Ein Hauch von Schnee und Asche
Christie. Ich höre, ihm geht es immer noch sehr schlecht.«
»Wirklich? Davon hat Malva gar nichts gesagt.« Allerdings hatte Malva sich geweigert, mir überhaupt etwas zu erzählen, als ich sie vorhin gefragt hatte, und darauf beharrt, dass ich mich ausruhen müsse und mir keine Sorgen machen solle.
»Was ist mit Allan?«
»Ihm geht es gut«, versicherte mir Jamie.
»Wie lange ist Tom schon krank?«
»Ich weiß es nicht. Das Mädchen kann es dir sagen.«
Ich nickte – ein Fehler, da das Schwindelgefühl noch nicht ganz verschwunden war, und ich musste die Augen schließen und ließ den Kopf zurücksinken, während leuchtende Muster hinter meinen Augenlidern aufblitzten.
»Das ist ja merkwürdig«, sagte ich ein wenig atemlos, als ich hörte, dass Jamie als Reaktion auf meinen kleinen Kreislaufkollaps aufstand. »Wenn ich die Augen schließe, sehe ich oft Sterne – aber nicht wie die Sterne am Himmel. Sie sehen genauso aus wie die Sterne auf dem Futter meines Puppenköfferchens, das ich als Kind hatte. Was glaubst du, warum das so ist?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Es raschelte, als er sich wieder auf den Hocker setzte. »Du bist doch nicht mehr im Delirium, oder?«, fragte er trocken.
»Ich glaube nicht. War ich denn im Delirium?« Tief und vorsichtig atmend öffnete ich die Augen und schenkte ihm das beste Lächeln, das ich zuwege brachte.
»Ja.«
»Möchte ich wissen, was ich gesagt habe?«
Sein Mundwinkel zuckte.
»Wahrscheinlich nicht, aber vielleicht erzähle ich es dir trotzdem irgendwann.«
Ich dachte daran, die Augen zu schließen und mich dem Schlaf zu überlassen, anstatt weiteren Peinlichkeiten ins Auge zu sehen, rappelte mich aber wieder auf. Wenn ich weiterleben würde – und das würde ich -, musste ich die Fäden meines Lebens, die mich auf der Erde hielten, wieder aufnehmen und wieder verknoten.
»Briannas Familie und Marsalis – geht es ihnen gut?« Ich fragte nur der Form halber; sowohl Brianna als auch Marsali hatten ängstlich über meiner hingestreckten Gestalt gewacht, und es war zwar so, dass keine von beiden bereit war, mir etwas zu erzählen, wovon sie glaubten, dass es mich in meinem geschwächten Zustand aufregen könnte. Doch ich war mir hinlänglich sicher, dass sie es nicht vor mir hätten verbergen können, wenn die Kinder ernsthaft krank gewesen wären.
»Aye«, sagte er langsam. »Aye, es geht ihnen gut.«
»Was?«, sagte ich, weil ich das Zögern in seiner Stimme hörte.
»Es geht ihnen gut«, wiederholte er rasch. »Von ihnen ist gar keiner krank geworden.«
Ich warf ihm einen kalten Blick zu, achtete aber darauf, mich dabei nicht zu heftig zu bewegen.
»Du kannst es mir ruhig erzählen«, beharrte ich. »Ich quetsche Mrs. Bug aus, wenn du es nicht tust.«
Als hätte die Erwähnung ihres Namens sie heraufbeschworen, hörte ich,
wie sich das laute Poltern von Mrs. Bugs Holzpantinen auf der Treppe näherte. Sie bewegte sich langsamer als sonst und mit einer Vorsicht, die darauf schließen ließ, dass sie mit etwas beladen war.
Genauso war es; sie bahnte sich seitlich den Weg durch die Tür und strahlte, in der einen Hand ein volles Tablett, den anderen Arm um Henri-Christian geschlungen, der sich wie ein Äffchen an sie klammerte.
»Ich habe Euch eine Kleinigkeit zu essen mitgebracht, a leannan «, sagte sie munter und schob die kaum angerührte Porridgeschüssel und den Teller mit kaltem Toast beiseite, um Platz für die frischen Vorräte zu schaffen. »Ihr seid doch nicht ansteckend, oder?«
Ohne mein Kopfschütteln ernsthaft abzuwarten, beugte sie sich über das Bett und legte mir Henri-Christian in die Arme. Unterschiedslos freundlich wie immer, schob er seinen Kopf unter mein Kinn, kuschelte sich an meine Brust und fing an, auf meinen Fingerknöcheln herumzukauen.
»Hallo, was ist denn hier passiert?« Ich runzelte die Stirn, als ich ihm die weichen braunen Babysträhnen aus der runden Stirn strich, an deren Haaransatz sich eine hässliche Prellung gelb zu verfärben begann.
»Die Teufelsbrut hat versucht, das arme Kleine umzubringen«, unterrichtete mich Mrs. Bug und presste die Lippen fest aufeinander. »Und hätte es auch getan, wäre Roger Mac nicht gewesen, dem Himmel sei Dank.«
»Oh? Welche Teufelsbrut denn?«, fragte ich, da mir Mrs. Bugs Beschreibungen vertraut waren.
»Ein paar von den Fischerkindern«, sagte Jamie. Er streckte seinen Finger aus und berührte Henri-Christian an der Nase, zog ihn fort, als das Baby danach
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