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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ebenfalls behutsam an meinem Tee und seufzte vor Vergnügen, als er mir sanft die Kehle versengte und heiß und tröstend in meinen Magen hinunterlief.
    Jamie ließ sich auf einem Hocker nieder und streckte seine langen Beine vor sich aus. Er blickte in die dampfende Tasse in seinen Händen hinunter.
    »Findest du den Tee heiß, Sassenach?«, fragte er.
    Jetzt zog ich meine Augenbrauen hoch. Beide Becher waren immer noch eingewickelt, und ich konnte spüren, wie die Hitze durch das Tuch in meine Handfläche drang.
    »Ja«, sagte ich. »Wieso?«
    Er hob den Becher und nahm einen Schluck Tee, den er einen Moment im Mund behielt, bevor er schluckte; ich konnte sehen, wie sich seine langen Halsmuskeln bewegten.
    »Brianna ist in die Küche gekommen, während ich ihn zubereitet habe«, sagte er. »Sie hat sich die Schüssel und das Seifentellerchen genommen – und dann hat sie einen Schöpflöffel dampfendes Wasser aus dem Kessel genommen und es sich über die Hände gegossen, erst die eine, dann die andere.« Er hielt einen Augenblick inne. »Das Wasser hat noch gekocht, als ich es einen Moment zuvor vom Feuer genommen habe.«
    Mein Schluck Tee nahm den falschen Weg, und ich hustete.
    »Hat sie sich verbrannt?«, sagte ich, als ich wieder zu Atem gekommen war.
    »Ja«, sagte er grimmig. »Sie hat sich von den Fingerspitzen bis zu den Ellbogen abgeschrubbt, und ich habe die Blase an der Seite ihrer Hand gesehen, dort wo das Wasser aufgetroffen ist.« Er hielt einen Moment inne und musterte mich über den Becherrand hinweg. Sorge verdunkelte seine blauen Augen.
    Ich trank einen weiteren Schluck von meinem ungesüßten Tee. Kurz nach dem Morgengrauen war es so kühl im Zimmer, dass mein heißer Atem kleine Dampfwölkchen bildete, als ich seufzte.
    »Padraigs Baby ist in Marsalis Armen gestorben«, sagte ich leise. »Sie hatte das andere Kind im Arm. Sie weiß, dass es ansteckend ist.« Und in diesem Wissen konnte sie ihr eigenes Kind weder anfassen noch in den Arm nehmen, ohne sich zuvor alle Mühe zu geben, ihre Angst abzuwaschen.
    Jamie regte sich beklommen.
    »Aye«, begann er. »Aber trotzdem…«
    »Es ist etwas anderes«, sagte ich und legte ihm eine Hand auf das Handgelenk, zu meiner eigenen Beruhigung genau so wie zu seiner.

    Die herrliche Morgenluft und die vergängliche Kühle, die Gesicht und Verstand gleichermaßen berührte, zerstreuten das warme Knäuel aus Träumen. Gras und Bäume waren noch von einem kühlen Dämmerleuchten erhellt, rätselhaft und voller blauer Schatten, und Jamie schien ein handfester Fixpunkt in dem flüchtigen Licht zu sein.
    »Anders«, wiederholte ich. »Für sie, meine ich.« Ich holte Atem und roch die süße Morgenluft, die nach nassem Gras und nach Wicken roch.
    »Ich bin am Ende eines Krieges zur Welt gekommen – man hat ihn den Großen Krieg genannt, weil die Welt so etwas noch nicht erlebt hatte. Ich habe dir davon erzählt.« Ein leise fragender Unterton lag in meiner Stimme, und er nickte, ohne den Blick von mir abzuwenden, und hörte mir weiter zu.
    »In dem Jahr nach meiner Geburt«, sagte ich, »gab es eine große Influenzaepidemie. Auf der ganzen Welt. Die Leute sind zu Hunderten und Tausenden gestorben; ganze Dörfer sind innerhalb einer Woche verschwunden. Und dann kam der andere, mein Krieg.«
    Ich sagte diese Worte unbewusst, doch als ich sie hörte, spürte ich, wie mein Mundwinkel ironisch zuckte. Jamie sah es, und auch auf seinen Lippen erschien ein schwaches Lächeln. Er wusste, was ich meinte – diesen merkwürdigen Stolz, einen schrecklichen Konflikt überlebt zu haben, der ein merkwürdiges Besitzgefühl nach sich zieht. Sein Handgelenk drehte sich, und er schlang seine Finger fest um die meinen.
    »Und sie hat nie eine Epidemie oder einen Krieg erlebt«, sagte er, denn langsam begriff er. »Nie?« Etwas Seltsames lag in seiner Stimme. Es war kaum vorstellbar für einen Mann, der zum Krieger geboren war, zum Kampf erzogen worden war, sobald er ein Schwert heben konnte; geboren mit dem Gedanken, dass er sich und seine Familie mit Gewalt verteidigen musste – und würde. Eine unglaubliche Vorstellung – aber eine wunderbare.
    »Nur in Filmen. Im Fernsehen.« Das würde er nie verstehen, und ich konnte es ihm nicht erklären. Die Art, wie sich solche Filme auf den Krieg selbst konzentrierten, die Bomben, Flugzeuge und U-Boote, den aufregenden Rausch absichtlichen Blutvergießens, das Edle im vorsätzlichen Tod.
    Er wusste, wie Schlachtfelder wirklich waren

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