Ein Hauch Vanille (German Edition)
bin verliebt in dieses Leben und ich bleib nochmal so lange hier, bei
dir…
Mit
dem Wissen um ihre Krankheit wurde das Lied noch emotionaler, noch
theatralischer, als es ohnehin schon war.
Ich
sah Shane weinen, doch er wischte seine Tränen nicht weg, er ließ es einfach
geschehen. Mit dem Kopf beugte er sich so nah zu mir, dass ich seinen Atem auf
meinem Gesicht spürte. Ich sah seine fein porige Haut, die so glatt war, dass
die Tränen nur so an ihr hinunter schossen. Mit wässrigen Augen sah er mich
entschieden an. Eine Weile versank er in meinem Anblick, dann schmiegte er
seine Wange an mein Gesicht.
„Worauf warten? Schlaf mit mir!“ flüsterte er. Jedoch so leise, dass ich es
kaum noch verstehen konnte. Doch es reichte aus, um meinen Blutdruck blitzartig
in die Höhe schnellen zu lassen. Ich war völlig überfahren.
„Jetzt?“ erwiderte ich mit gebrochener Stimme. Seine Bitte überwältigte mich
und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Meine Hand, die er die ganze
Zeit über festgehalten hatte, fing sofort zu schwitzen an, weil das Kribbeln in
meinem Bauch immer intensiver wurde.
„Nicht jetzt…“, belächelte er meinen kleinen Anflug von Panik. „Ich meine nur,
wer weiß schon wie viel Zeit uns noch bleibt und warum nicht das tun, wonach
wir uns sowieso beide sehnen? Du…“ Er machte eine kurze Pause, zog die
Augenbrauen nach oben und schluckte, „…doch auch?“ fragte er mit zugeschnürter
Kehle.
Was für eine Frage! Ich wollte es so sehr, dass ich an nichts anderes mehr
denken konnte. Mit jedem Kuss wuchs auch meine Gier nach mehr. Ich dachte
schon, er wäre von dieser Sehnsucht gar nicht befallen und war erleichtert zu
hören, dass es ihm genauso ging. Eine tonnenschwere Last fiel von mir ab. Nie
hätte ich es selbst angesprochen, was wenn er “nein“ gesagt hätte? Von
dieser Abfuhr hätte ich mich nie wieder erholt. Nein, lieber hätte ich bis zum
Sankt Nimmerleinstag ausgeharrt, anstatt zu fragen. Aber zum Glück war dies ja
jetzt nicht mehr nötig. Weshalb mich meine Reaktion darauf wieder einmal selbst
überraschte.
Ich
erinnerte mich an meine Kindheit zurück, an das, was ich damals für mich
beschlossen hatte.
Verlegen begann ich an seinem Hemdkragen herum zu spielen, richtete ihn, obwohl
er völlig in Ordnung war, bis sich mein Mund wie ferngesteuert öffnete und ich
meinen eigenen Worten selbst nur fassungslos zuhören konnte.
„Als ich klein war, habe ich etwas für mich beschlossen“. Dann begann ich mit
den Fingern abzuzählen: „Keinen Alkoholiker zum Mann zu nehmen“, ganz kurz
blickte ich zu ihm hoch, erwartungsvoll starrte er mich an, doch ich wandte
meinen Blick gleich wieder von ihm ab.
„Kinder erst mit Dreiundzwanzig“, wieder wanderten meine Augen in seine
Richtung. Noch lächelte er zufrieden. Ich kniff die Augen ein Stück zusammen,
weil ich wusste, dass es damit gleich vorbei sein würde.
„Und das erste Mal mit Siebzehn.“ Er lächelte zwar noch, aber nur noch gequält.
„Da hast du dir ja einen richtigen Plan zu Recht gelegt.“
„Ich fand Sechzehn zu früh und Achtzehn zu spät“, erklärte ich entschuldigend.
Es dauerte nur kurz, dann erhellte sich sein Gesicht wieder. Schmunzelnd beugte
er sich zu mir hinunter.
„Die drei Wochen bis zu deinem Geburtstag kriegen wir auch noch rum.“ Als ich
mich von ihm lösen wollte, blieb ich allerdings an seinen eisblauen Augen hängen,
die das Feuer in mir wieder neu entfachten.
„Entsetzlich lange drei Wochen!“ prophezeite ich ihm. Doch anstatt zu
antworten, nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste mich.
Jasmin drehte sich gerade in die andere Richtung um und ging ein Stück weiter,
sodass wir aus ihrem Blickfeld verschwunden waren. Die Gunst der Stunde mussten
wir nutzen. Schnell zog mich Shane mit zur Tür und wir taten so, als hätten wir
das Gewächshaus gerade erst betreten. Zum Schein öffnete Shane die Tür und ließ
sie laut blechern wieder ins Schloss fallen. Jetzt konnte ich auch die Tomaten
riechen, die an langen Rispen, von einem Holzgestell gestützt, ihren fruchtigen
Duft verströmten. Wir kamen an Bananenpalmen vorbei, die so groß waren, dass
nur noch ein minimaler Durchgang für uns blieb. Fürsorglich zog Shane mich
hinter sich her, die großen
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