Ein Hauch Vanille (German Edition)
Nase.
„Riecht gesund“. Wieder teilte ich ihre Euphorie für eine Sache nicht.
„Probier doch mal, ist die nicht geil? Die kannst du sogar essen.“
„Nee Danke, lass mal stecken.“ Aufdringlich verrieb sie etwas Creme auf meiner
Handoberfläche. Ich fand sie sehr fettig, aber das behielt ich lieber für mich.
Sonst wäre ich die nächsten Stunden damit beschäftigt, Cremes zu testen und von
ihr missioniert zu werden.
„So ein Tiegel verkauft Doris für 50 Euro! Sie kann gar nicht so viel
produzieren, wie sie verkaufen könnte.“
„Schön“ , und ich bin der Kaiser von China , dachte ich. „Ist
irgendwas im Ofen, was riecht denn hier so?“ Auf dem Tisch stand Brot, Käse und
ein großer Ring Fleischwurst.
„Michael macht sich irgendetwas“, sagte sie beiläufig.
„Er macht sich selbst etwas zu essen?“ Das musste ich sehen. So etwas konnte
ich mir doch nicht entgehen lassen!
Michael
stand vor dem Backofen und glotzte wie in einen Fernseher hinein. Das machte
mich neugierig, ich musste wissen was es dort so Interessantes zu sehen gab.
„Hallo!“ begrüßte ich ihn. Er drehte sich nur kurz zu mir um.
„Hast du den Tieren schon Futter gegeben?“ bekam ich zur Antwort. Das
ignorierte ich einfach mal. Wenn wir nicht da waren, fütterte er sie eigentlich
immer. Ich versuchte an ihm vorbei, einen Blick in den Ofen zu erhaschen.
„Was machst du denn da?“ fragte ich ganz interessiert.
„So endest du auch mal, wenn du nicht spurst!“ Er ging ein Stück zur Seite und
warf mir einen hasserfüllten Blick zu. Im Backofen konnte ich ein kleines
Geflügel erkennen, doch für ein Hähnchen war es viel zu klein.
„Das ist der Willy, der sich immer verflogen hat.“
Mir stockte der Atem, konnte das wirklich sein, konnte er wirklich so grausam
sein? Willy war doch sein liebster Täuber! Allen hatte er Namen gegeben.
Tagsüber stand er am Taubenschlag und sprach mit ihnen und jetzt hatte er seine
Lieblingstaube einfach so getötet, gerupft, und ausgeweidet, sie in den Ofen
gesteckt und wollte ihn auch noch essen?! Nur weil er manchmal nicht nach Hause
kam. Dann doch lieber wieder zu den Tiegeln, dachte ich und ging zurück ins
Esszimmer.
Beim
Essen saß mir Michael am Tisch gegenüber und freute sich, über beide Wangen
grinsend, dass ich ihn angewidert ansah. Er biss genüsslich in das kleine
Schenkelchen von Willy. Als er meinen Blick sah, biss er provokativ noch einmal
zu und griente mir entgegen. Jetzt war es amtlich, eindeutig stufte ich ihn als
verhaltensgestört und gefährlich ein.
Die ganze Nacht über konnte ich nicht richtig schlafen. Zum einen, weil Shane
mich heute Nachmittag abholen wollte, zum anderen, weil heute Samstag war und
das hieß, er würde wohl oder übel meine ganze Familie kennen lernen. Michael
hatte er ja nur einmal flüchtig gesehen, als er mit Fara bei mir war und da
hatte sich Michael ja eher noch von seiner positiven Seite präsentiert. Gut,
dass Anne heute da ist, dann habe ich wenigstens nicht Michi an der Backe,
dachte ich. Am Wochenende übernahm sie das zum Glück immer. Michael, da war ich
mir absolut sicher, würde mich blamieren, wenn er die Möglichkeit dazu bekäme.
Ich musste also nur darauf achten, dass sich ihm dazu keine Gelegenheit bieten
würde. Samstag hieß aber auch Putztag und da war Michael sehr penibel. Da
konnte es schon mal vorkommen, dass er sogar selbst den Lappen zur Hand nahm.
Allerdings nur Staub wischen, nichts, wo man sich wirklich die Hände schmutzig
machen konnte. Er würde wieder nach Gründen suchen, um uns um sieben Uhr ins
Bett zu schicken. Über jede Kleinigkeit regte er sich auf. Jede Woche aufs Neue
war der Badezimmerspiegel sein Thema. Immer wieder wurde er mit Zahnpasta
vollgespritzt. Wobei ich mir sicher war, dass er ihn selbst präparierte, nur um
an etwas rumnörgeln zu können und einen Grund zu haben, uns früh ins Bett zu
schicken.
Ein
lauter Schrei drang aus dem Garten. Mit einem Satz sprang ich aus meinem Bett
in Richtung Balkontür. Die Hände an die Scheibe gepresst schlug mein Herz wie
wild. Ich versuchte die Tür zu öffnen, aber vor Aufregung bekam ich sie nicht
auf. Panisch hämmerte ich gegen das dünne Glas. Michi rannte so schnell er
konnte den Berg hinunter, dicht gefolgt vom Puter, der ihn mit
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