Ein Hauch von Schnee und Asche
so schauderhaft es dort war -, als Aaron Beardsley noch als Indianerhändler arbeitete, und sie hatten auch mit den neuen Inhabern weiter Geschäfte gemacht – ein Arrangement, das allen Beteiligten sehr entgegenkam.
»Und das hat Hodgepile gesehen«, warf Ian ein. Hodgepiles Bande war getreu ihrer üblichen Brachialmethode, Geschäfte zu machen, in das Haus spaziert, hatte das Verwalterehepaar erschossen und mit einer systematischen Plünderung begonnen. Die elfjährige Tochter des Ehepaars, die zum Glück in der Scheune war, als die Bande eintraf, war auf ein Maultier geklettert und wie der Teufel nach Brownsville geritten, um Hilfe zu holen. Wie es das Schicksal wollte, war sie dem Komitee begegnet, das gerade von einer Erledigung zurückkehrte, und hatte es rechtzeitig zum Haus geführt, um den Räubern Paroli zu bieten.
Das hatte zu etwas geführt, was man in späteren Jahren als Patt-Situation bezeichnen würde. Die Browns hatten das Haus umzingelt. Hodgepile dagegen hatte Alicia Beardsley Brown in seiner Gewalt – das zweijährige Mädchen, das die rechtmäßige Eigentümerin des Handelspostens war und nach dem Tod seines Vaters von den Browns adoptiert worden war.
Hodgepile hatte genug Lebensmittel und Munition im Haus, um einer wochenlangen Belagerung zu trotzen; den Browns widerstrebte es, ihr wertvolles Eigentum in Brand zu setzen, um ihn ins Freie zu treiben, oder das Leben des Mädchens durch eine Erstürmung zu gefährden. Nachdem beide Seiten ein oder zwei Tage planlos in die Gegend geschossen hatten und die Browns zunehmend gereizt wurden, weil sie im Wald rings um das Haus übernachten mussten, hatte jemand im ersten Stock eine weiße Fahne geschwenkt, und Richard Brown hatte sich hineinbegeben, um mit Hodgepile zu verhandeln.
Das Ergebnis war ein auf Argwohn basierendes Abkommen gewesen. Hodgepiles Bande würde ihre Aktivitäten fortsetzen, sich dabei aber von Siedlungen fern halten, die unter dem Schutz der Browns standen. Den Ertrag ihrer Raubzüge würde sie zum Handelsposten bringen, wo man ihn unauffällig und profitabel absetzen konnte. Hodgepiles Bande würde eine großzügige Gewinnbeteiligung erhalten.
»Den Ertrag«, sagte ich und nahm ein frisches Stück Toast von Jamie entgegen. »Das – meinst du, Gefangene?«
»Manchmal.« Seine Lippen pressten sich fest zusammen, und er schenkte mir einen Becher Cidre ein und reichte ihn mir. »Je nachdem, wo sie gerade waren. Wenn sie in den Bergen Gefangene machten, wurden diese manchmal
über den Handelsposten an die Indianer verkauft. Gefangene aus dem Vorgebirge verkauften sie an Flusspiraten oder brachten sie an die Küste, um sie auf die Westindischen Inseln zu verkaufen – das brachte den besten Preis, aye? Ein vierzehnjähriger Junge brachte ihnen mindestens hundert Pfund ein.«
Meine Lippen waren taub, und das nicht nur vom Cidre.
»Wie lange?«, fragte ich angewidert. »Wie viele?« Kinder, junge Männer, junge Frauen, aus ihren Häusern gerissen und kaltblütig in die Sklaverei verkauft. Niemand, der ihnen hätte folgen können. Selbst wenn es ihnen irgendwann gelang zu entfliehen, gab es keinen Ort – keinen Menschen – mehr, an den – oder zu dem – sie zurückkehren konnten.
Jamie seufzte, er sah unaussprechlich müde aus.
»Brown weiß es nicht«, sagte Ian leise. »Sagt er. Er sagt, damit hatte er nichts zu tun.«
»Das kann er sonstwem erzählen«, knurrte ich, und meine Wut war für ein paar Sekunden stärker als mein Entsetzen. »Er war doch dabei, als Hodgepile und seine Männer hier aufgetaucht sind. Er wusste, dass sie vorhatten, den Whisky zu stehlen. Und er muss schon öfter bei ihnen gewesen sein, wenn sie… andere Dinge getan haben.«
Jamie nickte.
»Er behauptet, er hätte versucht, sie davon abzuhalten, dich mitzunehmen.«
»Das stimmt«, sagte ich knapp. »Und dann hat er versucht, sie dazu zu bringen, mich umzubringen, damit ich dir nicht verraten konnte, dass er hier gewesen war. Und dann hat er versucht, mich eigenhändig zu ertränken! Ich gehe nicht davon aus, dass er dir das ebenfalls erzählt hat.«
»Nein, das hat er nicht.« Ian wechselte einen kurzen Blick mit Jamie, und ich sah, wie sie eine unausgesprochene Übereinkunft trafen. Mir kam der Gedanke, dass ich möglicherweise gerade Lionel Browns Schicksal besiegelt hatte. Falls es so war, war ich mir nicht sicher, ob ich deswegen Schuldgefühle hatte.
»Was – was habt Ihr mit ihm vor?«, wollte ich wissen.
»Wahrscheinlich werde ich
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