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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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– Schlachtfelder und das, was danach kam.
    »Die Männer, die in diesen Kriegen gekämpft haben – und die Frauen – die meisten von ihnen sind nicht im Kampf gestorben. Sie sind so gestorben -« Ich hob meinen Becher in Richtung des offenen Fensters, der friedvollen Berge, der fernen Talsenke, in der Padraig MacNeills Hütte verborgen lag. »Sie sind an Krankheiten und Vernachlässigung gestorben, weil es sich nicht verhindern ließ.«
    »Das habe ich auch schon erlebt«, sagte er leise und betrachtete die verschlossenen Fläschchen. »Krankheiten, die eine Stadt überrennen; ein halbes Regiment, das am Durchfall stirbt.«

    »Ich weiß.«
    Schmetterlinge erhoben sich jetzt zwischen den Blumen auf dem Hof, Kohlweißlinge und Zitronenfalter, und hier und dort segelte ein letzter Tigerschwalbenschwanz träge aus dem Wald. Mein Daumen lag immer noch auf seinem Handgelenk, und ich spürte seinen Herzschlag, langsam und kraftvoll.
    »Brianna wurde sieben Jahre nach der allgemeinen Verbreitung von Penizillin geboren. Sie ist in Amerika geboren – nicht diesem hier -«, ich wies erneut zum Fenster, »sondern dem anderen, dem Amerika der Zukunft. Dort ist es nicht üblich, dass ganze Menschenmassen an ansteckenden Krankheiten sterben.« Ich sah ihn an. Das Licht hatte seine Taille erreicht und ließ den Metallbecher in seiner Hand schimmern.
    »Erinnerst du dich noch an den ersten Menschen, dessen Tod du bewusst mitbekommen hast?«
    Sein Gesicht verlor vor Überraschung jeden Ausdruck, doch dann dachte er scharf nach. Einen Moment darauf schüttelte er den Kopf.
    »Mein Bruder war der Erste, der mir wichtig war, aber sicher habe ich vorher andere Todesfälle erlebt.«
    »Ich kann mich auch nicht daran erinnern.« Meine Eltern natürlich; ihr Tod hatte mich persönlich getroffen – aber als Engländerin hatte ich mein Leben im Schatten von Mahnmalen und Gedenksteinen zugebracht, und es starben regelmäßig Menschen, die mit meiner Familie gut bekannt waren. Mir kam eine plötzliche, lebhafte Erinnerung an meinen Vater, der einen Homburg aufsetzte und einen dunklen Mantel anzog, um zur Beerdigung der Bäckersfrau zu gehen. Mrs. Briggs hatte sie geheißen. Aber sie war nicht die Erste gewesen; ich wusste schon über den Tod und über Beerdigungen Bescheid – wie alt war ich damals gewesen? Vier vielleicht?
    Ich war sehr müde. Meine Augen fühlten sich vor Schlafmangel rau an, und das zarte Morgenlicht nahm jetzt die Helligkeit des vollen Sonnenlichts an.
    »Ich glaube, Franks Tod war der erste Sterbefall, den Brianna je unmittelbar erlebt hat. Kann sein, dass es noch andere gab; ich weiß es nicht genau. Aber was ich sagen will, ist -«
    »Ich weiß, was du sagen willst.« Er streckte die Hand aus, um mir den leeren Becher aus der Hand zu nehmen, und stellte ihn auf die Arbeitsplatte, dann leerte er seinen eigenen Becher und stellte ihn ebenfalls hin.
    »Aber sie hat doch keine Angst um sich selbst, aye?«, fragte er mit durchdringendem Blick. »Es ist der Kleine.«
    Ich nickte. Sie musste natürlich gewusst haben, theoretisch, dass so etwas möglich war. Aber zu erleben, wie einem ein Kind plötzlich in den Armen stirbt, und das an etwas so Simplem wie Durchfall …
    »Sie ist eine gute Mutter«, sagte ich und gähnte plötzlich. Es stimmte. Sie wachte mit Feuereifer über Jemmy, sorgte dafür, dass er gut aß, hielt ihn
vom Feuer fern, packte ihn warm ein, um ihn vor Durchzug zu schützen, passte im Freien auf, falls er gestochen oder gebissen wurde. Aber sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass so etwas Unbedeutendes wie ein Krankheitskeim ihr Kind rauben könnte. Bis gestern nicht.
    Jamie stand plötzlich auf und zog mich hoch.
    »Geh ins Bett, Sassenach«, sagte er. »Das kann warten.« Er wies kopfnickend auf das Mikroskop. »Ich habe noch nie erlebt, dass Scheiße vom Stehenlassen schlecht geworden ist.«
    Ich lachte und ließ mich langsam gegen ihn sinken, bis meine Wange an seine Brust gepresst lag.
    »Da könntest du Recht haben.« Dennoch löste ich mich nicht von ihm. Er hielt mich fest, und wir sahen zu, wie sich der Sonnenschein ausbreitete und langsam die Wand hinaufkroch.

62
    Amöben
    Ich drehte den Spiegel des Mikroskops noch einen Millimeter weiter, um möglichst viel Licht zu bekommen.
    »Da.« Ich trat zurück und winkte Malva herbei, damit sie es sich ansah. »Sehr Ihr es? Das große, durchsichtige, ausgebeulte Ding in der Mitte mit den kleinen Flecken?«
    Sie runzelte die Stirn und blinzelte

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