Ein Hauch von Schnee und Asche
ihn hängen«, erwiderte Jamie nach einer kurzen Pause. »Aber ich habe noch ein paar Fragen, auf die ich Antworten haben will. Und ich muss mir überlegen, wie ich das Ganze am besten bewerkstellige. Denk nicht darüber nach, Sassenach; du wirst ihn nicht wiedersehen.«
Mit diesen Worten stand er auf und räkelte sich, bis seine Muskeln knackten, dann ließ er die Schultern fallen und entspannte sich mit einem Seufzer. Er gab mir die Hand und half mir auf.
»Geh zu Bett, Sassenach; ich komme sofort nach. Ich muss nur kurz noch etwas mit Ian besprechen.«
Der warme Toast, der Cidre und unsere Unterhaltung hatten bewirkt, dass ich mich vorübergehend besser fühlte. Doch ich war so müde, dass ich mich kaum die Treppe hinaufschleppen konnte, und ich musste mich benommen schwankend auf das Bett setzen und konnte nur hoffen, dass ich die Kraft finden würde, mich auszuziehen. Es vergingen einige Minuten, ehe ich bemerkte, dass sich Jamie an der Tür herumdrückte.
»Äh …?«, sagte ich vage.
»Ich war mir nicht sicher, ob du möchtest, dass ich heute Nacht bei dir schlafe?«, fragte er zögernd. »Wenn du lieber allein bleibst, könnte ich Josephs Bett nehmen. Oder wenn du möchtest, schlafe ich neben dir auf dem Boden.«
»Oh«, sagte ich verständnislos und versuchte, diese Alternativen abzuwägen. »Nein. Bleib hier. Schlaf bei mir, meine ich.« Trotz meiner bodenlosen Erschöpfung brachte ich so etwas wie ein Lächeln zuwege. »Du kannst zumindest das Bett wärmen.«
Bei diesen Worten huschte ein höchst seltsamer Ausdruck über sein Gesicht, und ich blinzelte, weil ich mir nicht sicher war, ob ich ihn tatsächlich gesehen hatte. Doch es war so; seine Miene war hin- und hergerissen zwischen Verlegenheit und bestürzter Belustigung – und irgendwo dahinter lag der Ausdruck, den er vermutlich auf dem Weg zum Scheiterhaufen getragen hätte; heroische Schicksalsergebenheit.
»Was in aller Welt hast du getan?«, fragte ich so überrascht, dass ich aus meinem Dämmerzustand gerissen wurde.
Die Verlegenheit siegte; die Spitzen seiner Ohren liefen rot an, und auch seine Wangen verfärbten sich, selbst im schwachen Licht der Kerze, die ich auf den Tisch gestellt hatte.
»Eigentlich hatte ich vor, es dir nie zu erzählen«, murmelte er und wich meinem Blick aus. »Ich habe Ian und Roger Mac schwören lassen, dass sie schweigen.«
»Oh, sie haben geschwiegen wie die Gräber«, versicherte ich ihm. Obwohl seine Äußerung vielleicht den seltsamen Gesichtsausdruck erklärte, den Roger in letzter Zeit manchmal trug. »Was ist passiert?«
Er seufzte und schabte mit der Kante seines Schuhs über den Boden.
»Aye, nun ja. Es liegt an Tsisqua, verstehst du. Beim ersten Mal hat er es als Geste der Gastfreundschaft gemeint, aber als Ian ihm dann gesagt hat… nun ja, es war nicht das Beste, was er unter den Umständen sagen konnte, nur… Und als wir dann das nächste Mal kamen, waren sie wieder da, nur ein anderes Paar, und als ich versucht habe, sie fortzuschicken, haben sie gesagt, Bird hätte ihnen aufgetragen zu sagen, es sei um meines Schwures willen, denn was nützte ein Schwur, dessen Einhaltung mich nichts kostete. Und der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, ob es ihm damit Ernst ist oder ob er nur glaubt, dass ich entweder nachgebe und er mich damit in der Hand hat, oder dass ich ihm seine Gewehre besorge, um der Sache ein Ende
zu setzen – oder macht er sich nur auf meine Kosten lustig? Selbst Ian sagt, er weiß es nicht, und wenn er -«
»Jamie«, unterbrach ich ihn, »wovon redest du?«
Er streifte mich mit einem raschen Blick und wandte ihn wieder ab.
»Äh… von nackten Frauen«, platzte er heraus und wurde so rot wie ein Stück neuer Flanellstoff.
Ich starrte ihn einen Augenblick an. Ich hatte zwar leichtes Ohrensausen, aber hören konnte ich trotzdem gut. Ich zeigte mit dem Finger auf ihn – vorsichtig, weil all meine Finger blau geschwollen waren.
»Du«, sagte ich in gemäßigtem Tonfall, »komm sofort her. Setz dich hier hin -«, ich wies neben mir auf das Bett, »- und erkläre mir in Worten, die nicht mehr als eine Silbe haben, was du getan hast.«
Das tat er, mit dem Ergebnis, dass ich fünf Minuten später flach auf dem Bett lag und vor Lachen keuchte, gleichzeitig stöhnte, weil meine angeknacksten Rippen schmerzten, und mir die Tränen über die Schläfen in die Ohren liefen.
»Ohgottogottogott«, keuchte ich. »Das ertrage ich nicht, wirklich nicht. Hilf mir, mich hinzusetzen.«
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