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Ein Hauch Vanille (German Edition)

Ein Hauch Vanille (German Edition)

Titel: Ein Hauch Vanille (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Berg
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es nicht tun würde. Er holte
aus und mit einem kurzen Hieb war der Hals des Puters durchtrennt. Sein Kopf
blieb reglos auf dem Holzklotz liegen, aus dem Rumpf spritzte Blut und
bespritzte Roberts Jeans. Im Todeskampf wandte der Puter so viel Kraft auf,
dass er Michael durch die Hände glitt. Ohne Kopf und mit ausgebreiteten Flügeln
rannte er noch den halben Berg hinauf. Michael und Robert hasteten dem
kopflosen Tier hinterher und schließlich sackte es in sich zusammen, zuckte
noch ein paar Sekunden bis es dann endgültig die Füße von sich streckte und
reglos liegen blieb. Ich presste meine Nase noch näher an die Scheibe. Obwohl
ich den Puter hasste, war es schrecklich seinen Todeskampf mit anzusehen. Ich
hatte zwar Mitleid mit ihm, war aber trotzdem froh, dass es endlich vorbei war.
Dachte ich jedenfalls.         
Michael blickte in Richtung meines Zimmers und entdeckte mich am Fenster.      
„Dicke, an Land!“ schrie er zu mir hoch. Mist , dachte ich. Schnell
wischte ich mir die Tränen weg und ging langsam nach unten.      
„Tu mal Wasser kochen!“ befahl er mir, bevor ich auch nur einen Fuß zur
Hintertür hinaus strecken konnte. Also machte ich wieder kehrt und tat, wie mir
befohlen war.         
Anne war mit Michi bei der Nachbarin, ihrer Creme Freundin, und so entging ihr
dieses blutrünstige Spektakel. Wenn man sie braucht, ist sie nie da ,
dachte ich, während ich mit dem schweren, kochendheißen Kessel in der Hand
hinaus stapfte.       
Michael hielt das tote Tier kopfüber an den Füssen und posierte damit wie ein
Großwildjäger. Unterdessen tröpfelte das letzte Blut aus dem Hals des toten
Tieres und färbte das Gras rot ein. Wie die Aasgeier liefen die gackernden
Hühner ständig um Michael und den Kadaver herum, als wären sie eben nicht dabei
gewesen. In ihrem kleinen Kopf konnte nicht viel Hirn vorhanden sein, dachte
ich, denn sonst wäre ihnen doch klar gewesen, dass ihnen eines Tages das gleiche
Schicksal blühen würde. Anstatt das Weite zu suchen, pickten sie neugierig an
und um den toten Vogel herum und gackerten. Vielleicht wollten sie ja auch nur
testen, ob er wirklich tot war, so ohne Kopf?! Mit der täglichen Eiablage ging
wohl so einiges flöten.  
Während ich die Hühner fassungslos anstarrte, griff mich Robert am Arm.          
„Hast Du das gesehen?“ fragte er ganz aufgeregt und konnte sich ein Grinsen
nicht verkneifen.          
„Ja. Und, wie war´s?“ fragte ich besorgt. Sein Körper schien noch immer voller
Adrenalin zu sein, anders konnte ich mir seine plötzliche Euphorie nicht
erklären. Das breite Grinsen und sein Blick machten mir Angst. Er erinnerte
mich an Jack Nicholson in Shining .               
„Irgendwie… cool“, sagte er, woraufhin ich vorsichtshalber lieber einen Schritt
zurück trat.
„Cool?“ fragte ich ihn entsetzt. „Bist du noch ganz dicht?“    
Männer… Anscheinend steckt es noch immer in ihren Genen. Der Instinkt, Beute zu
erlegen. Gut, dass Frauen immer nur am Feuer saßen, so blieb mir das Töten
wenigstens erspart.       
Michael befahl mir im Holzschuppen eine Blechschüssel zu holen. Dabei kannte er
nur den Befehlston und das Wort bitte war ihm sowieso völlig fremd.               
Die Schüssel füllte er mit dem heißen Wasser und rührte mit dem toten Tier
darin herum. Als er es heraus zog, kam es mir nur noch halb so voluminös vor,
denn die Federn klebten wie eine zweite Haut an dem toten Körper. Michael
zeigte mir, wie ich die Füße festzuhalten hatte und wie ich rupfen sollte. Ich
setzte mich auf den abgeschnittenen Baumstumpf, denn es würde keine Sache von
ein paar Minuten werden, das war mir sofort klar. Um Michael nicht zu
provozieren und eine Strafe herauszufordern, fügte ich mich und folgte seinen
Anweisungen. Ich packte das Tier bei den Füßen, hielt es kopfüber und begann
entgegen der Wuchsrichtung mit dem Rupfen der Federn. Der Geruch des toten
Tieres, die nassen Federn, oder die Kombination aus beidem, führte dazu, dass
ich kurz davor war mich zu übergeben. Dass der Kadaver noch ganz warm und weich
war, war der Sache nicht gerade förderlich. Da ich zu zaghaft zog, lösten sich
die Federn nicht. Sie saßen so fest, dass ich mehr Kraft aufwenden musste, als
ich vermutet hatte. Ich musste mich überwinden noch fester zu ziehen. Mit jedem
Rupfen, das in meinen Ohren irgendwie hohl klang, klebten noch mehr

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