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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gehabt, hätte ich den Fußboden wie eine Sonnenuhr eichen und die Fugen zwischen den Dielen in Minuten einteilen können.
    So jedoch teilte ich sie in Herzschläge ein und zählte die Sekunden, bis die Sonne meine Arbeitsfläche erreichte, wo mein Mikroskop neben Objektträger und Becher bereitstand.
    Ich hörte leise Schritte im Flur, dann drückte Jamie mit der Schulter die Tür auf, in jeder Hand einen Zinnbecher mit irgend etwas Heißem beide in ein Tuch gewickelt, um sich nicht zu verbrennen.
    »Ciamar a tha thu, mo chridhe?« , sagte er leise und reichte mir einen der Becher, während er mir einen Kuss auf die Stirn hauchte. »Wie steht es denn?«
    »Es könnte schlimmer sein.« Ich schenkte ihm ein Lächeln der Dankbarkeit, das jedoch von einem Gähnen unterbrochen wurde. Ich brauchte ihm nicht zu sagen, dass Padraig und seine ältere Tochter noch lebten; er hätte es meinem Gesicht sofort angesehen, wenn sich etwas Schlimmes ereignet hätte. Nein, ich glaubte, dass sich beide erholen würden, wenn es keine Komplikationen gab; ich war die ganze Nacht bei ihnen geblieben und hatte sie jede Stunde geweckt, um sie abwechselnd eine Mischung aus Honigwasser mit ein wenig Salz oder einen kräftigen Pfefferminztee mit Hartriegelrinde trinken zu lassen, der den Darm beruhigen sollte.

    Ich hob die Teetasse – Gänsefußkraut -, schloss die Augen, während ich ihr leicht bitteres Parfum einatmete, und spürte, wie sich meine verkrampfte Hals- und Schultermuskulatur vorfreudig entspannte.
    Er hatte gesehen, wie ich den Kopf verdrehte, um meinen Hals zu entkrampfen; Jamies Hand senkte sich auf meinen Nacken, groß und wunderbar warm, weil er den heißen Tee damit festgehalten hatte. Bei seiner Berührung stöhnte ich leise ekstatisch auf, und er lachte tief in seiner Kehle, während er meine schmerzenden Muskeln massierte.
    »Solltest du nicht im Bett sein, Sassenach? Du hast doch die ganze Nacht nicht geschlafen.«
    »O doch… ein bisschen.« Ich hatte am offenen Fenster gesessen und unruhig gedöst, ständig aufgeschreckt durch Motten, die mein Gesicht berührten, weil sie angezogen vom Licht meiner Kerze ins Zimmer flogen. Doch bei Tagesanbruch war Mrs. Bug gekommen, hellwach und in frisch gestärkten Kleidern, um die anstrengende Pflege der Patienten zu übernehmen.
    »Ich lege mich gleich hin«, versprach ich. »Aber ich wollte erst etwas nachsehen.« Ich wies mit einer vagen Handbewegung auf mein Mikroskop, das zusammengeschraubt auf dem Tisch wartete. Daneben standen mehrere Glasfläschchen, die mit zusammengedrehten Stoffstückchen verstopft waren und jeweils eine bräunliche Flüssigkeit enthielten. Jamie betrachtete sie stirnrunzelnd.
    »Nachsehen? Was denn?«, sagte er. Er hob seine lange, gerade Nase und schnupperte argwöhnisch. »Ist das Scheiße?«
    »Ja, das ist es«, sagte ich, ohne mir die Mühe zu machen, ein herzhaftes Gähnen zu unterdrücken. Ich hatte – so diskret wie möglich – Proben von Hortense und ihrem Baby genommen und später auch von meinen lebenden Patienten. Jamie beäugte sie.
    » Was genau«, erkundigte er sich vorsichtig, »willst du denn da finden?«
    »Nun, ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Und es ist durchaus möglich, dass ich gar nichts finde – oder nichts, was ich erkennen kann. Aber es ist möglich, dass es entweder eine Amöbe oder ein Bazillus war, woran die MacNeills erkrankt sind – und ich glaube, eine Amöbe würde ich erkennen; sie sind ziemlich groß. Relativ gesehen«, fügte ich hastig hinzu.
    »Oh, aye?« Er runzelte die Stirn, dann zog er seine roten Augenbrauen hoch. »Warum?«
    Das war eine bessere Frage als ihm bewusst war.
    »Nun, zum Teil aus Neugier«, gab ich zu. »Aber wenn ich einen Verursacherorganismus finde, den ich kenne, weiß ich auch etwas mehr über die Krankheit – wie lange sie dauert zum Beispiel und ob es Komplikationen gibt, mit denen man rechnen muss. Und wie ansteckend sie ist.«
    Er sah mich an, den Becher halb an den Mund gehoben.
    »Ist es eine, die du auch bekommen kannst?«
    »Ich weiß es nicht«, räumte ich ein. »Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass
es so ist. Gegen Typhus bin ich geimpft – aber das hier sieht nicht danach aus. Und es gibt keine Impfstoffe gegen Dysenterie oder Giardia -Vergiftungen.«
    Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, und seine Stirn blieb in Falten gelegt, während er einen Schluck Tee trank. Seine Finger drückten ein letztes Mal auf meinen Nacken, dann ließ er sie sinken.
    Ich nippte

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