Ein Hauch von Schnee und Asche
wusste gar nicht, dass Roger Mac ein solches Talent hat, Tod und Verdammnis zu predigen. Der Junge hat eine gewaltige Stimme, selbst wenn sie rau ist. Er würde begeisterte Zuhörer finden, wenn er das beim Gathering tun würde, aye?«
»Nun, das erklärt auch, was mit seiner Stimme passiert ist«, sagte ich. »Ich hatte mich schon gewundert. Aber glaubst du wirklich, dass es nur ein Streich war? Dass sie das Baby in den Bach gesetzt haben?«
»Oh, es war gewiss ein Streich«, sagte er und legte seine große Hand sanft um Henri-Christians Kopf. »Allerdings war es mehr als nur ein dummer Jungenstreich.«
Jamie hatte einen der flüchtenden Jungen erwischt, als sie an ihm vorbeistürzten, ihn am Kragen gepackt und ihn buchstäblich so erschreckt, dass er sich in die Hosen machte. Er war zielstrebig mit dem Jungen in den Wald gegangen, hatte ihn fest an einen Baum gedrückt und zu erfahren verlangt, was es mit diesem Mordversuch auf sich hatte.
Zitternd und stotternd hatte der Junge diesen zu entschuldigen versucht und gesagt, dass sie dem Baby wirklich nichts Böses wollten! Sie wollten ihn nur schwimmen sehen – weil ihre Eltern sagten, er sei Dämonenbrut, und jeder wusste, dass die Söhne Satans oben auf dem Wasser trieben, weil das Wasser ihre Verruchtheit von sich stieß. Sie hatten das Baby mitsamt dem Körbchen mitgenommen, weil sie Angst hatten, die Berührung seiner Haut würde sie verbrennen.
»Ich habe ihm gesagt, ich würde ihn persönlich verbrennen«, sagte Jamie mit einem gewissen Grimm, »und das habe ich auch getan.« Dann hatte er den schmerzerfüllten Jungen fortgeschickt und ihm aufgetragen, seine Mitstreiter zu unterrichten, dass sie vor dem Abendessen in Jamies Studierzimmer erwartet wurden, um ihren Anteil der Strafe in Empfang zu nehmen – sonst würde Ehrwürden nach dem Abendessen ihre Häuser aufsuchen und sie vor den Augen ihrer Eltern verdreschen.
»Haben sie gehorcht?«, fragte ich fasziniert.
Er warf mir einen überraschten Blick zu.
»Natürlich. Sie haben ihre Arznei geschluckt, und dann sind wir in die Küche gegangen und haben Honigbrote gegessen. Ich hatte Marsali gesagt, sie sollte mit dem Kleinen ebenfalls kommen, und nach dem Essen habe ich
ihn mir auf das Knie gesetzt und ihnen gesagt, sie sollten näherkommen und ihn anfassen, nur um es zu sehen.«
Er lächelte schief.
»Einer der Jungen hat mich gefragt, ob es stimmte, was Mr. Roger gesagt hat, dass der Kleine dem Herrn gehört? Ich habe ihm gesagt, dass ich Mr. Roger da gewiss nicht widersprechen würde – doch ganz gleich, zu wem er sonst noch gehöre, dass Henri-Christian auch zu mir gehört und sie das besser nicht vergessen sollten.«
Er fuhr langsam mit dem Finger über Henri-Christians runde, glatte Wange. Das Baby war jetzt fast eingeschlafen; seine schweren Augenlider schlossen sich, und es hatte seinen winzigen, glitzernden Daumen halb in den Mund geschoben.
»Schade, dass mir das entgangen ist«, sagte ich leise, um das Baby nicht zu wecken. Wie die meisten schlafenden Babys war es viel wärmer geworden und lag mir bleiern im Arm. Jamie merkte, dass es mir schwer fiel, den Jungen festzuhalten, und er nahm ihn mir ab und reichte ihn Mrs. Bug zurück, die lautlos damit beschäftigt gewesen war, das Zimmer aufzuräumen, und dabei Jamies Erzählung beifällig gelauscht hatte.
»Oh, das war wirklich ein herrlicher Anblick«, versicherte sie mir flüsternd und tätschelte Henri-Christian den Rücken, während sie ihn übernahm. »Wie die Jungen die Finger ausgestreckt haben, um den Bauch des Kleinen zu berühren, ganz vorsichtig, als würden sie eine heiße Kartoffel anfassen, und er hat gestrampelt und gekichert wie ein verrückter Wurm. Die durchtriebenen kleinen Schufte hatten Augen so groß wie Sixpence-Stücke!«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich belustigt.
»Andererseits«, bemerkte ich sotto voce zu Jamie, als sie mit dem Baby wieder ging, »wenn ihre Eltern glauben, dass er Dämonenbrut ist und du sein Großvater bist…«
»Tja, du bist seine Großmutter, Sassenach«, vollendete Jamie trocken. »Es könnte genauso gut an dir liegen. Doch aye, mir wäre es auch lieber, wenn sie nicht zu intensiv darüber nachdenken würden.«
»Nein«, pflichtete ich ihm bei. »Obwohl – glaubst du, jemand von ihnen weiß, dass Marsali nicht deine leibliche Tochter ist? Von Fergus müssen sie es ja wissen.«
»Es würde keine große Rolle spielen«, sagte er. »Sie glauben, dass unser Henri ein
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