Ein Hauch von Schnee und Asche
hast du’s.« Sein Tonfall war deutlich alarmiert, und er wich ein wenig zurück und machte mit einer Hand ein Zeichen in meine Richtung.
Ohne die geringste Ahnung zu haben, was mich dazu trieb, ließ ich den Stein fallen, fuhr mir mit den Fingern der rechten Hand über den Schnitt, streckte die Hand aus und zog sie mit einer raschen Bewegung über die Wange des Schmächtigen. Ich wiederholte das gemeine Lachen.
»Verfluchen, wie?«, sagte ich. »Wie ist es hiermit? Rührt mich noch einmal an, und Ihr sterbt in den nächsten vierundzwanzig Stunden.«
Die Blutstreifen waren dunkel in seinem weißen Gesicht zu sehen. Er war mir nah genug, dass ich seinen sauren Atem riechen und die Wut sehen konnte, die sich in seinem Gesicht aufstaute.
Was glaubst du eigentlich, was du hier tust, Beauchamp? , dachte ich, von mir selbst ganz überrascht. Hodge holte mit der Faust aus, um mich zu schlagen, doch der kräftige Mann packte ihn mit einem Aufschrei der Angst am Handgelenk.
»Nicht! Du bringst uns alle um!«
»Ich bringe dich gleich um, Arschgesicht!«
Hodge hatte das Messer immer noch in der anderen Hand; er stach ungeschickt
auf den größeren Mann ein und grunzte vor Wut. Der kräftige Mann keuchte, als das Messer ihn traf, war jedoch nicht schlimm getroffen – und verdrehte das Handgelenk, das er festhielt. Hodge stieß einen schrillen Aufschrei aus wie ein Kaninchen, das der Fuchs gefangen hat.
Sofort waren die anderen zur Stelle, und tasteten lautstark nach ihren Waffen. Ich machte kehrt und rannte los, kam jedoch nur ein paar Schritte weit, bevor mich einer von ihnen packte, die Arme um mich schlang und mich fest an sich riss.
»Ihr geht nirgendwo hin, meine Dame«, keuchte er mir ins Ohr.
Er hatte Recht. Er war nicht größer als ich, aber um einiges kräftiger. Ich wehrte mich gegen seine Umklammerung, doch er hatte beide Arme fest um mich geschlungen und drückte jetzt noch fester zu. Da blieb ich stocksteif stehen. Mein Herz hämmerte vor Wut und Angst, doch ich wollte ihm keine Entschuldigung verschaffen, mich zu misshandeln. Er war erregt; ich konnte spüren, dass auch sein Herz hämmerte, und ich roch frischen Schweiß neben den Ausdünstungen seiner schmuddeligen Kleider und seines Körpers.
Ich konnte nicht sehen, was geschah, aber ich hatte jetzt weniger das Gefühl, dass sie sich prügelten, als vielmehr, dass sie sich nur gegenseitig anbrüllten. Mein Bewacher verlagerte das Gewicht und räusperte sich.
»Äh … woher kommt Ihr, Ma’am?«, fragte er ganz höflich.
»Was?«, sagte ich völlig verblüfft. »Woher? Ähm … äh … England. Ursprünglich aus der Grafschaft Oxford. Dann Boston.«
»Oh? Ich bin auch aus dem Norden.«
Ich unterdrückte das automatische Bedürfnis, »angenehm«, zu erwidern, da es mir nicht angenehm war, und die Unterhaltung stockte.
Die Rauferei hatte so abrupt aufgehört, wie sie angefangen hatte. Unter knurrenden Warnlauten wichen die restlichen Männer vor Hodges Gebrüll zurück, er habe hier das Kommando und sie sollten besser tun, was er sagte, sonst müssten sie die Konsequenzen tragen.
»Er meint es ernst«, murmelte mein Bewacher, der mich nach wie vor fest an seine verdreckte Brust gedrückt hielt. »Glaubt mir, meine Dame, ärgert ihn besser nicht.«
»Hmpf«, sagte ich, obwohl ich davon ausging, dass der Ratschlag gut gemeint war. Ich hatte gehofft, dass die Auseinandersetzung sich lautstark in die Länge ziehen würde und sich damit die Chancen vergrößern würden, dass Jamie uns einholte.
»Und woher stammt dieser Hodge, wo wir gerade von Geburtsorten sprechen?«, fragte ich. Er kam mir so verflixt bekannt vor; ich war mir sicher, dass ich ihn irgendwo schon einmal gesehen hatte – aber wo?
»Hodgepile? Ahhh … England, nehme ich an«, sagte der junge Mann. Er klang überrascht. »Hört man ihm das denn nicht an?«
Hodge? Hodgepile? Irgendwo klingelte es in der Tat, aber -
Das allgemeine Gemurmel und Geschiebe war zwar nicht ganz vorbei,
aber nach viel zu kurzer Zeit waren wir wieder unterwegs. Diesmal durfte ich Gott sei Dank normal reiten, wenn auch meine Hände gefesselt und an den Sattel gebunden wurden.
Wir kamen sehr langsam voran; es gab zwar eine Art Pfad, doch selbst im schwachen Licht des aufgehenden Mondes war das Terrain schwierig. Das Pferd, auf dem ich ritt, wurde jetzt nicht mehr von Hodgepile geführt; der junge Mann, der mich wieder eingefangen hatte, hielt es am Kopfstück und zog und lockte das zunehmend
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