ab.
„Kind, ich hab den ganzen Tag gearbeitet, fechte das mit Michael aus“, war ihre
einzige und knappe Antwort. Damit war die Sache für sie vom Tisch. Mit meinen
sechzehn Jahren fühlte ich mich wie ein kleines Kind, völlig hilflos. Die
Verzweiflung trieb mir die Tränen in die Augen, weil von nirgendwo Hilfe zu
erwarten war. Nicht jetzt und auch in Zukunft nicht. Es würde sich nie etwas
ändern. Ich kam mir wie gefangen vor, eingesperrt in diesem winzigen Nest,
abgeschnitten von der Welt, weit weg vom wahren Leben. Kein Ausweg, keine
Möglichkeit Michael zu entrinnen.            
In diesen Momenten war Robert mein einziger Halt und umgekehrt ich auch für
ihn.           
„Dicke komm bei mich!“ schrie Michael schon wieder in meine Richtung.           
„Mir und mich verwechsel ich nich, das kommt bei mich nicht vor…“, sang ich
leise, neckisch vor mich hin. Aber wohl nicht leise genug, denn plötzlich stürmte
er fuchsteufelswild herbei. Was immer daran zu erkennen war, dass er die Enden
seines Schnauzbartes zwischen Zeigefinger und Daumen rollte.               
Ja, es ist gar nicht so lustig mit den eigenen Unzulänglichkeiten aufgezogen zu
werden, dachte ich.     
Vielleicht würde ihm das ja jetzt auch endlich einmal selbst bewusst werden.
Aber so viel Verstand besaß er nicht, er holte aus und verpasste mir eine
schallende Ohrfeige. Doch die war es mir wert gewesen. Ich lächelte vor mich
hin, aber diesmal so, dass er es nicht mitbekam. Denn im Gegensatz zu ihm war
ich ja noch lernfähig…           

Shane
     
     
    G
    oldene
Lichtschwaden zogen über den Horizont, während Kaltenbach bereits im Schatten
des Waldes lag. Die Tage wurden kürzer, der Herbst hatte Einzug gehalten. Die
Blätter der Bäume verwandelten das Umland in eine bunte Farbpalette und für
kurze Zeit hob die Schönheit der Natur sogar meine depressive Stimmung auf. Ich
liebte diese Jahreszeit schon immer. Von mir aus hätte sie ewig andauern
können, sie war so voller Lebensfreude und Energie. Das große Finale, ein
letztes Aufbäumen, bevor alles in die Winterstarre fiel. Starre…, sofort kamen
mir die Herbstferien wieder in den Sinn und ein tiefes, schwarzes Loch tat sich
vor mir auf. Denn in dieser Zeit gab es kein Entrinnen vor Michael.
    Es
fröstelte mich. Da es schon ziemlich kalt geworden war, beschloss ich

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