Ein Hauch Vanille (German Edition)
das allerschönste und brauchbarste Geschenk, das ich jemals bekommen
habe!“ Freudestrahlend fiel ich ihm um den Hals. Dabei wurde mir bewusst, wie
wichtig es auch ihm sein musste, dass ich schneller zu ihm fand.
„Du fängst doch nicht etwa an zu weinen?“ Er schaute seitlich in mein Gesicht,
um sich zu vergewissern.
Wie sollte ich bei diesem Anblick meine Gefühle unterdrücken? Es funktionierte
nicht und ich wollte es auch gar nicht. Ich musste mich nicht mehr verstecken,
nicht vor ihm. Mich fallen lassen und den Gefühlen freien Lauf lassen, das
konnte ich nun bei ihm. Wie lange war das in meinem normalen Leben schon her?
Wie lange versteckte ich mich schon hinter dieser Fassade? Wie lange gab ich
schon vor, dass mir das alles nichts ausmachen würde? Ich wusste es nicht und
konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann und wie es angefangen hatte. Mir
fiel nur eine Situation ein, als die Welt für mich noch in Ordnung schien: Als
mein Vater mit mir auf dem Arm im Wohnzimmer tanzte. Mit seiner Püppi und ich
wusste genau, dass es das letzte Mal sein würde.
„Wenn du es nicht extra erwähnt hättest, dann hätte ich sicher nicht heulen
müssen“, entgegnete ich ihm und kniff ihm in die Seite. Trotz Tränen in den
Augen war ich dennoch zu Scherzen aufgelegt.
„Und ich dachte schon, ich bekomme eine hunderter Schachtel Kondome“, witzelte
ich und räusperte mich leicht verlegen. Er lachte, griff in die Hosentasche und
zog eine schwarze Box mit vielen bunten Kondomen darauf heraus und legte sie
auf den Nachttisch.
„Geschenk Nummer Drei?“, fragte ich und verzog keine Miene. Seine Unsicherheit
war ihm deutlich anzumerken, jedoch keine Spur von Peinlichkeit.
„Mann muss ja vorbereitet sein!“ sagte er und ich fragte mich, was er wohl nun
von mir erwartete? Ich setzte mich aufs Bett und nahm die Packung in die Hand.
„Pfff, nur zwanzig Stück?!“, fragte ich und sah ihn vorwurfsvoll an. Jetzt
stieg sogar ihm mal die Röte ins Gesicht.
„Ich kann noch welche besorgen!“ erwiderte er übereifrig, wobei ich nicht zu
deuten wusste, ob er es ernst meinte oder nicht.
Auf einmal war ich völlig verunsichert, war ich gezwungen es sofort zu tun?
Während meiner Periode? Auf keinen Fall! Dass ich bis zu meinem siebzehnten
Geburtstag warten wollte, hieße ja nicht, dass es direkt an diesem Tag
passieren musste. War er etwa davon ausgegangen? Ich hatte keine Vorstellung davon
wie und wann es passieren sollte, auf jeden Fall nicht einfach so nebenbei.
Ich fragte mich, ob er schon Erfahrung hatte. Fragt man überhaupt danach oder
bleibt so etwas unausgesprochen? Oder hieß nicht danach zu fragen, dass es mich
nicht interessiert? Was wäre, wenn er schon sexuelle Erfahrungen gemacht hätte?
Nein, eigentlich wollte ich das alles gar nicht wissen. Egal was er sagen
würde, nichts würde mich zufrieden stellen. Keine Erfahrung hieße, dass wir
beide keine Ahnung hatten. Erfahrung hieße… Wer? Wie? Wo? Den Gedanken konnte
ich nicht ertragen. Tilt. Mein Hirn setzte aus. Die gute Laune war jetzt irgendwie
dahin, obwohl doch außer in meiner Vorstellung rein gar nichts passiert war.
Wir lagen längsseits auf dem Bett, während Shanes Hand langsam unter meinem Pulli
wanderte. Er versuchte den Verschluss meines BHs zu öffnen. Mir stockte der
Atem. Er wollte doch nicht wirklich…? Ich erwiderte zwar seine Küsse, aber zu
mehr würde ich mich nicht hinreißen lassen. Doch dann bekam ich plötzlich keinen
Ton mehr heraus, meine Kehle war wie zugeschnürt. Mit jedem seiner Küsse, die
immer fordernder wurden, wurde auch mein Verlangen stärker. So stark, dass ich
mir jetzt selbst gar nicht mehr so sicher war, ob ich ihn überhaupt noch
stoppen konnte oder wollte. Als seine Hand anfing abwärts zu wandern, ergriff
mich dann aber doch die blanke Panik. Mein Herzklopfen verwandelte sich in ein
Herzrasen. Was sollte ich nur tun, wie reagieren, ohne ihn zu verletzen? Es
fühlte sich so gut an, aber heute konnte ich unmöglich weiter gehen, so sehr
ich es auch selbst wollte. Ich fasste allen Mut zusammen und stoppte seine
Hand.
„Es geht nicht Shane, nicht heute.“ Aber ich spürte seine Hand nicht mehr in
meiner. Ich fuhr vom Bett hoch und atmete erleichtert auf. Manchmal erledigen
sich die Dinge doch einfach von selbst, man musste sie nur
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