Ein Hauch Vanille (German Edition)
wissen, was in meinem Kopf vorging.
Gerade ging es ihr zwar gut, doch in den Monaten zuvor war ihr
Gesundheitszustand alles andere als stabil gewesen. Jedem körperlichem Hoch
folgte ein noch größeres Tief. Im letzten Moment konnte sie das Ruder zwar immer
wieder herumzureißen, doch wie oft würde ihr das noch gelingen?
Gemeinsam
schlenderten wir ins Haus, in das Zimmer ihrer Tochter Lara, die gerade auf
einem großen runden, pinkfarbenen Teppich spielte. Mit ihren kurzen braunen
Haaren sah sie fast wie ein Junge aus. Ganz im Gegensatz zu ihrem Zimmer, das
einem Traum in Pink glich. Ein großer Stoffbehang, übergroße gemütliche Kissen
und unzählige Kuscheltiere luden in ihr Bett ein. Als sie uns sah, sprang sie
sofort auf, stoppte dann aber wieder kurz vor uns. Die Hände versteckte sie
verschämt hinter ihrem Rücken, während sie nervös hin und her wackelte.
„Hallo Shane!“ rief sie liebenswert lispelnd und Shane grüßte sie lächelnd
zurück.
„Bist du Shanes Freundin?“ fragte sie mich. Ich ging auf Augenhöhe in die Knie.
„Ja ich bin Lilly und du musst Lara sein. Wie alt bist du denn?“ Sie nahm eine
Hand zu Hilfe und zeigte vier Finger. „Dann bist du ja schon groß und gehst
schon in den Kindergarten?!“ Sie nickte zustimmend.
„Ja, da haben wir auch ein Telefon, ein richtiges, darf ich dich damit anrufen?
Wenn Mama im Krankenhaus ist, ist mir immer so langweilig“. Traurig verzog sie
das Gesicht. Betretene Stille, niemand wusste was er sagen sollte.
„Du darfst mich immer anrufen, wann du willst!“ versprach ich ihr.
„Nun kommt, es gibt Berliner für alle“, rief Jasmin und schob uns sanft aus
dem Zimmer.
„Ich will neben Shane sitzen, darf ich?“ fragte Lara aufgeregt in meine
Richtung.
„Na klar“, antwortete ich und bedachte sie mit einem extra breiten Lächeln.
Nachdem wir eine Weile zusammen gesessen hatten und Shane unzählige Male sein
Talent zum Füllen von peinlichen Sprechpausen unter Beweis stellen musste,
wurde es Zeit zu gehen. Verlegen fuhr sich Shane mit einer Hand durch die
Haare, während er mit der anderen nach meiner suchte.
„Wir müssen uns leider auch wieder auf den Weg machen“, sagte er in betrübtem Ton.
Lara klammerte sich sofort an seinen Arm und wollte ihn nicht gehen lassen. „Ich
komme wieder Lara, versprochen.“
Das Verhalten ihrer Tochter war Jasmin unangenehm, weshalb sie sie zur Ordnung
rief. Mit gesenktem Kopf lief das Mädchen zum Fenster um uns zum Abschied zuzuwinken.
Ich zog meinen, an dem Lenker hängenden Helm über und blickte zu ihr hoch.
Shane tat dasselbe, wir winkten beide, dann drehte er sich mit offenem Visier
zu mir um. „Fertig?“
„Ja, kann losgehen!“ antwortete ich und machte mich startklar. Um nicht wieder
mit den Helmen zusammen zu stoßen, versteifte ich mich, um den Schwung der
gleich folgen würde, abzufangen. Shane gab Gas und zu meiner Überraschung
landete ich plötzlich unsanft auf dem Asphalt. Erst dachte ich, er hätte nur zu
viel Gas gegeben und mich abgeworfen, doch dann bemerkte ich, dass Shane
mitsamt seinem Motorrad verschwunden war. Mit offenem Mund und auf dem Boden
sitzend wurde mir jetzt schmerzlich bewusst, wie gefährlich die unerwarteten
Portalschließungen mitunter werden konnten.
Ich verzerrte das Gesicht, mein Steiß quälte mich.
„Aua! So langsam geht mir das echt auf´n Piss…“, rief ich. Teilnahmslos
verharrte ich noch einen Moment auf der Straße. „Wie leichtsinnig von uns, das
hätte wirklich ins Auge gehen können“, murmelte ich entsetzt.
Jasmin war so nett mich nach Hause zu fahren. Als wir in Kaltenbach in die
Straße zu unserem Haus einbogen, sah ich Shane, der mich bereits vor der Tür
stehend erwartete. Er hatte sich Sorgen gemacht und wollte nach mir sehen.
„Nochmal fahre ich nicht mit dir! Hast du wieder die Zauberpilze vergessen?“
fragte ich vorwurfsvoll, als ich aus dem Auto stieg. Beschämt senkte Shane den
Kopf.
„Das hätte mich das Leben kosten können!“ fuhr ich ihn an.
Das
Telefon klingelte. Petras Anrufe waren in letzter Zeit immer seltener geworden.
Da ich ihr von Shane nichts erzählen durfte, rief ich sie auch nicht mehr so
häufig an. Nur unter fadenscheinigen Ausreden konnte ich sie davon überzeugen,
mich
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